Zur Sache: Kindergarten

Nach dem Datenmassaker – wie Michael Ringier an der Ringier-Medienorientierung im April die unrühmliche Situation um die strittigen Fernsehquoten der Mediapulse in Anlehnung an den Film «Das Missenmassaker» nannte – schrieb ich in einem Editorial: «Durch das unsägliche und unendliche Gezanke wird die Glaubhaftigkeit der Medianutzerforschung und der Marktforschung generell irreparabel beschädigt.»

Nach der Publikation der Daten ist Ruhe eingekehrt und auch die unverbesserlichsten Zahlenfetischisten bei den Agenturen und Kunden haben mittlerweile begriffen, dass man keine Vergleiche mit der alten Währung anstellen soll und demzufolge auch jegliche «Gewichtungsfaktoren» obsolet sind. Dass diese Frage überhaupt auftauchte, spricht zwar nicht gerade für die Professionalität der Betreffenden. Wenn man die Hintergründe der Forderung kennt, kann man den Wunsch aber wenigstens nachvollziehen: Wie soll die Agentur beweisen, dass sie besser eingekauft hat als die liebe Konkurrenz im Vorjahr oder wie lässt sich nun feststellen, dass die versprochenen Leistungsparameter erreicht wurden.

Das Erscheinen der neuen Mach, die ja auch ihre Methodik geändert hat, ging reibungslos über die Bühne. Primär, weil die Wemf die Sache kommunikativ besser vorbereitete als die Kollegen in Bern (Sorry Mediapulse!), dann aber auch, weil die Verlage die neuen Zahlen schon lange kannten und sich mit ihnen auseinandersetzen konnten. Es gab keinen Aufstand, die neuen Daten wurden akzeptiert.

Wer jetzt aber meint, dass deshalb Friede herrscht, der irrt. Im April geht AZ-Verleger Peter Wanner in einem Interview im eigenen Blatt ein bisschen sehr nonchalant mit den Auflagenzahlen der Konkurrenz um. BaZ-CEO Bollmann kündigt eventuelle rechtliche Schritte an. Dann passiert lange nichts mehr. Nach Vorliegen der effektiven Auflagen- und Leserzahlen geht die Diskussion weiter, munter unterstützt von einem Teil der Fachpresse. Martin Wagner, der Hausjurist der Basler Zeitung, schreibt darauf einen grossen Kommentar in der eigenen Zeitung – auch eher ungewöhnlich – und Peter Wanner fühlt sich bemüssigt, eine Gegendarstellung zu einem Artikel abzugeben. Dann schlägt die Stunde von Eisenfuss und BaZ-CEO Rolf Bollmann. Er verlangt die sofortige Abberufung von Peter Wanner als Wemf-Verwaltungsrat und im gleichen Aufwasch auch noch diejenige des Wemf-VRPräsidenten Jürg Weber. Und er droht mit rechtlichen Schritten, falls seinen Forderungen nicht Genüge getan wird. Ich muss mich leider wiederholen: Durch das Gezanke und die Zwängerei wird auch diesmal die Glaubhaftigkeit der Marktforschung beschädigt. Schade.

Pierre C. Meier, Chefredaktor pc.meier@werbewoche.ch
 

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