Werbeausgaben für Bewegtbild-Entertainment-Dienste trotz Pandemie stabil

Der Report «Business Intelligence – Video Entertainment» von Zenith prognostiziert, dass die Werbeausgaben für Bewegtbild-Entertainment in zehn Schlüsselmärkten in diesem Jahr um nur 0,2 Prozent sinken werden. Damit übertrifft die Branche den gesamten Werbemarkt bei weitem. Dieser wird in eben diesen Märkten um insgesamt 8,7 Prozent schrumpfen. In der Schweiz sieht die Lage prekärer aus.

Maria Brinkmann
Maria Brinkmann, Managing Director von Zenith Schweiz.

«In der Schweiz zeigt sich ein etwas anderes Bild», erklärt Maria Brinkmann, Managing Director von Zenith in der Schweiz. «Trotz des Markteintritts von Disney+ rechnen wir für 2020 in dieser Branche mit einem Rückgang von rund 18 Prozent, damit liegt sie sogar etwas unter dem allgemeinen Markttrend. Aber der Wettbewerb ist auch hierzulande intakt, daher wird es bis 2022 zu einer vollständigen Erholung dieses Marktes kommen», erläutert Brinkmann.

Die weltweit dennoch bemerkenswerte Entwicklung der Werbeausgaben dieser Branche trotz globaler Pandemie und anschliessender Rezession ist das Ergebnis einer gestiegenen Nachfrage seitens der Konsumenten, einer wachsenden Zahl an Anbietern und eines intensiven Wettbewerbs zwischen diesen Anbietern.

 

Verstärkter Konsum von Bewegtbild-Inhalten

Da die Menschen in diesem Jahr viel mehr Zeit als sonst zu Hause verbrachten, wandten sie sich verstärkt Bewegtbild-Inhalten zu, um sich zu informieren und zu unterhalten. So wurden in der Schweiz während des Lockdowns im Frühjahr in allen Altersgruppen teilweise deutlich höhere TV-Ratings gemessen. Gleichzeitig haben die Streamingdienste riesige Summen in neue Inhalte investiert, um neue Nutzer zu gewinnen. Das zwingt auch die traditionellen Fernsehsender dazu, ihr Angebot zu erweitern.

Das Werbevolumen der Streamingdienste hat global die Werbung für traditionelle Fernsehsender bei weitem übertroffen. In den USA haben die Online-Video-Dienste ihre Werbebudgets 2019 um 142 Prozent erhöht, während die Fernsehmarken ihre Ausgaben nur um 15 Prozent gesteigert haben. In Grossbritannien stiegen die Werbeausgaben von Streamingdiensten um 79 Prozent, während die Werbeausgaben des traditionellen Fernsehens um 34 Prozent zunahmen. In beiden Märkten erhöhten die Fernsehsender und Pay-TV-Plattformen als Reaktion auf ihre neue Konkurrenz vorübergehend ihre Werbeinvestitionen, aber diese Strategie wird sich angesichts rückläufiger Einnahmen der TV-Sender nicht durchzuhalten sein. In der Zwischenzeit haben die Streaming-Plattformen ihre Budgets sogar noch weiter erhöht, da sie versuchen, die derzeit historisch günstige Chance für den Aufbau eines loyalen Kundenstamms zu nutzen.

«Die Konsumenten sehen sich heute mit einem riesigen und verwirrenden Bewegtbild-Angebot, und alle Anbieter buhlen um Aufmerksamkeit», erläutert Christian Lee, Global Managing Director bei Zenith. «Bewegtbild-Anbieter müssen diese Komplexität auflösen und den Konsumenten genau die Unterhaltung bieten, welche den persönlichen Vorlieben entspricht, und zwar mit einem Minimum an Aufwand für den Nutzer. Anbieter, die hier überzeugende Erlebnisse bieten und mehr sind als nur Cloud-Speicher für Filme und Serien, werden langfristig am ehesten wachsen können», so Lee weiter.

«In der Schweiz wird es spannend sein, zu beobachten, wie viele Anbieter in diesem kleinen, aber attraktiven Markt Platz haben werden», fügt Maria Brinkmann hinzu. «Das Angebot ist riesig und die Kaufkraft der Konsumenten hoch, aber auf lange Sicht rechnen wir vor allem bei den Streaminganbietern mit einer Marktbereinigung. Vor allem lokale Anbieter werden es tendenziell schwer haben.»

