Aufgefallen

Wissen Sie, was eine Arschbombe ist? Laut der deutschen Werbeagentur ForSale eine alles andere als lukrative Freizeitbeschäftigung.

Wissen Sie, was eine Arschbombe ist? Laut der deutschen Werbeagentur ForSale eine alles andere als lukrative Freizeitbeschäftigung.Trotzdem scheuen sich die «zu verkaufenden» Kreativen nicht davor, die Vorstufe einer solchen Arschbombe als Eyecatcher in ihrer Anzeige für die Euro in der SonntagsZeitung zu verwenden. Abgesehen davon, dass die ganze Aufmerksamkeit dem Spalt zwischen den nackten Pobacken gilt, keine sonderliche Werbeleistung. Höchstens in eigener Sache, da sich die Copy «So macht man Geld» wahrscheinlich auf die Agenturrechnung bezieht.Ganz auf seine Prada-Schuhe fixiert (sind auch relativ teuer) ist der deutsche Sonnyboy Andreas Elsholz. In der Görtz-Anzeige lässt er sämtliche Hüllen fallen, ausser eben seine Schuhe. Ähnlich scheint es dem in die Jahre gekommenen Aborigines zu ergehen. Er präsentiert stolz seinen weissen Bart, seine ledrige Haut und seinen langen Leguan. Oder ist es ein Waran? Spielt auch keine Rolle, denn bezahlt wird diese Kreation vom Turnschuhproduzenten Reebok.
Also, ist jetzt klar, was diese drei Anzeigen gemeinsam haben? Sie lösen ein befremdendes Gefühl aus. Denn der nackte Mann als Werbelockvogel – wirkt noch blöder als die nackte Frau. Einerseits, weil deplaziert eingesetzte Nacktheit knallhart entlarvend ist, und andererseits, weil wir uns nicht gewohnt sind, Männer im Adamskostüm zu sehen. Für die Werbung war zumindest in den letzten 100 Jahren ziemlich klar, wer für diesen Job zuständig ist. Ich versuchs bis heute noch zu verstehen. Chandra Kurt
Kolumne

D Anna isch mis Schätzeli
Von Martin Lanz
Wie fühlt man sich auf dieser Jammerbeule, wenn man fürs Paradies geschaffen ist? Anna ist ein Paradiesvogel. Anna fragte als Kind: «Was ist der Sinn des Lebens?» «Vielleicht den Sinn, den du ihm gibst», sagte ich. «Unmöglich», sagte Anna, «kein Lebewesen lebt, um seinem Leben einen Sinn zu geben.» «Vielleicht besteht der Sinn des Lebens darin, glücklich zu sein.» «Ist ein Wurm glücklich?» Fragt Anna. «Ist ein verhungerndes Kind glücklich?» Fragt Anna. Fragt Anna. Fragt Anna.
Anna war eine hervorragende Schülerin. IQ über 130. Bis sie anfing zu suchen. Und nicht zu finden. Jetzt will Anna die Matur nachholen. Sie hat ja einen Batzen verdient. Den will sie nicht anlegen. Banken sind Schweine. Da macht Anna nicht mit. Vielleicht bei der Alternativen Bank. Vielleicht. Ich sage: «Anna, ohne Bank hätte es Grendene & Lanz nie gegeben. Wärst du nicht in Haus mit Garten aufgewachsen. Würde die Wirtschaft nicht funktionieren.» «Da mache ich nicht mit.» Sagt Anna. Und ich sage: «Wenns heiss ist, verdienen die Ventilatorenverkäufer. Wenns kalt ist, verdienen die Ofenverkäufer. Wenns Streit gibt, verdienen die Juristen. Wenns Krieg gibt, verdienen die Waffenproduzenten. Wenn du krank bist, verdient der Arzt.» Anna ist stumm. «Die Welt funktioniert so», sage ich. «Und du?» Fragt Anna. Mir wird schlecht. «Ich mache Werbung, ich kurble die Wirtschaft an. Ohne Werbung funktioniert nichts.» Ich habe verloren. Was wird sie studieren? Anna ist ein Paradiesvogel. Vor 20 Jahren hat Anna gesagt: «Dr Vati isch mis Schätzeli.» Jetzt gehöre ich zu den andern. Anna. Annaaaa! Ja, wir studieren zu wenig. Werbung allein kanns nicht sein! Anna fragt. Hinterfragt. Vorfragt. Nebenfragt. Unterüberfragt. Das hat einen Namen: Kreativität. Kreativität ist der Schatz der Menschheit. Und Kreativität fängt immer mit Fragen an. Elend ist, wer Elend fraglos hinnimmt. Sind noch Fragen? Keine Frage: D Anna isch mis Schätzeli.
Sprachbeobachter

