Frauen klicken, Männer scrollen

Eine Software der US-Firma Predicitve erkennt das Geschlecht des Internetusers

Eine Software der US-Firma Predicitve erkennt das Geschlecht des InternetusersVon Carmen GasserEine US-Firma will Unterschiede im Surfverhalten von Frauen und Männern entdeckt haben und stimmt darum die Einblendung von Bannern nach Geschlechtern getrennt ab.
Die in Cambridge, Massachusetts, domizilierte Firma Predictive hat kürzlich mit ihrer Mitteilung im Wall Street Journal aufhorchen lassen, wonach Frauen nicht nur anders denken (was man schon wusste…), sondern auch anders klicken (wohl gemerkt: nicht ticken). Untersuchungen hätten bewiesen, dass Männer öfter die Tabulatortaste verwenden und Webseiten mit dem Rad ihrer Wheelmaus entlang scrollen.
Frauen hingegen sollen sich dadurch verraten, dass sie mehr mit der Maus arbeiten. Jeder User hat demnach ein individuelles Muster, wie er eine Tastatur, eine Maus oder die Fernbedienung eines TV-Sets mit Settopbox bedient. Aufgrund dieser Erkenntnisse kann unterschieden werden, welches Familienmitglied gerade am gemeinsamen
PC surft.
Auf Basis dieser Informationen hat sich Predictive auf die Vermarktung solchen Wissens spezialisiert. Das Zauberwort heisst zielgruppenentsprechende Einblendung von Werbung: Wenn der Vater surft, wird ein Banner für Bier eingeblendet, für die Mutter wird ein Diamantring auf das Banner gezaubert, und der Sohn soll vom neuen Skateboard ebenfalls mittels Banners begeistert werden.
Auch in der Schweiz wird die Software begrüsst
Der Einsatz der neuen Software geht sogar noch weiter, denn sie kann ebenso zur Analyse der Nutzungsbedingungen der Fernbedienung angewendet werden. Demnach kann unterschieden werden, ob ein Mann, eine Frau oder ein Paar fernsieht. Männer schalten die Programmpalette demnach öfter rauf und runter, während Frauen seltener das Programm wechseln.
Werbepausen werden von Männern dazu genutzt, ein Sportprogramm zu suchen, während Frauen meist eine ganze Unterbrechung über Musikvideos sehen. In den USA verwenden bereits die ersten Internetprovider wie AT&T’s WorldNet den Service von Predictive. Nicht zuletzt soll die Möglichkeit von geschlechterspezifischen Werbeeinblendungen auf Internetsites dem dümpelnden Onlinewerbemarkt wieder Aufschwung verleihen.
Pascal Zähner von Real Media Europe begrüsst diese Möglichkeit, aus dem anonymen einen personalisierten User zu machen. Nicht zuletzt steckt ein einfacher Profitgedanke dahinter. «Je mehr Merkmale herausgefiltert werden können, desto höher ist
der Preis. Bei einer «qualified audience», die drei bis vier Kriterien herausfiltern kann, verdreifacht sich schon mal der Preis», gibt Zähner offen zu. Aber er hat auch Bedenken bei der Anwendung der Software: «Die Grundlage allen Handelns muss die Zustimmung des Benutzers sein, seine Daten sammeln zu dürfen», erklärt Zähner.
In den USA steckt die Software noch in der Erprobungsphase und wird von Datenschützern argwöhnisch beobachtet. So stellt sich etwa die Frage: Wer kann sicherstellen, dass die Methode keine Fehler mache und das System Werbung an die falsche Zielgruppe ausliefere, etwa Banner für Sexsites an Kinder? Um diesen Einwand zu entkräften, will Predictive das Verfahren nicht für Werbung für Pornosites, Alkohol, oder Waffen zur Verfügung stellen. Zudem seien Kinder durch ihre grobmotorischen Bewegungen mit der Maus zu erkennen.

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