Déformation professionelle – Berufskrankheiten in Werbung und Marketing
Axel Eckstein, Executive Creative Director bei Leo Burnett Schweiz, schreibt in der Werbewoche über Pathologisches in Werbung und Marketing. In der vierten Folge: Erfolgsschielen (strabismus successus).
Die Augenbewegungen sind gewöhnlich so synchronisiert, dass sich beide Augen auf dasselbe zentrale Ziel (oft Marketing- oder Kommunikationsziel) richten. Beim Erfolgsschielen indes betrachtet ein Auge die eigene Marke, während das andere Auge gleichzeitig und ununterbrochen die gefährlichste Konkurrenzmarke fixiert.
Symptome
Das Erfolgsschielen kann zu Doppelbildern führen. Der selbst vermarktete Bohnenkaffee überlagert sich beispielsweise mit den Kapseln des Innovationsführers. Oder die eigene Smartphone-Philosophie kreuzt sich mit dem aktuellen Design des Challengers. Der Versuch, Doppelbilder direkt vom Gehirn auf konkrete Produkte oder Werbemedien zu übertragen, verursacht Kopfschmerzen. Allerdings nicht beim Schielenden, sondern bei allen anderen.
Therapie
Wird das gesunde Auge zugeklebt, beginnt das schielende Auge gezwungenermassen wieder auf die eigenen Stärken zu schauen. Sollte dies nicht eintreten, ist hingegen das schielende Auge abzudecken (inverse Okklusion). Zwar fängt dadurch auch das gesunde Auge zu schielen an, doch im besten Fall beobachtet es dann ebenso, was andere machen, und beide Sehachsen stimmen annähernd überein.
Operation
Kann der Betroffene einer Präsentation hauseigener Entwicklungen folgen und dabei unter dem Tisch Newsletter von Mitbewerbern auf dem Handy lesen, ist der Schielwinkel so gross, dass eine operative Korrektur sinnvoll ist.