The Cannes return

Gastkommentar Michael Waeber, CFO bei SFLB, schreibt, warum ein Cannes-Besuch trotz hohen Kosten ein gutes Investment ist. Falls die Kreativen dort hart arbeiten.

Gastkommentar Michael Waeber, CFO bei SFLB, schreibt, warum ein Cannes-Besuch trotz hohen Kosten ein gutes Investment ist. Falls die Kreativen dort hart arbeiten.
Als CFO einer Werbeagentur hat man zu Cannes ein anderes Verhältnis als ein Kreativer. Für uns ist Cannes nicht in erster Linie ein Werbefestival, sondern ein Festival der Ausgaben. Die Einsendungen, Registrierungen, Flüge, Hotels und Taxis verschlingen rund 10000 Franken pro Person. Da ist die Frage berechtigt: Lohnt es sich für eine Agentur, dieses Geld auszugeben?Nein. Und ja. Es lohnt sich nicht, Geld für einen Cannes-Trip auszugeben, wenn die Kreativen tagsüber am Strand hocken statt im Kino. Es lohnt sich auch nicht, wenn sie zwar im Kino sitzen, aber die Werbespots nur konsumieren. Und es lohnt sich wenig, wenn die Kreativen sich nur am Freitag die Shortlist und am Samstag die Cannes-Rolle mit den ausgezeichneten Spots zu Gemüte zu führen.
Aber es lohnt sich, Geld zu investieren, wenn sich die Kreativen mit möglichst vielen Arbeiten auseinander setzen. Auseinander setzen heisst: Nicht nur die Gewinner anschauen, sondern auch die Nichtgewinner in den verschiedenen Kategorien. (So merkt man, was die einen von den andern unterscheidet.) Auseinander setzen heisst aber vor allem, jede Arbeit zu beurteilen: Warum ist der Spot gut? Was ist die Strategie? Wie mag wohl das Briefing gelautet haben? Ist die Idee neu? Neu in dieser Kategorie? Oder auch neu in andern Kategorien? Das ist harte Arbeit, denn zwischen jedem Spot stehen einem dafür nur rund fünf Sekunden zur Verfügung, hat man mir erzählt. Da ist es hilfreich, wenn man mit System beurteilt – zum Beispiel dem 7Plus-System, das wir auch bei Spilllmann Felser Leo Burnett anwenden.
Noch lieber investiere ich das Geld, wenn die Kreativen einen eigenen Film im Wettbewerb haben. Dann merken sie nämlich, dass ihr ganz toller Spot eigentlich ein recht durchschnittlicher Spot ist. So bleiben sie schön bescheiden, sind gleichzeitig aber auch angestachelt, bessere Arbeiten zu machen.
Wenn man also in Cannes investiert, dann gleich richtig. Ich gebe keinen Franken aus für zwei Tage Spot-Konsumation in Cannes, aber ich investiere sehr gerne Geld in fünf Tage harte Arbeit am eigenen Beurteilungsvermögen. (Denn seien wir ehrlich: Die Kreativen haben nach Cannes ja nicht plötzlich bessere Ideen. Aber sie haben ein besseres Beurteilungsvermögen, mehr Verständnis für die Umsetzung, und sie sind heisser auf gute Werbung. So hoffe ich jedenfalls.)
Jetzt wünsche ich allen Kreativen gutes Arbeiten in Cannes. Ob sich die Investition gelohnt hat, sehen wir ja dann in den Monaten nach Cannes. Nicht nur wir CFO.
> Michael Waeber ist Chief Financial Officer bei der Werbeagentur Spillmann Felser Leo Burnett.

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