«Die Chance auf Branchenexklusivität ist aktuell grösser als sonst»

Der Werbemarkt leidet unter der Corona-Krise. Alexander Duphorn, CEO von Goldbach Media, erklärt im Interview mit M&K, wieso sich TV-Werbung in der aktuellen Zeit besonders auszahlt.

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M&K: Die Corona-Krise schickt immer mehr Menschen ins Homeoffice. Wie handhabt Goldbach die Situation?

Alexander Duphorn: Wir halten uns strikt an die Vorgaben des Bundesrates. Um die Ausbreitung des Virus zu begrenzen, schützen wir uns und andere bereits seit das BAG die ersten Empfehlungen erlassen hat. Seit letzter Woche ist Home Office obligatorisch. Nur in Ausnahmefällen dürfen Mitarbeiter noch ins Büro. Bei Goldbach war das relativ einfach umzusetzen. Wir haben schon seit längerer Zeit Laptops, um und ortsunabhängig arbeiten zu können.

 

Zahlreiche Unternehmen leiden unter der Krise – manche, wie etwa Online-Stores und die Post, «profitieren» aber auch davon. Gehört die TV-Branche aufgrund eines veränderten Konsumverhaltens auch dazu?

Der TV-Konsum hat in den letzten Tagen klar zugenommen. Die Sender wissen um ihre wichtige Aufgabe in der Gesellschaft und bieten Information und Orientierung. Aber auch die Unterhaltung wird stärker nachgefragt als sonst. Sogar Werbeblöcke werden in der Hauptsendezeit vermehrt angeschaut.

Eine Mehrzahl der Sender finanziert sich ausschliesslich über Werbung. Die Nachfrage geht markant zurück. Es gibt jetzt aber auch Chancen. Nicht nur die zunehmenden Reichweiten im TV, auch kann man jetzt gut von den Langfristeffekten der audiovisuellen Werbung profitieren.

 

Das Marketing ist generell einer der ersten Bereiche, in dem Unternehmen Budgets sparen, wenn sich die Wirtschaft eintrübt. Wenn ich als Marketeer nur noch wenig Ressourcen zur Verfügung habe, sollte ich diese momentan in TV-Werbung investieren? Oder gibt es vielleicht einen Media-Mix, den Sie im Moment besonders empfehlen würden?

In den letzten Tagen stellen wir generell eine grosse Verschiebung und Ausweitung des Medienkonsum fest. Natürlich ist die Empfehlung von der Zielsetzung abhängig. Nebst saisonalen Kampagnen – beispielsweise zu Ostern oder zum Muttertag – sollte man jetzt sicher seinen Online-Absatzkanal kommunizieren. Auf jeden Fall lohnt es sich jetzt aber auch, auf Branding zu setzen. Die Chance auf Branchenexklusivität ist aktuell grösser als sonst, weil sich manche Konkurrenten aus der selben Branche bestimmt zurückziehen werden. Und die Kampagnen wirken weit über den Kampagnen-Zeitraum hinaus: Man kann auch aus der Thematik Corona selbst einen Markenauftritt  kreieren, wie zum Beispiel Ricola oder Audi, die um «Mehr Abstand» bitte. Das zeigt Social Responsibility, an die man sich erinnert. Und für alle, die beides machen wollen, bieten wir sogar ein eigenes Produkt an, welches Branding und Performance verknüpft.

 

Können sich kleinere Unternehmen TV-Werbung überhaupt leisten? Gerade bei KMUs ist die Hemmschwelle hoch, überhaupt eine Anfrage zu stellen.

Goldbach versucht für alle Kunden eine effektive Lösung zu finden. Mit «Brandformance»-Kampagnen zum Beispiel zeigen wir dem Kunden direkte Auswirkungen seiner Werbung auf den Absatz auf und teilen Erkenntnisse zu Bekanntheit. Es gibt kleine Kunden, die mit einem überschaubaren Budget eine erste TV-Kampagne gestartet haben. Heute gehört TV zu ihren Standard-Werbemitteln. Die Produktion von Werbemitteln ist in den letzten Jahren viel günstiger geworden und wer seine Zielgruppe gut kennt, kann dank der Sender- und Sendungsvielfalt diese auch sehr kosteneffizient im TV erreichen. Wir wissen heute, dass TV-Werbung einen unmittelbaren Einfluss auf den Online-Abverkauf bei Marken hat. Während der Ausstrahlung werden merklich höhere Website-Besuche registriert und die Suchabfragen nehmen zu.

 

Die Programmänderungen der SRG-Sender – für SchülerInnen etwa oder für kulturinteressierte, ältere Menschen, die nun viel in ihrer Wohnung bleiben – werden teilweise auch von den Privaten diskutiert respektive adaptiert. Bei allem, was Corona an Problemen und Tragik mit sich bringt: Erleben wir hier gerade die Renaissance des Fernsehens?

TV hat das Programm schon immer sehr kurzfristig an die Interessen der Zuschauer angepasst. So passen auch die Privaten zum Beispiel das Kinderprogramm an. Aber auch sonst findet viel Corona in Dokus und Magazinen statt.  Gerade jetzt werden die Programmmacher alles tun, um den Nerv der Zuschauer zu treffen. Von einer Bewegtbild-Renaissance kann also nicht die Rede sein. Der Bewegtbildkonsum hat in den letzten Jahren stets zugenommen. Im Moment zeigt sich allerdings wiedermal mehr, dass Sender mit einer Redaktion in der aktuellen Situation aber klar im Vorteil gegenüber datengetriebenen multinationalen Unterhaltungskonzernen sind, da sie sich dynamischer auf die Nachfrage einstellen können.

 

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