 

Lockdown hat digitale Werbekanäle noch wichtiger gemacht 

Bewegtbild-Entertainment-Anbieter geben in der Vergangenheit mehr für digitale Werbung, Out-of-Home und Kino aus, als der Marktdurchschnitt. Leere Städte und geschlossene Kinos zwangen die Branche bezüglich dieses Mediamixes aber zum Umdenken. Dies bedeutet: noch mehr digitale Werbeinvestitionen, die den Prognosen von Zenith zufolge von 53 Prozent im Jahr 2019 auf 57 Prozent im Jahr 2020 ansteigen werden.

 

Werbung für Bewegtbild-Entertainment wird weiter steigen

Während die Branche den Markt im Jahr 2020 voraussichtlich deutlich übertreffen wird, prognostiziert Zenith für die nächsten zwei Jahre eine unterdurchschnittliche Entwicklung, mit keinem Wachstum im Jahr 2021 und einem Wachstum von 1,3 Prozent im Jahr 2022. Die Streaming-Plattformen werden nach den hohen Ausgaben im Jahr 2020 weniger Möglichkeiten haben, ihre Budgets zu erhöhen, und die traditionellen Fernsehsender haben aufgrund sinkender Einnahmen aus Fernsehwerbung und Pay-TV-Abonnements auch wenig Spielraum.

Dennoch erwartet Zenith, dass die Werbeausgaben für Bewegtbild-Entertainment im Jahr 2022 um 1,2 Prozent höher sein werden als im Jahr 2019, während die Gesamte Werbeindustrie global immer noch 0,6 Prozent unter ihrem Höchstwert von 2019 liegen wird.

 

Stärkster Wachstum in Spanien und Indien 

Hinter dem Werbewachstum der Bewegtbild-Entertainmentbranche verbergen sich erhebliche Unterschiede zwischen den zehn untersuchten Märkten. Für das Jahr 2022 prognostiziert Zenith für Spanien ein 27-Prozent-Wachstum zwischen 2019 und 2022, und für Indien ein Plus von 19 Prozent. In den USA und in Australien rechnet Zenith hingegen im gleichen Zeitraum mit einem Rückgang der Werbeinvestitionen von 5 beziehungsweise 7 Prozent.

Sowohl Spanien als auch Indien verzeichnen eine schnell wachsende Nachfrage im
Video-on-Demand-Bereich, in Indien insbesondere auf Smartphones. Auch der indische Fernsehwerbemarkt erfreut sich – anders als in den meisten westlichen Ländern – langfristig eines raschen Wachstums und dürfte sich 2021 schnell wieder erholen.

In den USA wird das Werbeaufkommen für Bewegtbild-Entertainment nach 2020 voraussichtlich weiter zurückgehen, da steigende Online-Einnahmen den anhaltenden Rückgang der TV-Werbung und der Pay-TV-Abonnements nicht ausgleichen können, wodurch die verfügbaren Werbebudgets sinken.

«Die Konsumenten profitieren derzeit von einem grossen Angebot an Bewegtbild-Anbietern, die um ihre Loyalität buhlen», kommentiert Jonathan Barnard, Head of Forecasting bei Zenith. «Dieser Wettbewerb verschafft den Werbeinvestitionen dieser Branche in diesem Jahr einen grossen Auftrieb. Aber dieses Investitionsniveau wird sich langfristig nur schwer durchhalten lassen, deshalb prognostizieren wir für 2021 und 2022 nur ein sehr geringes Wachstum».

Die in der Zenith-Studie erfassten Märkte sind Australien, Kanada, Deutschland, Indien, Italien, Russland, Spanien, die Schweiz, Grossbritannien und die USA, auf die zusammen 57 Prozent aller weltweiten Werbeinvestitionen entfallen.

Bewegtbild-Entertainment bezieht sich auf langformatige Videoinhalte, die entweder über das herkömmliche Fernsehen oder online angeboten werden, einschliesslich Free-TV, Pay-TV und Online-Video-on-Demand-Plattformen.

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