Was bedeutet eigentlich… «Creator»?

Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er den Begriff «Creator».

Ein Wort so alt wie die Menschheit. Fangen wir deshalb doch auch bei Adam und Eva an. Die wortwörtliche Übersetzung des Begriffs Creator heisst Schöpfer oder eben Schöpferin. Kreaturen, die etwas Bedeutendes geschaffen, hervorgebracht oder gestaltet haben. War das nicht dieser Gott? Ja. Glaubt man zumindest in gewissen Kreisen. Diese Kreise versammelten sich früher zu Massen in Kirchen. Das sind jene grossen Häuser mit Turm, Turmuhr und Glocken, die in jedem Dorf stehen. Dort wurde im grossen Stil Storytelling betrieben. Stories wie jene von Adam und Eva eben, dem ersten Menschenpaar und somit gemäss Überlieferung die Stammeltern aller Menschen. Gott, der Schöpfer, habe erst den Adam geschaffen und dann aus dessen Rippe sein Gegenüber, die Eva. So die Überlieferung.

Die meisten, die diese Adam-und-Eva-Geschichte glauben, können sie mit der Naturwissenschaft und der Evolutionstheorie vereinbaren. Trotz gewissen Unschärfen. Nicht so die sogenannten Kreationisten: Sie legen die Bibel wörtlich aus und halten die Evolutionstheorie daher für Gotteslästerung. Kreationisten zweifeln deshalb unter anderem auch das Alter von Dinosaurierfossilien an. Und wiederum andere glauben, dass Charles Darwin 1859 alles Wesentliche zum Thema Evolution zusammengetragen habe, was heute relevant ist. Und dann gibt’s noch die, die gar nichts glauben, weil für sie das alles «fake» ist.

Nicht alles, was kreiert wird, ist auch relevant

Zurück zum «Creator», oder auch «Influencer» genannt. Sie sind zum Glück keine Kreationisten. Auch wenn sie sich manchmal wie solche benehmen. «Meine Follower» oder «meine Community» klingt eben schon recht religiös. Creators sind jene Menschen, die auf den Sozialen Medien Inhalte kreieren, die dann von möglichst vielen anderen Menschen angeschaut werden sollen. Die meisten gehören zur GenZ. Kein Wunder ist als Berufswunsch Creator bei den U30ern grad schaurig en vogue. Alle wollen Creators werden. Am liebsten so nebenbei. Neben Job, Studium, Schule und so. Denn: Content ist King. Und wenn dem so ist, dann sind weibliche Content Creators demzufolge Queens. In der Tat sind viele der erfolgreichen Creators weiblich und schaffen auch schon mal so locker drei Millionen Likes auf Insta und posaunen das gern in ihren Podcasts, auf ihren YouTube-Channels oder in den Kommentaren in die Welt. Ganz zum Ärger der alten Könige in den verstaubten Redaktionsstuben.

Dass Content King sei, schallte schon in den Nullerjahren wie ein Kanon durch die Gänge und Kantinen der Medienhäuser und trotzdem wurden gleichzeitig immer mehr Stellen im rhythmischen Quartals-Takt abgebaut. Erst wurden die gestandenen Edelfedern – meist alt und männlich – durch Kindersoldaten ersetzt. Ja, so lautete nämlich die überhebliche und despektierliche Bezeichnung der Print-Redaktoren – eher selten Redaktorinnen –, wenn sie über ihre jüngeren, digitalen Gspänli redeten. Jene Online-Journalistinnen und -Journalisten also, die Recherchen und Texte so anpackten, dass sie cool, läss oder cringe waren und nicht fundiert, gegengelesen und bulletproofed. Sie generierten Clicks und Likes – und das war die stärkere Währung als Leserzahlen. Clickbaiting wurde diese Tätigkeit auch genannt. Heute eher SEO-Optimierung. Oder eben Content Creation, gemacht von Content Creators.

Kein Wunder also, staunen die letzten Dinosaurier in den Redaktionsstuben über den Erfolg dieser jungen, meist weiblichen Creators und kommentieren deren Handeln bissig in ihren noch verbleibenden Spalten. Vielleicht würden Redaktions-Dinosaurier wie Creators gut daran tun, sich etwas weniger wichtig zu nehmen und sich zuzugestehen, dass sie beide einfach etwas geschaffen, hervorgebracht oder gestaltet haben. Ob dies bedeutend ist oder nicht, können dann später einmal die Generationen Gamma, Delta beurteilen.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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