Werber des Jahres

Die Schweiz hat ein neues Traumpaar: Regula Fecker von Rod Kommunikation und Alexander Jaggy von Jung von Matt/Limmat sind mit der gleichen Punktzahl zum «Werber des Jahres» gewählt worden.

Die Kür zum Werber des Jahres gehört zu den gesellschaftlichen Höhepunkten in der Agenda der Schweizer Agenturszene. Bereits 1977 haben die Kreativen erstmals ihren «König» gekürt. In diesem Jahr wurde der Titel zum 37. Mal vergeben. Gewählt wurde der Branchenprimus des Jahres von den Abonnenten der Werbewoche. Zur Wahl standen eine Finalrunde von Nominierten, die von einer Art «Academy» aller bisherigen Werber des Jahres vorgeschlagen wurden. Nach dem letztjährigen Sieger Peter Brönnimann von Leo Burnett Schweiz standen für den aktuellen Titel sechs Nominierte zur Wahl. Geri Aebi als gestandener CEO einer Grossagentur, die Strategin Regula Fecker, Michael Hählen als Vertreter für die KMU-Kommunikation, Michael Hinderling für die Digitalen, Alexander Jaggy für einen umfassenden Fullservice und Philipp Skrabal für einen Kreativen mit Lust auf Veränderung zur Auswahl.

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Werber und Werberin des Jahres (Foto: Thomas Stuckert)

Dass der Werber des Jahres in der Öffentlichkeit und in den Medien auch als ein «Botschafter der Branche» wahrgenommen wird, freut Pierre C. Meier, Chefredaktor der Werbewoche. «Die mediale Akzeptanz unserer Wahl sowie die zahlreichen Anfragen für einen Fachkommentar bei tagesaktuellen Themen rund um die Werbung zeigen, dass der von uns präsentierte Werber des Jahres als Meinungsführer für die Schweizer Werbung wahrgenommen wird.»

Die beiden neuen Werber des Jahres wurden mit dem Pokal «Egon» ausgezeichnet. Das Männchen mit einem überdimensionierten Mund als Megaphon ist vom Schweizer Künstler Max Grüter gestaltet worden. Die Trophäe ist ein kleiner Fingerzeig, da den Werbern oft nachgesagt wird, dass sie eine (zu) grosse Klappe hätten. Übergeben wurde der «Egon» in diesem Jahr erstmals im Rahmen der «Nacht der Marke» als feierlicher Abschluss des Schweizer Markenkongresses im Dolder Grand in Zürich. Da ein Doppelsieg bei der Egon-Produktion nicht geplant war, müssen die beiden Prämierten vorerst mit einer Miniatur-Ausgabe vorliebnehmen. Die grosse, erstmals von 3D-Druckern hergestellte und dieses Jahr leicht überarbeitete Auszeichnung folgt.

An diesem Abend in der Runde von vielen Persönlichkeiten der Wirtschaft und Kommunikationsbranche wurde auch die «Kampagne des Jahres» ausgezeichnet. Durch die kurzweilige Show führte mit Natürlichkeit, Charme und Spontanität Moderatorin Miriam Rickli. Nebst den beiden von der Werbewoche präsentierten Awards wurden im Anschluss auch die beiden Auszeichnungen «Swiss Academy of Marketing Science Award» und «Rigour & Relevance Award» für aussergewöhnliche Leistungen in der wissenschaftlichen Marketing-Forschung verliehen. Feldschlösschen-CEO und Jury-Mitglied Thomas Amstutz versprach Freibier auf dem Bundesplatz, falls die Schweiz den WM-Final erreichen sollte. Realistisch oder nicht – der Saal quittierte diese Nachricht mit tosendem Applaus. (pd/hae)

Werberin und Werber des Jahres 2014:

Regula Fecker ist eine von vier Partnern der Agentur Rod Kommunikation. Die Strategin hat bereits 2010 den Titel Werberin des Jahres gewonnen. Sie zeichnet mitverantwortlich für die aktuelle «Love Life – Bereue nichts»-Kampagne sowie für andere populäre Kampagnen, wie zum Beispiel «Slow down. Take it easy.» Unübersehbar sind auch ihre Arbeiten für die laufende SBB-Kampagne. Daneben forscht die Absolventin der Miami Ad School leidenschaftlich gern über die Schweizer Werbebranche. 2012 wurde Regula Fecker in den Verwaltungsrat der SRG gewählt.

