«Die Schweizer Werbebranche ist ein klarer Overperformer gemessen an der Grösse»

Axel Eckstein, Executive Creative Director bei 
Leo Burnett Schweiz, stellt sich unseren «13 Fragen».

axel_eckstein_portraet

1. Wie sieht Ihr privates TV-Konsumverhalten aus?

Ich habe ein teures TV-Abo, schaue aber so gut wie nie «linear» fern. Ich suche gezielt nach Filmen auf YouTube, Zattoo oder in Mediatheken. Die aktuell besten und schlechtesten Werbespots werden mir von Freunden und Kollegen unverlangt zugesandt.

2. Sagen Sie anderen Leuten, wie viel Sie verdienen?

Ich werde nie danach gefragt. Ausser am Schluss des dritten Kennenlerndinners vor Antritt einer neuen Stelle.

3. Nennen Sie uns eine Kampagne, die Ihnen in letzter Zeit positiv aufgefallen ist, aber nicht von Ihnen stammt.

Ich mag die unaufgeregte Tonalität der Kampagne für Galaxus. Und den ganz anderen, sehr grafischen Auftritt für die Schwester Digitec.

4. Und welche hat Sie in letzter Zeit genervt?

«Wir sind die Aldi-Kinder.» Aber genervt ist das falsche Wort. Da war eher Kopfschütteln. Es ist unklug von Aldi, diese in der Schweiz besetzte Formulierung für sich beanspruchen zu wollen. Zumal sie dafür ohnehin nicht lange genug im Markt sind. Obendrein steht das Keyvisual für etwas ganz anderes, nämlich Eroberung. Es gibt definitiv mehr als eine alternative Plattform, die wesentlich stimmiger gewesen wäre.

5. Erhält die Werbebranche für ihre Arbeit genug Wertschätzung?

Nein. Aber das denken Förster auch.

6. Wo steht die Schweizer Werbebranche im internationalen Vergleich?

Sie ist vorne mit dabei. Klarer Overperformer gemessen an der Grösse. Sorry, Dänemark! Sorry, Österreich!

7. Was unterscheidet die Werbebranche von anderen Branchen?

Das Dreiecksverhältnis zwischen Konsument, Kunde und Agentur. Werber sind Agenten, die gewissermassen durch ihre Klienten hindurch zum Konsumenten schauen müssen. Damit ähneln sie Ärzten, die durch den Patienten hindurch auf seine Gesundheit schauen. Anfangs tut es ein bisschen weh, aber dann macht es gesund.

8. Was tut Ihnen leid?

Dass ich Bewerbern auf eine Lehrstelle oft absagen muss, weil wir schon voll sind.

9. Stimmt für Sie die kolportierte Meinung, dass man in Agenturen nicht alt werden kann, oder ist das ein Vorurteil?

Klar, dass junge Kreative in der Regel günstiger sind als ältere und deshalb auch gerne eingestellt werden. Andererseits fehlen echte Talente. 2017 stellt hier einen Wendepunkt dar; es kommen erstmals mehr Menschen ins Rentenalter als auf den Arbeitsmarkt. Alte Hasen bleiben gefragt. Die Jugend hat ihre Vorteile, das Alter aber auch. Man ist schneller gelangweilt, da man vom Prinzip her schon alles gesehen hat. Das beschleunigt Entscheide und beflügelt die Suche nach «Untold Stories».

10. Was ist für Sie die momentan grösste Herausforderung für die Werbung?

Die Haltung «alles bekommen – nichts bezahlen».

11. Was wird aktuell überschätzt?

Die rein technische Beherrschung komplexer Medienbespielungen. Verdient Respekt, aber nicht mehr als die noch seltenere Fähigkeit, Komplexität auf die richtigen, einfachen Botschaften zu reduzieren.

12. Welche Rolle spielen Awards in der Werbebranche?

Teure Sortierhilfe für den kreativen Arbeitsmarkt. Aber gleichzeitig bis dato wirtschaftlichste Methode, das Qualitätsbewusstsein einer Agentur gesamtheitlich auf hohem Level zu halten.

13. Wie wissen Sie bei einer Idee, dass sie gut ist?

Sie widersteht jedem Verbesserungsversuch.

Axel Eckstein: Grafik-Design-Studium. Danach AD bei BBDO Düsseldorf und Jung von Matt Frankfurt. Seit 2002 in der Schweiz. Erst als AD bei Jung von Matt Zürich, dann als ECD bei Havas und Leo Burnett Schweiz. Mitglied des ADC Schweiz und Deutschland sowie der Account Planning Group. 333 Kreativpreise.

Die «13 Fragen» erscheinen sowohl Online wie auch in der Printausgabe der Werbewoche. Umsetzung: Thomas Häusermann

Weitere Artikel zum Thema