Zur Sache: Krisenkommunikation

Dass Unternehmen Prominente als Markenbotschafter oder Werbeträger einsetzen, ist legitim. Man erhofft sich damit durch den Imagetransfer eine positive Auswirkung auf die eigene Marke.

Dass Unternehmen Prominente als Markenbotschafter oder Werbeträger einsetzen, ist legitim. Man erhofft sich damit durch den Imagetransfer eine positive Auswirkung auf die eigene Marke. Eines müsste aber eigentlich jedem Unternehmen klar sein: Bei jedem Prominenten, sei er oder sie nun Schauspieler, Sänger oder Sportler, kann irgendetwas passieren, dass die erhoffte positive Wirkung des Prominenten auf die eigene Marke stört oder sogar ins Gegenteil verkehrt. Der gesponserte Promi kann Drogen nehmen, er kann sich dopen oder sich daneben benehmen. Ein Restrisiko bleibt also immer bestehen.
Red Bull ist seit Jahren im Sponsoring von Extremsportanlässen engagiert. Daneben setzt die Marke auch auf Extremsportler als Werbeträger. Es ist deshalb vollkommen unverständlich, dass ein Unternehmen, das ganz stark von dieser Welt der Adrenalin-Junkies und Draufgänger lebt, sich nicht vorher einen Kommunikationsplan für eine mögliche Krisenkommunikation zurechtgelegt hat. Bei beinahe allen dieser Anlässe könnte es zu einem Unglück kommen. Der tragische Vorfall letzte Woche, der mit dem Tod des Basejumpers Ueli Gegenschatz endete, als er für Red Bull von den Sunrise Towers in Zürich einen Promotions-Jump wagte, ist aber leider der klare Beweis, dass kein solches Notfallszenario existierte. Oder – noch schlimmer –, dass ein solches Szenario von falschen Prämissen ausging.
Beatrice Tschanz, die seit dem Absturz einer Swissair-Maschine bei Halifax als Expertin für Krisenkommunikation gilt, meinte zur Zeitung News: «Wer glaubt, in einer solchen Situation auf Tauchstation gehen zu können und dass dann schon alles von allein vorbeigehe, der täuscht sich massiv. (…) Der oberste Verantwortliche hätte sein Bedauern mitteilen und zum Geschehenen stehen sollen. Aber Red Bull hat in diesem Fall den Zeitpunkt verpasst. Jetzt ist die Firma in einer Defensivhaltung. Sich in einer Krise hinterher zu erklären, geht nicht. Man muss aktuell seinen Mann oder seine Frau stehen.»
Red Bull aber ging zu lange auf Tauchstation und reagierte erst spät und auch dann wenig sensibel auf das tragische Unglück. Ein sofortiger Stopp der laufenden Werbekampagne wäre neben klaren entschuldigenden Worten des obersten Chefs das Mindeste gewesen. Erst als die Kritik an der Kommunikation von Red Bull immer stärker wurde, bequemte man sich, einige persönliche und würdigende Zeilen zum verunglückten Extremsportler zu publizieren. Auch dass die Familie des verunglückten Sportlers Red Bull in Schutz nimmt, kann nicht verhindern, dass die Reputation der Marke Red Bull durch eine stümperhafte Kommunikation stark gelitten hat.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

Weitere Artikel zum Thema