Alexander Jaggy arbeitet seit 24 Jahren in der Werbung. Er ist Executive Creative Director und Mitinhaber bei Jung von Matt/Limmat und seit 2001 bei dieser Agentur. Vorherige Stationen waren BBDO Zürich, GGK Zürich, Springer und Jacoby in Hamburg, Jung von Matt Hamburg. Alexander Jaggy ist Vorstandsmitglied ADC Schweiz und Mitglied ADC Deutschland. Er ist auch Absolvent der Berlin School of creative leadership. Zu sehen sind von Alexander Jaggy und seinem Team aktuell diverse Arbeiten für die Migros, Max Shoes oder Graubünden.

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WW: Sie waren 2010 bereits einmal «Werberin des Jahres». Wer diesen Titel trägt, gilt auch als Schweizer «Botschafter der Werbung». Ist Ihre Botschaft inzwischen eine andere?
Regula Fecker: Ich freue mich zuerst einmal einfach sehr über die Anerkennung der Branche für die Arbeit, welche ich zusammen mit meinen Partnern mit Rod seit sieben Jahren leisten darf. Meine Botschaft ist immer noch dieselbe – ein Anspruch für mich, für Rod, für die Branche, ein Commitment gegenüber den Auftraggebern, nämlich «A Bigger Bang for the Buck».

Sie waren – neben vielem – in Ihrer Jugend Sänger in einer Rockband. Was ist vom Rocker geblieben?
Alexander Jaggy: Jedenfalls nicht die langen Haare – Musik ist immer noch ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Das Unverzichtbarste in einer Band ist der Teamgeist. Ohne ihn geht gar nichts. Diesen Spirit versuche ich jeden Tag in unserer Agentur zu verbreiten. Seit meiner Bühnenzeit habe ich eine gewisse Unerschrockenheit, was Auftritte angeht. Vor Präsentationen bin ich darum kaum nervös. Wer regelmässig in Gemeindesälen vor einer Handvoll kritischer Zuschauer singen musste, den bringt fast nichts mehr aus der Ruhe.

Bietet die Werbung für einen Kreativen heute mehr Möglichkeiten zur Entfaltung als früher?
Fecker:
Ja, das finde ich. Inhaltlich, konzeptionell, technisch, medial – ein Spielplatz an neuen Möglichkeiten liegt vor uns. Aber genau darum muss man sich heute mehr denn je zur Einfachheit zwingen!
Jaggy: Ganz klar ja. Das hängt auch mit dem Medienverhalten zusammen. Das ist nicht mehr linear – morgens Zeitung, mittags Radio, abends Fernsehen. Wir schauen TV-Sendungen, wann wir wollen, und erhalten Nachrichten über soziale Netzwerke. Gleichzeitig steigt die Vielfalt an neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Das ist sehr anspruchsvoll und zeitintensiv, keine Frage. Es macht die Arbeit als Kreativen aber auch tausendmal interessanter.

Es ist aber auch schwieriger geworden, ein immer mehr fragmentiertes Zielpublikum zu erreichen. Sollen die Kreativen diese Aufgabe in Zukunft noch mehr den Suchmaschinen überlassen?
Jaggy:
Technologie ist mittlerweile so fest mit unserem Leben verwoben, dass eine Trennung zwischen der realen und der virtuellen Welt kaum noch denkbar ist. Die grosse Herausforderung wird es sein, das Publikum an der richtigen Stelle mit der richtigen Information zu versorgen. Suchmaschinen können uns bei der Ortung von Zielpersonen helfen, das Angebot muss aber nach wie vor von den Marketern kommen.

