Zu guter Letzt: Die dritte Dimension des Buchverlags

Nachdem neue Medien und das Internet den Printjournalismus und den Buchdruck bereits nachhaltig beeinflussen, ist es Zeit für eine dritte Dimension des geschriebenen Wortes: Die «living library». Hier werden Bücher wider auf die altmodische Art ausgeliehen - statt Bücher sind es aber Menschen.

An diesem Sonntag, 25. Mai, wird das ehemalige Restaurant Rosengarten in Zürich zu einer öffentlichen Living Library. Anstelle von Büchern können dort Menschen für Gespräche ausgeliehen werden. Diese Menschen gehören in der Stadt Zürich vertretenen Personengruppen an, die häufig mit Stereotypisierungen oder Vorurteilen konfrontiert sind.

Die Bücher sind: Eine Muslima mit Kopftuch, eine Hausfrau, ein Sans-Papier, ein HIV-Positiver, ein Polizist, ein Mitglied der Israelitischen Cultusgemeinde, ein Private Banker und eine Prostituierte. Sie können in der «living library» gratis für ein 30-minütiges Gespräch ausgeliehen werden. Die lebenden Bücher sind keine Sachbücher, oder wissenschaftlich fundierte Literatur. Es sind Menschen, die immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert werden. Auf diese Weise können in der «living library» Brücken geschlagen werden, zwischen Andersdenkenden. Die Veranstaltung will den Kontakt zu sozialen Gruppen ermöglichen, die im weitesten Sinne politisiert werden und eine differenziertere Auseinandersetzung mit diesen fremden Lebenswelten fördern, die man sonst vor allem aus den Medien kennt, heisst es in der Mitteilung. Die Besucher dürfen sich ein solches «Buch» aussuchen und sich alleine oder zu zweit mit ihm unterhalten. Durch den organisierten Austausch können sie den lebenden Büchern – mit denen sie sonst wahrscheinlich nicht so einfach in Kontakt treten könnten – direkt Fragen stellen, die sie persönlich interessieren und die über die verkürzten Vorurteile und Stereotypisierungen hinausgehen. Living Library Veranstaltungen stehen damit ihm Zeichen der Toleranz und des persönlich vermittelten Wissens.

Die erste Living Library wurde im Jahr 2000 im Rahmen der Jugendinitiative «Stop the violence» am Roskilde Festival in Dänemark durchgeführt. Sie erhielt Aufmerksamkeit über die Landesgrenzen hinaus und so finden heute ähnliche Veranstaltungen in zahlreichen Ländern statt. In der Schweiz ist das Konzept noch wenig bekannt.

Die Living Library Zürich wird im «blauen Salon» des ehemaligen Restaurants Rosengarten (direkt neben der Tramhaltestelle Kalkbreite im Kreis 4) durchgeführt. Am 29. Mai 2011 können dort zwischen 15:00 und 21:00 Menschen für 30-minütige Gespräche ausgeliehen werden. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstaltung wird privat organisiert von David Gaus (Grafiker) und Simone Isliker (Studentin Philosophie).
 

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