«Eigentlich überlege ich mir jeden Tag seit 23 Jahren, die Werbebranche zu verlassen»

Alexander Schill, Chief Creative Officer bei der Serviceplan-Gruppe, beantwortet unsere «13 Fragen».

Alexander_Schill_Michael_Seidler-t

1. Das beste Buch, das Sie in letzter Zeit gelesen haben?

«Just Kids» – Patty Smith und Robert Mapplethorpe

2. Wären Sie nicht Werber geworden – was dann?

Arzt. Der Mensch an sich ist der grösste Zauber dieser Welt. Aber mit Menschen habe ich ja in der Werbung zum Glück auch reichlich zu tun.

3. Stimmt für Sie die kolportierte Meinung, dass man in Agenturen nicht alt werden kann, oder ist das ein Vorurteil?

Natürlich kann man in der Werbung alt werden. So lange man jung im Kopf bleibt.

4. Worauf können Sie unmöglich verzichten?

Auf meine Familie und meine Motorräder.

5. Schon mal überlegt, die Werbebranche zu verlassen?

Ja. Eigentlich jeden Tag seit 23 Jahren. Ich denke, ich komme trotzdem an jedem nächsten Morgen wieder in die Agentur, weil ich mir eben diese Freiheit lasse, zu gehen, wenn ich keine Lust mehr habe. Aber ob dieser Moment jemals kommen wird, wer weiss das schon. So lange mache ich einfach mal weiter.

6. Können Sie uns ein kleines Geheimnis verraten?

Nein. Ohne Geheimnisse gäbe es keine Neugier. Und Neugier ist der Anfang von allem. Ich liebe Geheimnisse.

7. Was hat Sie inspiriert, in die Werbebranche einzusteigen?

Ich bin 1990 zum Studieren an die Hochschule der Künste nach Berlin gegangen. Aber ehrlich gesagt, nur, weil ich die spannende Zeit der Wiedervereinigung in Berlin erleben wollte. Von dort wurde ich dann direkt von Springer & Jacoby in Hamburg angeheuert. Hat sich irgendwie so ergeben. Gewollt habe ich das mit der Werbung eigentlich nie. Bin da so reingerutscht. Wie gesagt, eigentlich wollte ich Arzt werden.

9. Nennen Sie uns eine Kampagne, die Ihnen in letzter Zeit positiv aufgefallen ist – aber nicht von Ihnen stammt.

«Like a Girl» von Always finde ich nach wie vor grosse Klasse. Ein gesellschaftlich relevantes Thema zu besetzen und eine Bewusstseinsveränderung zu erzeugen, ist das, was wir alle heutzutage mit Werbung versuchen. Wenn man das dann auch noch unmissverständlich mit seiner Marke verknüpfen kann und so mehr Produkte verkauft, ist das schon eine tolle Sache. Alles richtig gemacht.

9. Welche Eigenschaft macht Sie zu einem guten Werber?

Dass ich eigentlich nie Werber werden wollte.

10. Wieso entsprechen Sie nicht den gängigen Klischees eines Werbers?

Weil ich tief in mir drin wahrscheinlich doch ein Arzt bin.

11. Wie wissen Sie bei einer Idee, dass sie gut ist?

Wenn ich nicht darüber nachdenken muss, warum sie gut ist. Es ist wie ein warmer Schauer der Glückseligkeit. Ein perfekter Moment. Wie ein gutes Glas Rotwein..

12. Welche Werbekampagne aus Ihrer Kindheit hat einen bleibenden Eindruck auf Sie hinterlassen?

Afri-Cola. Wegen der sexy Nonnen.

13. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie auf der Strasse oder im Fernsehen eine Kampagne sehen, die aus Ihrer Feder stammt?

«Hätte besser sein können.»

Alexander Schill ist seit 2008 der weltweite Kreativchef (Global Chief Creative Officer) der Serviceplan-Gruppe. Im Jahr 2006 war er Gründungsmitglied des Hauses der Kommunikation Hamburg, dem damals ersten Standort der Serviceplan-Gruppe ausserhalb Münchens. Innerhalb weniger Jahre führte er die Agenturgruppe an die vordersten Plätze nationaler und internationaler Kreativrankings. In den vergangenen Jahren hat er über 50 Cannes-«Löwen» gewonnen, inklusive zwei Grands Prix in den Jahren 2012 und 2013.

Die «13 Fragen» erscheinen sowohl Online wie auch in der Printausgabe der Werbewoche. Interview: Nora Dämpfle.

Weitere Artikel zum Thema