Beide Seiten fordern SRG-Reform und Definition des Service public

Nach dem deutlichen Abstimmungsergebnis zur No-Billag-Initiative besteht bei Befürwortern und Gegnern grosse Einigkeit darin, dass die SRG reformiert werden muss. Zudem soll die Debatte um den Service public weitergeführt werden. Gefordert ist auch die Politik.

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Die Befürworter des Volksbegehrens sehen in der klaren Ablehnung der Initiative kein Scheitern des Anliegens. Im Gegenteil: Mitinitiant Olivier Kessler sprach gegenüber SDA-Video gar von einem «grossen Erfolg, weil die ‚Zwangsgebühren‘ enttabuisiert werden konnten».

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) deutet den Ja-Anteil von gut 28 Prozent zudem als «eindeutigen Schuss vor den Bug der SRG» und als klaren Auftrag an sie. Die SRG müsse grundlegend reformiert und redimensioniert werden, schrieb der Verband. Zudem erwartet er, dass die SRG aus der Werbeallianz Admeira aussteigt. Diese führe zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den Printmedien.

SRG soll Versprechen einhalten

Auch die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli wertet die Abstimmung positiv, da die Diskussion um die SRG lanciert worden sei, wie sie gegenüber der SDA sagte. Während des Abstimmungskampfs seien sowohl von der SRG als auch von Bundesrat und Parteien medienpolitische Vorstösse und Zugeständnisse gemacht worden – etwa die Senkung der Gebühr, ein «Abspecken bei der SRG» oder das Streichen der Mediensteuer für Unternehmen.

Alle Befürworter fordern, dass diese Zugeständnisse eingehalten werden. «Jetzt sind Taten gefragt», unterstrich die SVP in ihrer Mitteilung. Zudem verlangen die Befürworter, dass die Politik nun definiere, was genau zum Service public gehöre.

«Solidarität hat hohen Stellenwert»

Die Gegner der Initiative deuten das Resultat generell als «klares Bekenntnis zu einer medialen Grundversorgung» (Operation Libero). Der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas sieht darin zudem «ein klares Zeichen, dass die Solidarität in diesem Land einen hohen Stellenwert hat – sei es die sprachliche Solidarität oder auch die Solidarität mit gesellschaftlichen Minderheiten».

Gleich deutet es Lia Rumantscha, der rätoromanische Sprach- und Kulturverein. Das Resultat ermögliche es, ein Projekt weiterzuführen, mit welchem eine Strategie für ein zukünftiges umfassendes Medienangebot in rätoromanischer Sprache entwickelt wird.

Und der Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder ist froh darüber, dass «die Weitsicht und Vernunft der Bevölkerung» obsiegt habe.

«Weiter wie bisher» unerwünscht

Obwohl die Gegner erleichtert sind, wollen auch sie nicht, dass es weitergeht wie bisher. Das Komitee „Nein zu No Billag“ sieht im Nein keine Carte blanche für die SRG. Es sei ihre Aufgabe, auch anderen Medien Platz zu machen. Überheblichkeit sei fehl am Platz, sagte BDP-Nationalrat Bernhard Guhl.

Der Verband Schweizer Medien (VSM) und der Wirtschaftsverband Economiesuisse betonten, dass das klare Resultat nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass Handlungsbedarf bestehe. Eine Debatte über die Angebotsbreite und -tiefe der SRG bleibe notwendig. Der VSM fordert zudem eine trennscharfe Definition des Service public der SRG (Werbewoche.ch berichtete).

Macht der SRG reduzieren

Einen stärkeren Schutz für die Medien verlangt die SP. «Jetzt müssen Lösungen für eine sinnvolle und nachhaltige Finanzierung unserer Medienwelt gefunden werden», liess sich SP-Präsident Christian Levrat zitieren.

Eine klare Trennung der mit öffentlichen Geldern finanzierten Inhalte und dem restlichen Angebot fordern auch die Grünliberalen. Beim Sport und bei der Unterhaltung zum Beispiel müsse die Subsidiarität Priorität haben. Das heisst, die privaten Medienanbieter sollen den Vorrang gegenüber der SRG erhalten.

Die Grünen wiederum wollen, dass bei der SRG nun ein Umbau statt ein Abbau stattfindet. Das Unternehmen solle sich von privaten Anbietern bei der Auswahl ihrer Inhalte unterscheiden und für Unabhängigkeit, Qualität und Innovation einstehen. Handlungsspielraum sehen die Grünen bei der Werbung. Diese solle zugunsten der privaten Medien schrittweise reduziert werden.

Debatte sofort aufnehmen

Die Debatte um die neue Medienrealität müsse unmittelbar im Rahmen der neuen SRG-Konzession und des Mediengesetzes fortgeführt werden, liess sich der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen, zitieren.

Zukunftsweisend war die Abstimmung auch für die Privaten Radio- und Fernsehstationen. Entsprechend erleichtert zeigt sich der Verband Schweizer Privatradios. Der Verband der Schweizer Regionalfernsehen Telesuisse weist zudem darauf hin, dass die Kritik aus der Bevölkerung an der kontinuierlichen Ausbreitung der öffentlich-rechtlichen Sender ernst genommen werden müsse. (SDA)

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