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In der Werbung kommen immer mehr «jüngere» Medien zum Einsatz. Wo sehen Sie für einen Kreativen, der mit doppelseitigen Anzeigen und Kinowerbung gross geworden ist, die Chancen und Herausforderungen?
Jaggy: Nicht das Medium ist entscheidend, sondern die Idee. Wer gute Einfälle hat, wird auch in zehn Jahren noch ein gefragter Kreativer sein. Keine Technologie ist in der Lage, eine Strategie zu schreiben oder eine Kampagne zu entwickeln. Darum heisst es gerade in der heutigen Zeit vermehrt: Compi abschalten, Hirn einschalten.

Früher hat die Werbung die gesellschaftliche Berichterstattung in unseren Medien finanziert. Dieses Modell ist am Auslaufen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Fecker: Ganz am Auslaufen ist das Modell nun auch nicht. Aber es findet eine Konsolidierung statt, die Kleinen und die Nischigen sterben, die Vielfalt schwindet. Für Medienmarken ist es heute überlebensnotwendig, möglichst viele Menschen an sich zu binden, denn so bleiben sie für Werbeauftraggeber attraktiv, da man viele auf einen Schlag erreicht. 20 Minuten macht hier unter den Printmedien in der Schweiz seit Jahren den besten Job.
Jaggy: Die Medien finanzieren sich immer noch primär durch Werbung. Allerdings wird der Kuchen anders verteilt. Heute wird eher in digitale und elektronische Medien investiert. Der Journalismus ist letztendlich in derselben Zwickmühle wie die Werbung: Die Kunden sind nicht mehr bereit, schlaue Gedanken und gutes Handwerk angemessen zu bezahlen. Qualität muss sich wieder lohnen.

Wie ist Ihr privater Umgang mit Facebook, Twitter und Ähnlichem?
Fecker: Mein privater Umgang mit Social Media ist völlig irrelevant. Man sollte in unserem Job nie von sich auf andere schliessen.
Jaggy: «I like.»

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Erfolgreiche Werbung muss heute Regeln brechen, wurde kürzlich in einer Trendstudie gesagt. Welche Regeln haben Sie schon mal gebrochen?
Fecker: Am besten, Sie schauen sich unsere neue LOVE-LIFE-Kampagne von Rod an … Hach, ist das eine Freude, wie die ausgeklügelte PR Strategie meines Partners David Schärer aufgeht und alle Regeln bricht! Und wir bereuen nichts.
Jaggy: Mein alter Weggefährte Pius Walker und ich boten einem Auftraggeber mal einen Haufen Geld, damit er ein Inserat von uns umsetzt. Wir waren so überzeugt von der Idee, dass wir ihm unser ganzes Erspartes auf den Tisch legten, etwas über 10 000 D-Mark. Glücklicherweise hat der Kunde das Geld nobel zurückgewiesen und die Anzeige trotzdem geschaltet. Eine Win-win-Situation mit leicht erpresserischen Zügen. Das gebe ich zu.

Sie wurden für Ihre Führungsaufgabe bei Jung von Matt auch an der Berlin School of creative leadership ausgebildet. Was haben Sie dort gelernt?
Jaggy: Die Berlin School war für mich ein Glücksfall. Und ich bin Michael Conrad ewig dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat, an diesem Kurs teil zunehmen. Ich konnte von den Besten der Branche über kreative Führung lernen. Daneben bin in der Welt herumgekommen, habe viele neue Freunde gewonnen und mein Englisch ist auch besser geworden. In lebhafter Erinnerung geblieben ist mir ein Satz des Dekans von der Northwestern University: «The optimist invented the plane. The pessimist invented the parachute.»

Sie wurden auch an der Miami Ad School ausgebildet. Was haben Sie dort gelernt?
Fecker: Wie wichtig es ist, seine eigenen Ideen gut zu präsentieren und zu verkaufen. Das lässt sich nicht delegieren. Wir mussten in Miami jeden Dienstagabend vor 50 Personen auf Englisch eine Kampagne gegen 6 andere Teams präsentieren. Ich habs verabscheut: Schweissausbrüche, Stimmverlust, schiere Panik. Bis mir ein Dozent sagte: «Weisst du was? Niemand in diesem Raum wünscht sich, dass du scheiterst. Denn das ist einfach unerträglich zum Zuschauen.»