Pause – Tribünengespräche über Geld und die Welt Beim Fussball wird offensichtlich, was in unserer Gesellschaft ohnehin gilt: Jeder Mensch hat seinen Preis. Dirk Schümer («Gott ist rund», Berlin Verlag)
Der Basler spielt wie eine Parkuhr. Er steht rum und die Bayern stopfen Geld rein. Max Merkel (Trainer)
Das Berufsbild eines Fussballstars umfasst die Aufgaben eines Fotomodells, eines Vertreters, eines Sozialarbeiters und eines Showmasters. Der einzelne Sportler hat glaubwürdig die Emotionen anzuheizen und, je nach Lage der Dinge, hemmungslos zu jubeln oder Betrübnis darzustellen. Doch wenn er mehr bezahlt bekäme, würde er dasselbe morgen für den Gegner tun. Und jeder Fan weiss das. Dirk Schümer
Wichtig ist, dass die Vereine zu Weltmarken aufgebaut werden und neue Märkte erschliessen. Ilja Kaenzig (Koordination Gesamtfussball bei Bayer Leverkusen)
Die Verteidiger sind die Buchhalter, die verhindern, dass die Firma ins Minus gerät. Im Mittelfeld entwickeln die Manager die Strategie, und im Sturm sorgen die Marketingleute für Abschlüsse mit hohem Erlebniswert. Das ist marktwirtschaftliche Kompetenzenverteilung, mehr braucht ein modernes Gemeinwesen nicht, weshalb der Vereinspräsident zugleich der ideale Kandidat für das höchste Regierungsamt ist. Fabio Capello (damals Trainer bei AC Milan)
Ein guter Spieler ist ein vorbildlicher Angestellter. Silvio Berlusconi (Kandidat für das höchste Regierungsamt)
Ja, da hab ich gedacht, mein Gott, da rentieren sich mal endlich die 5 Millionen, die ich hier Jahr für Jahr kriege. Michael Büskens (nach einem Tor)
Einen konformeren Zeitgenossen als den Fussballfan gibt es nicht. Überall sonst hat sich der Mensch aus dem Rollenmuster des Ständestaats befreit. Die letzte Gruppe, die ein streng ritualisiertes Verhalten an den Tag legt, sich in farblich festgelegte Trachten hüllt, Wappen und Hymnen pflegt, eigene Codes benützt und typischen Gesängen mit einem schlichten, regional differenzierten Brauchtum verpflichtet ist, sind die Fussballfans. Dirk Schümer
Im neusten Sunday-Times-Ranking der tausend reichsten Engländer finden sich keine Fussballer – aber dreissig Vereinspräsidenten. Ernst Kindhauser (Weltwoche 23/00)
Der Börsenbetrieb in Frankfurt oder an der Wallstreet verhehlt nicht, dass es einzig um die Rendite geht. Im Fussball jedoch wird die Geldgier mit Loyalitäten und Traditionen ummäntelt, denen es nichts anhaben kann, dass sie dauernd gebrochen werden. Fussball ist eine der verlogensten Erscheinungen des Kapitalismus. Dirk Schümer
In der neuen Saison wird in der englischen Premier League der erste Inder spielen. Damit öffnet sich ein Markt von einer Milliarde Menschen. Da hat man eine enorme Geldquelle angezapft. Vom asiatischen Marktpotenzial einen Teil abzubekommen muss das Ziel jedes Klubs sein. Ilja Kaenzig
Beat Gloor, www.textcontrol.ch

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