Exklusiv: Plagiatsvorwurf gegen Saatchi & Saatchi

Die Agentur Ogilvy & Mather Deutschland ist wenig erfreut über das Gabel-Sujet, das Saatchi & Saatchi für Unicef kreiert hat. Managing Director Ulrich Tillmanns spricht von einem Plagiat. Die Zürcher Agentur weist die Anschuldigungen entschieden zurück.

Stein des Anstosses ist die Gabelhand, welche die Zürcher Agentur Saatchi & Saatchi vor wenigen Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Nicht schlecht gestaunt hat Ulrich Tillmanns, Managing Director der Düsseldorfer Agentur Ogilvy & Mather, als ihm einer seiner Mitarbeiter den entsprechenden Beitrag auf Werbewoche.ch gezeigt hat. Zu vertraut schien ihm die Idee mit der Gabel in Handform. Man habe, so Tillmanns gegenüber Werbewoche.ch, diese Idee schon im letzten Jahr entwickelt und vor Monaten in Deutschland lanciert. Die Rede ist von der Kampagne «Helfende Hände» für die Düsseldorfer Tafel e.V., welche im Rahmen des Düsseldorfer Gourmetfestivals vom 24. bis 26. August 2012 präsentiert wurde. Seit fast zehn Jahren arbeite man mit der wohltätigen Organisation zusammen und unterstütze ihre Ideen im Rahmen von Pro Bono-Etats. Die Düsseldorfer Tafel verteilt überschüssige Lebensmittel des Einzelhandels an Bedürftige, monatlich wird auf diesem Weg der Hunger von 28’000 Menschen gestillt.

Gabel in physischer Form

Tatsächlich sehen sich die beiden Sujets zum Verwechseln ähnlich: Eine Gabel, die in Form einer Hand um eine Gabe bittet – oder bettelt. Im Gegensatz zur Version von Saatchi & Saatchi blieb es bei Ogilvy & Mather Deutschland jedoch nicht beim Sujet: «Die Gabel wird in Kooperation mit dem Besteck-Hersteller WMF physisch hergestellt, die 10’000 produzierten Stück werden im Rahmen der Tafel-Promotion an Events zu jeder Mahlzeit ausgegeben», so Tillmanns gegenüber Werbewoche.ch. Wer das Besteckstück behalte, spende automatisch den zuvor als Pfand hinterlassenen Betrag zugunsten der Organisation Tafel e.V. Diese Gabel sei mittlerweile in der Öffentlichkeit verankert.

Doch auch die wohltätigen Hintergründe von Tafel e.V. und Unicef lassen Tillmanns eines nicht vergessen: «Die Agenturen sind Teil des Ideen-Business. Da zählen nur Ideen – egal ob es sich um ehrenamtliche oder hochbezahlte Engagements handelt.» Man plane die Gabel bei Awards einzureichen und könne deshalb nicht einfach so hinnehmen, dass die Idee wenige Monate nach der Lancierung nochmals in einer Kampagne auftauche. Vorstellen kann sich Tillmanns zwei Szenarien: «Erstens: Die Idee wurde geklaut und für den Schweizer Markt adaptiert. Zweitens: Beide Agenturen hatten zu unterschiedlichen Zeitpunkten die selbe Idee». In beiden Fällen wolle man aktiv werden und sich mit der Zürcher Agentur in Verbindung setzen. Erziele man auf diesem Weg keine Einigung, werde man den Rechtsweg einschlagen und auf Unterlassung klagen.

«Der Plagiatsvorwurf ist unhaltbar»

Die Plagiatsvorwürfe aus Deutschland weist Saatchi & Saatchi in aller Deutlichkeit von sich. Die Agentur habe sowohl die Inhaltsidee, wie auch die Umsetzungsidee absolut selbstständig entwickelt und zu keiner Zeit auch nur irgendwelche Elemente von anderen Agenturen oder Kampagnen verwendet, so Marlon Chng, Client Service Director & Senior Digital Expert gegenüber Werbewoche.ch. Die Agentur setzte sich zwar immer zum Ziel, einzigartige Kreationen und Kampagnen zu entwickeln, jedoch sei auch Saatchi & Saatchi nicht davor gefeilt, dass die eignen Ideen mit denjenigen von anderen Agenturen irgendwo auf der Welt eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen würden. Dies gelte auch im Fall der Fingergabel: Die Idee sei naheliegend, denn eine Gabel erinnere mit ihren fünf Fingern grundsätzlich an eine Hand. Die kreative Leistung liege in diesem konkreten Fall weniger bei der Idee, als bei deren kreativen Umsetzung. Nach fünf Minuten Internetrecherche merke man, dass die Grundidee der Handgabel alles andere als neu sei. Chng belegt diese Aussage mit verschiedenen Anschauungsbeispielen für kommerzielle Anwendungen des handförmigen Besteckteils.

Chng, der auch als Dozent für Kommunikationsrecht an der Simakom Luzern tätig ist, kommt zum Schluss: «Wir sind daher entschieden der Meinung, dass hier in keiner Art und Weise von einem Plagiat gesprochen werden kann, da die Idee der «Fingergabel» auch bereits lange vor der Kampagne von Ogilvy & Mather existierte und auf zahlreiche Arten umgesetzt wurde. So hat uns eine befreundete Agentur nach unserer Pressemitteilung ein Bild mit Gruss geschickt, um mit einem Augenzwinkern und auf sportlicher Basis mitzuteilen, dass es das in ähnlicher Form auch in der Schweiz schon gab – und zwar bereits 2006.» (Bild: Siehe unten).

Aber der Vorwurf sei auch dann unhaltbar, wenn man das Ganze aus einer zeitlichen Dimension betrachte, fügt Chng an. So sei der früheste Moment, in dem man via Pressemitteilung von der Tafel-Kampagne hätte erfahren können, der 16. August 2012 gewesen. Bereits am 3. August habe Saatchi & Saatchi jedoch Unicef kontaktiert und über die Idee, welche Anfangs Jahr entstanden sei, informiert (die Konversation mit Unicef liegt Werbewoche.ch vor).

Wie der Gabel-Streit weitergeht, wird sich zeigen. Beide Parteien scheinen sich ihrer Sache ziemlich sicher und nicht gewillt, der Gegenseite Zugeständnisse zu machen.

Thomas Häusermann

Aktionsplakat
Kampagne «Helfende Hände» von Ogilvy & Mather Deutschland

Gabel-in-Anwendung
Die von Ogilvy & Mather entwickelte Handgabel, Auflage 10’000 Stück

Unicef-DE_0
Das Sujet von Saatchi & Saatchi für Unicef

meyer-werbung-2006
Das Sujet von Meyer Werbung (2006)

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