Was bedeutet eigentlich… «getriggert»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er den Begriff «getriggert».

Was löste dieses Wort bei ihnen aus, als sie es gelesen haben? Oder eben Neudeutsch, was hat es getriggert? Falls etwas Schlechtes, dann tut mir das leid. Bei mir löst es meist eher Ärger aus, wenn ich es höre oder lese. Der Begriff wird zurzeit sehr inflationär verwendet und leider oft auch falsch. Im Moment triggert alles bei allen irgendetwas. Egal ob Genderstern, Klimazuschlag oder ChatGPT. Es scheint, als ob wir alle traumatisiert wären, soviel hört man das Wort oder liest es in den sozialen Medien. Können wir uns nicht mehr einfach nur aufregen?

Ein Trigger ist nämlich im psychologischen Kontext ein sogenannter Hinweisreiz. Er löst ein nicht verarbeitetes Trauma aus und überflutet uns mit Gefühlen, die wir damals hatten, als wir traumatisiert wurden. Und das kann für die Betroffenen sehr unangenehm sein.

Das Wort wurde vor seiner rasanten Verbreitung hauptsächlich in der Psychologie verwendet. Und da gehört es auch hin. Es stammt aus dem Englischen und bedeutet Auslöser. Ja genau, der kleine Hebel bei einer Pistole oder einem Revolver, der dafür sorgt, dass per Schuss die Patrone aus dem Lauf zischt. Päng! Das wäre dann auch die zweite Deutung. «Pull the trigger.» – Drück ab. Mach es fertig.

In den sozialen Medien knallt es ja schon oft und deshalb wundert es nicht, dass der Begriff ausserhalb der Behandlungszimmer von Psychologen und Psychoanalytiker dort als erstes auftauchte. Als sogenannte Trigger-Warnungen, mit denen allenfalls traumatisierende Inhalte versehen wurden. Die oft gedankenlosen Inhalte und Kommentare auf den recht anonymen Plattformen schienen das Bedürfnis nach mehr Empathie und rücksichtsvollerem Verhalten zu wecken.

Vorsicht, Trigger-Alarm!

Es war ja gut gemeint, als diese erstmals vor Posts auftauchten. Solche Hinweise können uns durchaus schützen, indem sie einem vor die Wahl stellen, ob wir das, was jetzt dann grad kommt, sehen wollen oder nicht. Aber auch da gilt: Der inflationäre Gebrauch von Trigger-Warnungen ist kontraproduktiv. Sie werden automatisch weggeklickt oder machen eben grad erst recht neugierig. Und schon ärgert man sich im harmlosesten Fall über den Mist, den man eben konsumiert hat, im schlimmsten Fall werden traumatische Ereignisse reaktiviert.

Aber was ist heute schon traumatisch? Die nächste Reorganisation, das fehlende Briefing des Kunden, das neue hippe Kosmetikprodukt, das online grad nicht mehr verfügbar ist, die schreckliche Kampagne der Konkurrenz-Agentur? OMG. Ist das alles so schlimm? Scheint so, wer soziale Medien oder auch klassische Medien und deren Kommentarspalten konsumiert.

Waren früher Leserbriefe noch sprachlich ausgefeilt, so sind heute Kommentare oft nur verbale Schiessereien. «Pull the trigger.» – Drück ab. Mach sie/ihn/es fertig. Am Ende viel Lärm und viele Opfer, die dann im schlimmsten Fall traumatisiert sind.

Aber immerhin: Die psychische Gesundheit hat es in den letzten Jahren geschafft, aus der Tabuzone herauszutreten in die Öffentlichkeit und wir können endlich über psychische Probleme, Traumas und Krankheiten reden wie über eine Grippe, Zerrung oder einen Beinbruch. Aber deshalb müssen wir doch nicht ständig im Psychologensprech miteinander kommunizieren.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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