Zur Sache: Fingerspitzengefühl

Zwei Dinge sind mir äusserst zuwider. Einmal der immer grösser werdende Anspruch des Staates, respektive der Politiker, möglichst alle Bereiche der Gesellschaft zu kontrollieren. Und dann der immer weiter um sich greifende Populismus. Aber schön der Reihe nach.

Zwei Dinge sind mir äusserst zuwider. Einmal der immer grösser werdende Anspruch des Staates, respektive der Politiker, möglichst alle Bereiche der Gesellschaft zu kontrollieren. Und dann der immer weiter um sich greifende Populismus. Aber schön der Reihe nach.
Immer weitere Bereiche sollen unter die Kontrolle des Staates gelangen. Werbeverbote für legal erhältliche Genussmittel werden gefordert. Bis heute sind es Zigaretten und Tabak, bald einmal werden es fetthaltige und zuckerhaltige Lebensmittel sein. Beschränkungen in den Aussagen der Automobilhersteller werden in Brüssel gefordert, man kann Wetten abschliessen, bis solches auch in der Schweiz zum Thema wird. Unter dem Deckmantel der Vorsorge lässt sich alles verkaufen. Es braucht nur einen schweren Ski-Unfall eines Prominenten, schon erschallt der Ruf der Politik nach einem Helmobligatorium. Alles, was irgendwie gefährlich sein könnte, versucht man zu verhindern. Der Bürger muss vor sich selbst geschützt werden. Die Vorsorge wird zur Fürsorge. Von der Wiege bis zur Bahre. Nur wenige wehren sich dagegen.
Nun aber hat die Politik ein neues Spielfeld entdeckt. Die Finanzbranche. Zweifelsohne ist die Finanzkrise, die sich jetzt in eine Wirtschaftskrise ausgewachsen hat, neben vielen anderen Faktoren durch falsche finanzielle Anreize in den Teppichetagen der Finanzinstitute beeinflusst worden. Die Gier nach immer mehr – mehr Boni, mehr Expansion – war jahrelang die treibende Kraft in der Finanzwirtschaft. Aber Achtung: Alle haben das Spiel mitgespielt. Warner gab es sehr wenige. Warum auch, es ging ja gut, vom Börsenhype profitieren konnten viele. Die Banker und die Wirtschaft generell mokierten sich über die Politik. Das war im Nachhinein taktisch nicht gerade geschickt, denn das hohe Ross, auf dem gewisse Wirtschaftsführer hockten, wurde immer wackliger.
Es kam noch schlimmer: Die UBS musste als grosse stolze Schweizer Bank in Bern antraben. Man brauchte Geld, man brauchte Hilfe. Die Regierung konnte das Finanzinstitut nicht im Regen stehen lassen. Die Milliarden flossen. Und schon war die Politik wieder zur Stelle. Da man keine Sicherheiten fordern konnte, forderten die Politiker – zum Glück vergeblich – Einflussnahme. Von links bis rechts, alle waren sich einig: Kontrolle muss her.
Das Minenfeld war bereit. Doch die Einsicht bei der UBS fehlte. Anstatt den vielen normalen UBS-Mitarbeitern, die keine exorbitanten Saläre beziehen, mittels neuer Arbeitsverträge zum Beispiel anstelle eines kleinen Bonus einen 13. Monatslohn auszubezahlen, hielt man am Unwort Bonus fest. Es kam, wie es kommen musste: Die Politiker schreien nach Kontrolle, das Volk ist empört, gewisse Medien ziehen mit. Eine unheilige Allianz zwischen politischer Kontrolle, medialem Aufschrei und Volkes Stimme. Das hätte man vermeiden können. Durch Fingerspitzengefühl und bessere Kommunikation.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

Weitere Artikel zum Thema