Was bedeutet eigentlich… «Game-Plan»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal teilt er seine Gedanken zum Begriff «Game-Plan».

Pünktlich zur verschobenen Fussball-EM werden Begriffe aus der Sport-Lingo auch in unserer Branche strapaziert. Im Moment: der Game-Plan. Der profane Plan scheint in Zeiten höchster Kompetitivität wohl nicht mehr auszureichen. Wer in Projektmeetings wichtigtun will, fragt «Händer en Game-Plan?» oder «Was isch dä Game-Plan?». Das sind plötzlich nicht nur in Kabinen von Sportvereinen wiederholte Fragen, sondern immer häufiger auch in Meetingrooms und Videocalls. Warum eigentlich?

Kommunikation und Marketing wird zum Spitzensport

Erstens ist so ein normaler Projektplan eben schon ein bisschen «old school». Geht er doch davon aus, dass das Projekt klar und planbar ist und in der Regel nicht nur lange dauert, sondern oft auch in die Verlängerung geht, ohne dass ihn jemand ausbuht. Solche Projekte haben ausgedient. Heute spielen so viele Faktoren und Stakeholder mit in eine Projektplanung, dass vieles Ad-Hoc oder zufällig entsteht – leider auch solches, das eigentlich planbar wäre.

Zweitens ist es heute angesagt, laufend neue Projekte zu starten, auch wenn es die wenigsten davon je schaffen, aus der eigenen Gefahrenzone herauszukommen, um im Fussballjargon zu bleiben. Ein Grund dafür ist, dass das neue Führungsverständnis in vielen Unternehmen vorsieht, Mitarbeitende nicht nur zum Einbringen von Ideen zu motivieren, sondern sie schon fast dazu zu zwingen, wenn diese bei der nächsten Beförderungsrunde – ja, diese gibt es noch trotz Holacracy und anderen modernen Organisationsformen – berücksichtigt werden wollen. Und so grassiert eine Projektitis, bei der die Fachkräfte wirken wie F-Junioren beim Rudelfussball: planlos herumrennend immer dahin, wo der Ball ist oder zu sein scheint.

Deshalb wohl – und weil es zugegebenermassen auch cooler tönt – wird in Teams alles zum Game. Gewinnen oder verlieren ist das Motto. #TeamLuca vs. #TeamMirjam vs. #TeamRobert: Sie alle kommen meist nicht über die Formulierung des Game-Plans hinaus, statt einfach hinauszugehen und zu spielen, wie Franz Beckenbauer einst meinte. Kreativ und aufs Ziel fokussiert, sobald dieses erkennbar ist, auf dem offenen Feld der Möglichkeiten Lösungen finden, die einem selbst, das Team und die Firma weiterbringen. Am Ende heisst es drum dann von der Geschäftsleitung oder den internen Auftraggebern «Gut gespielt und trotzdem verloren» und «Es bleiben mehr Verlierer als Sieger» – aber das ist ja an einer Fussball-EM auch nicht anders.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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