Der Motz von Butz: Der Trachten-Look als Image-Killer

Worum es mir geht: Altmodische Produkte werden meiner Meinung nach nicht den Markt erobern. Denn Berlitz gleich bünzlig ist keine gute Botschaft.

Der erste Eindruck ist der bleibende. Speziell in der Werbung, wo eine Botschaft in Sekunden begriffen oder eben nicht begriffen werden muss, ist es fatal, wenn sie den falschen Eindruck hinterlässt.

Ein Beispiel: Wenn ein Senn sich durch eine Hawaii- Muschel mit den Eingeborenen unterhalten kann, weil der die Berlitz-Sprachschule besucht hat, ist das prima vista eine lustige Umsetzungsidee. Beim oberflächlichen Betrachten dieses Tramplakats wirkt das Ganze aber eher ländlich, also Berlitz gleich bünzlig.

Das Geheimrezept vom Tilsiter oder doch Appenzeller hat im Ranking meiner Käsesorten eher einen hinteren Platz erreicht. Die Kampagne mit diesen sturen Trachtenbuben ist wenigstens konsequent durchgezogen. Aber am Schluss bleibt dieses Landei- Image hängen. Ramseier Apfelsaft verursacht bei mir dasselbe Problem. Die zwei Alp-Öhis, die für Schweiz Tourismus werben, sind sehr beliebt und berühmt, aber insgeheim geben sie der Schweiz auch ein Kuhfladen-Image. Ich weiss gar nicht, warum man die Spots im SRF ausstrahlt. Die sollten doch in China oder Japan laufen. Vielleicht tun sie das ja auch. Aber da käme bei mir dieser Kuhfladen-Eindruck nicht auf.

Meine Theorie: Wenn ein altes Unternehmen zu häufig mit seinem Alter oder mit seiner Tradition herum artikuliert, dann sind schon 50-jährige Unternehmen alt. Und alt gilt in der Werbung nicht als modern, nicht mal schick kann alt sein. Nehmen wir mal das Familienunternehmen Hermès Paris unter die Lupe. Hermès (gegründet 1837) zählt heute zu den top modernen Labels im Fashion Business. Sie müssen unbedingt auf www.hermes.com mal rumzappen. Das ist frisch, frech und jung, keinesfalls verstaubt. Zurück zu meiner Theorie: So wie man in den Wald ruft, so tönt es zurück. Die Leichtigkeit, eine originelle Idee zu entwickeln, kennen wir. Aber die Schwierigkeit herauszufinden, ob sie auch die gewünschte Tonality trifft, ist Kunst. Darum ist der Senn mit der Hawaii-Muschel eine originelle Idee, trifft aber die völlig falsche Tonalität. Nespresso ist eine gute Produktidee, wäre aber ohne die mutige und obergestylte Distributionsidee und die geniale unwichtige Werbefigur George, der exakt die richtige Tonality trifft, nicht so erfolgreich.

Was lernen wir daraus? Der Grat zwischen Abstürzen oder Falschverstandenwerden und dem Ziel, möglichst den Gipfel zu erreichen, ist sehr schmal. 90 Prozent der Werbung, der ich begegne, wird diesen Gipfel nie erreichen. Mehrere Leser meiner Kolumne wünschen, dass ich viel härter gegen Werbedilettantismus motzen soll. Motz. Motz. Motz.

Der Aufsteller der Woche hat bis Redaktionsschluss noch nicht stattgefunden.

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Theophil Butz, Grafiker, Werbeagentur-Inhaber, Inspirator und seit mehr als drei Jahren auch noch Motzer für die Werbewoche-Leser. Sachdienliche Hinweise bitte an theophil@undbutz.ch.
 

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