Sie beide haben längere Zeit im Ausland gearbeitet. Was hat ihnen diese junge Erfahrung fern von der Schweiz gebracht?
Jaggy: Gleich nach meiner Zeit bei der GGK Zürich bin ich nach Deutschland gegangen. Der Schritt ins Ausland hat mich offener und kompetitiver gemacht. Springer & Jacoby war mein persönliches Stahlbad. Hart in der Sache, menschlich im Umgang. Die Philosophie der drei Es – Einfach, Exakt, Einfallsreich – prägt mich bis heute.
Fecker: Ich ging als Junior und kam als Senior.

Sie haben ebenfalls noch jung eine eigene Agentur gegründet. Was denken Sie heute über diesen Entscheid?
Fecker: Es macht mich extrem stolz, was David Schärer, Oliver Fennel, Pablo Koerfer und ich zusammen mit unserem Team in den letzten Jahren erreicht haben. Und für welche Kunden wir heute als Leadagentur arbeiten dürfen – BAG, Baloise, Erdgas, Hotelplan, LAAX, MINI, Migrolino, Mobility, Sinalco, SBB, 20 Minuten … gute Marken, gute Menschen, ein grosses Privileg.

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Was gefällt ihnen an der Arbeit an der Spitze von Rod Kommunikation?
Fecker: Ich bin gar nicht an der Spitze, das ist nämlich Pablo Koerfer, unser Geschäftsführer. Aber um auf ihre Frage zurückzukommen: Es gefällt mir, dass wir schnelle Wege haben, unbürokratisch sind, und ich persönlich nicht manage, sondern selber auch für unsere Kunden arbeite, ihre Probleme löse und direkt erfahre, was funktioniert hat und was nicht.

Nicht nur Regula Fecker, auch andere Ihrer Wegbegleiter haben eigene Agenturen gegründet. War das nie eine Idee auch für Alexander Jaggy?
Jaggy: Eine eigene Agentur ist momentan kein Thema. Ich bin sehr glücklich mit meinem Umfeld in der Agentur. Wir haben eine starke Crew zusammen und wollen noch einiges bewegen. Als Teilhaber der Agentur begnüge ich mich vorerst mit dem J in JvM.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit als ECD bei Jung von Matt/Limmat?
Jaggy: Am allermeisten Spass macht mir die Arbeit mit Menschen. Auf Agentur- oder Kundenseite. Ich unterscheide da nicht mehr gross. Mir gefällt die Vielseitigkeit in meinem Beruf. Und ich mag komplexe Aufgaben. Es ist, als löste man ein Rätsel, ohne die Möglichkeit, die Lösung nachschlagen zu können. Das hat etwas Reizvolles.

Es gibt bei den Agenturen die grossen Dampfer und die wendigen Schnellboote. Was sind die Vorteile der beiden Modelle?
Jaggy: Ich kenne nur ein paar wenige Schnellboote, die dies auch konsequent geblieben sind. Diese Agenturen verdienen den grössten Respekt. Um gewisse Projekte stemmen zu können, braucht man jedoch Talent und Kapazität. Und das geht nur mit einer kritischen Masse.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Fecker:
Auf einem Bauernhof im Zürcher Oberland mit einer zum Arbeiten umgebauten Scheune: ein Bein im Gemüsegarten, ein Bein im Business.
Jaggy: Ehrlich gesagt, habe ich keine Vorstellung davon. Vielleicht sollte ich mal Mike Shiva konsultieren.

Angenommen, wir möchten mit dem «Werber des Jahres » eine Homestory realisieren. Was dürfen wir zeigen oder verraten und was nicht?
Jaggy: Sie kriegen von mir kein Bild im Schaumbad. Ansonsten bin ich relativ entspannt.
Fecker: Begleiten Sie mich doch einfach einen Tag mit der SBB durch die Schweiz, dann sind wir zusammen «unterwegs zuhause». Dabei würden wir sehr viel Kaffee trinken, reden und die Schweiz beobachten und analysieren. Näher an eine Homestory würde ich Sie wohl nicht ranlassen.

Interview per Chat: Andreas Panzeri

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