"Plus de points de vue"

Im neuen Blick verzichtet Chefredaktor Werner De Schepper auf Nackedeis, doch die Sinnlichkeit soll darunter nicht leiden.

Im neuen Blick verzichtet Chefredaktor Werner De Schepper auf Nackedeis, doch die Sinnlichkeit soll darunter nicht leiden.WW Der neue Blick will sich öffnen – wie werden das die Leserinnen und Leser zu spüren bekommen?Werner De Schepper Wir werden eine grössere Vielfalt der Standpunkte und Meinungen in die redaktionellen Spalten hineinbringen. Das heisst, wir wollen nicht mehr alles, was wir schreiben, als der Weisheit letzter Schluss verkünden. Es gibt auch noch andere Wahrheiten und Meinungen – und diese Vielfalt soll künftig vermehrt in den Beiträgen selber und nicht nur in den Leserbriefspalten sichtbar werden
Vom Theologen De Schepper könnte man allerdings auch erwarten, dass der Blick noch mehr moralisiert, als er es bisher schon tat.
Gerade weil ich Theologie
studiert habe, bin ich vom Moralisieren geheilt. Selbstverständlich sind Moral und Ethik sehr wichtig. Doch diese müssen sich im verantwortungsvollen, ethischen Handeln im Alltag zeigen. Und nicht etwa in Form von Moralisieren oder Besserwisserei.
Zum Beispiel verzichtet der neue Blick auf eine jahrelange Institution: das nackte Girl. Wird man künftig weniger nackte Haut im Blick vorfinden?
Nein, überhaupt nicht. Denn Sexualität und die Geschichten darum herum gehören zum Leben. Und das bilden wir auch mit der ganzen Sinnlichkeit ab, die nun mal dazugehört. Aber wenn wir künftig entblösste oder teilentblösste Körper zeigen, dann muss eine Geschichte dahinter stecken. Einfach nur das Bild einer nackten Frau – ohne Worte – das lassen wir jetzt definitiv.
Die Neuausrichtung von Blick zielt gegen 20 Minuten, das in den Händen von Tamedia wohl noch stärker werden wird. Bei der diesjährigen Beglaubigung hat Ihre Zeitung mehr als 17000 Exemplare verloren – Massnahmen im Lesermarketing drängen sich da geradezu auf.
Die Leserschaftszahlen sind nicht unsere Hauptsorge – sie sind beim Blick seit Jahren stabil und werden auch im kommenden Herbst gut aussehen. Zweitens haben wir unter 20 Minuten viel weniger gelitten als andere Zeitungen, was sicher auf unsere eigenständige Themensetzung zurückzuführen ist – den Blick kann man nicht einfach ersetzen. Ein Problem im Gefolge der Wirtschaftskrise besteht aber darin, dass immer mehr Menschen sich den Blick beim Arbeitskollegen oder Nachbarn leihen, statt selber einen zu kaufen. Unser Ziel muss sein, weiterhin möglichst viele Menschen zum Kauf zu animieren. Das tun wir zum Beispiel, indem wir mit neuen Distributionskanälen näher zum Publikum rücken. So liegt der Blick bereits in vielen Coop-Filialen auf. Die Erschliessung von Supermärkten werden wir weiter vorantreiben.
Auch der Blick musste bereits Mitarbeitende entlassen – erlaubt die Umsetzung des neuen Konzeptes überhaupt einen nochmaligen Schnitt bei der Zahl der Mitarbeitenden?
Die aktuelle Redaktionsgrösse braucht es, um die Zeitung umzusetzen, die ich machen will. Noch mehr abzubauen, wäre schmerzhaft. Allerdings kann ich nichts ausschliessen – wenn zum Beispiel der Anzeigenmarkt weiter erodieren sollte.
Entretien : Daniel Schifferle

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