Blick: Noch ist nichts entschieden

Wie die Zukunft der Blick-Chefredaktion aussieht, ist ungewiss. Dass es Änderungen geben wird, nicht. In den Sonntagsmedien wird spekuliert.

Nachdem die NZZ am Sonntag vor einer Woche publik machte, Blick-Chefredaktorin Andrea Bleicher werde von Marc Walder durch René Lüchinger ersetzt (Werbewoche.ch berichtete), wandten sich verschiedene Kadermitglieder der Redaktion in einem Brief an den Ringier CEO und machten sich sich für die interimistische Chefin stark (Werbewoche.ch berichtete). Laut NZZ am Sonntag traf Walder am Donnerstag vier der Unterzeichner des Protestbriefes und kritisierte, dass das Schreiben an die Öffentlichkeit gelangte. Gemäss Schweiz am Sonntag lobte er jedoch auch die «Zivilcourage» der Redaktion und signalisierte, dass alle Optionen offen seien. Ringier-Sprecher Edy Estermann bestätigte, dass nichts unterschrieben sei und das Medienhaus «in absehbarer Zeit» mitteile, wie es mit dem Blick weitergehe. Das Sonntagsblatt zitiert Insider, welche sich vorstellen können, dass Walder «aus Grösse» von seinem ursprünglichen Plan abkommt und Bleicher eine zweite Chance gibt.

Würde Cavalli Bleicher folgen?

Walder tut gut daran, diese Option in Betracht zu ziehen. Denn sollte wie vorgesehen Lüchinger den Chefsessel einnehmen, droht den Ringier-Titeln der Exodus. Nebst Bleicher, die den Posten als stellvertretende Chefredaktorin ablehnen und den Blick verlassen wird, riskiert das Medienhaus auch ihren Lebenspartner Rolf Cavalli zu verlieren. Cavalli, Leiter von Blick Online und Chef der Chefredaktoren im Newsroom, leitet zur Zeit interimistisch den Sonntagsblick und arbeitet seit Jahren loyal für Ringier. Laut Patrik Müller (Schweiz am Sonntag) könnte er für die freiwerdende Chefredaktorenstelle der Sonntagszeitung infrage kommen – Martin Spieler verlässt sie auf Ende Jahr (Werbewoche.ch berichtete). Nach dem Protestbrief fürchtet man zudem, die ganze Redaktion könnte ohne Bleicher auseinanderbrechen.

Lüchinger wünscht Dietrich als Vize

Laut Schweiz am Sonntag «sickert» derweil durch, dass Lüchinger bei einem allfälligen Stellenantritt Andreas Dietrich als Vizechef mitnehmen möchte. Diese Meldung wird auch von der NZZ am Sonntag bestätigt. Dietrich ist erfahrener Nachrichtenchef und Blattmacher und war nicht nur Mitglied der Chefredaktion des Tages-Anzeigers, sondern arbeitet heute unter anderem auch für die Weltwoche. Der Weltwoche-Medienkolumnist Kurt W. Zimmermann, der Bleicher wiederholt kritisierte, war es, der 1998 Lüchinger bei Tamedia als Facts-Chefredaktor empfohlen hatte.

Ein Jahr später musste er sich beim damaligen Bundesrat Kaspar Villiger für die «persönliche und politische Verletzung der Integrität» entschuldigen, weil seine Person im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Buch einer Berner Edelprostituierten auftauchte. Lüchinger verliess Facts 2000 und wurde drei Jahre später Chefredaktor des Magazins Bilanz. 2007 musste er diesen Posten räumen – trotz wirtschaftlichen Erfolges. Die Redaktion und der Springer-Verlag kritisierten seine gleichzeitig ausgeübte Tätigkeit als Biograf von Schokoladenkönig Klaus J. Jacobs.

Die Kommunikation der kommenden Personalentscheide ist auch deshalb verzögert worden, weil Andrea Bleicher in dieser Woche in den Ferien weilte. (hae/SaS/NZZaS)

Bilder Teaser-Collage: Blick.ch , Luechingerpublishing.com

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