Online-Recruiting: Social Media und Mobile im Vormarsch

Facebook, Twitter, Xing und Linkedin – immer häufiger finden Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Social-Media-Plattformen zueinander. Und immer öfters sind dabei mobile Endgeräte im Spiel.

Zwar suchen viele Arbeitnehmer noch vorwiegend über Printmedien, Stellenbörsen, Personalvermittler und Firmen-Websites nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Und ebenso setzen Firmen für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter nach wie vor gerne auf die traditionellen Kanäle. Zunehmend wichtiger werden aber soziale Netzwerke, wie der vierte Trend-Report des Recruiting-Spezialisten Prospective Media Services zum Thema «Online-Recruiting » zeigt.

Muss eine Stelle neu besetzt werden, kontaktieren Recruiter vermehrt nicht mehr CV-Datenbanken, sondern suchen in Social Networks nach möglichen Kandidaten. In der Deutschschweiz wurden bereits 12% der Arbeitnehmer auf diesem Weg von einem Recruiter angesprochen. Gleichermassen stossen Arbeitnehmer über Xing oder Linkedin auf ein Stellenangebot oder werden via Facebook und Twitter auf einen Job aufmerksam gemacht. Während in der Deutschschweiz bei den Business- Portalen Xing die Nase vorn hat, ist in der Westschweiz Linkedin das meist genutzte Netzwerk (siehe Abb. 2). Differenzen gibt es allerdings zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. So wird das Karriereportal Xing von Unternehmen für die Stellenausschreibung häufiger genutzt, als es Arbeitnehmer für die Suche verwenden. «Wir vermuten, da Xing in erster Linie keine Jobbörse, sondern ein Business-Netzwerk ist, nutzen es Interessenten weniger ‹bewusst› für die Stellensuche», erklärt sich Bea Schellenberg von Prospective Media Services die Diskrepanz. «Arbeitgebern bietet Xing hingegen die Möglichkeit, passenden Kandidaten Jobvorschläge direkt auf das Xing-Profil anzuzeigen und damit auch latent Suchende anzusprechen. Zudem ist Xing insbesondere für die Direktansprache von Kandidaten geeignet.»

Nachholbedarf scheint dagegen auf Arbeitgeberseite bei Google+ (g+) zu bestehen. Viele Arbeitnehmer nutzen g+ bereits zur Stellensuche. Unternehmen berücksichtigen diesen Kanal dagegen noch kaum. Ähnliches gilt in der Deutschschweiz für den Kurznachrichtendienst Twitter, der sich derzeit bei Arbeitnehmern (noch) grösserer Beliebtheit erfreut als bei den Arbeitgebern.

Via Facebook zum neuen Job

Die Arbeitsmarktstudie legt deutlich dar, dass nicht nur Business-Netzwerke, sondern auch solche, die traditionell eher privat genutzt werden, bei der Stellensuche beziehungsweise dem Recruiting eine wichtige Rolle spielen. Allen voran Facebook. Jeder fünfte Arbeitnehmer hat schon einmal ein Jobangebot entdeckt, das jemand aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis auf Facebook gepostet hat. Die Arbeitgeber, die letztes Jahr im Bereich Recruiting bezüglich Facebook-Nutzung noch hinter den Arbeitnehmern zurücklagen, haben aufgeholt und setzen das Netzwerk nun vermehrt zur Mitarbeitersuche ein. Zum Beispiel, indem sie Vakanzen auf ihrer Fanpage publizieren. Oder, indem sie die Netzwerke der Mitarbeiter zur Rekrutierung nutzen. Stellen finden dann nicht mehr über herkömmliche Stellenportale den Weg zu den Interessenten, sondern werden via Mitarbeiter an ihre Facebook-Freunde weitergeleitet. So wie begehrte Wohnungen innerhalb des Bekanntenkreises weitergegeben werden, schreiben Unternehmen Stellen über die Netzwerke ihrer Mitarbeiter aus. «Das ist, wie wenn ich eine Wohnung im Seefeld zu vergeben habe. Die schreibe ich nicht unbedingt auf Homegate aus», veranschaulicht Matthias Mäder, CEO von Prospective Media Services, das Beispiel. In der Schweiz noch selten genutzt werden Facebook-Karriere-Fanpages. Auf einer solchen Seite, die zusätzlich zur normalen Facebook-Präsenz geführt wird, stellt sich ein Unternehmen potenziellen Mitarbeitern vor und informiert über aktuelle Jobs. Eine Fotostrecke gibt Einblick in die Firma und den ausgeschriebenen Job. Wer will schon nicht wissen, wie sein neuer Arbeitsplatz, die Kantine, das Bürogebäude und der Pausenraum aussehen. Oder: Die Person, die das Unternehmen verlässt, wird in die Suche eingespannt. «Es ist eine Tendenz, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter immer mehr in die Rekrutierung einbeziehen», so Mäder. Nicht mehr die Firma, sondern der Mitarbeiter selbst sucht nach seinem Nachfolger. Beispielsweise erklärt er in einem Video, wie sein Job und der Arbeitsalltag aussehen. Durch das sogenannte Employee-Branding bekommt das Unternehmen eine ganz andere Visibilität. Und der Stellensuchende erhält Informationen aus erster Hand und darüber hinaus einen direkten Kontakt, an den er sich bei Fragen wenden kann. «Mit einer Karriere-Fanpage kann sich ein Unternehmen einfach gegen aussen öffnen und sich authentisch präsentieren », fasst Mäder die Vorteile der Karriere- Fanpage zusammen.

Gepflegt wird die Karriere-Fanpage durch den HR-Bereich des Unternehmens, der damit über einen eigenen Kanal verfügt, um einen Draht zu potenziellen Bewerbern aufzubauen. Eine Möglichkeit, von der in Deutschland schon diverse Unternehmen – unter anderen Audi, Deutsche Bahn, Volkswagen oder IBM – Gebrauch machen. In der Schweiz verfügen beispielsweise der Versicherungskonzern Baloise Group oder das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG über eine entsprechende Seite.

Mobile Recruiting

Die Zunahme orts- und zeitunabhängiger Internetnutzung bestimmt auch die Entwicklungen in der Stellensuche beziehungsweise im Recruiting. So gehört 2012 zu den grossen Trends neben Social Media das Mobile Recruiting. 17% der Smartphone- Besitzer wenden ihr Gerät bereits zur Stellensuche an. 18% haben ausserdem eine spezifische App einer Job-Plattform heruntergeladen, um unterwegs die Stellenangebote zu prüfen. Die Arbeitgeber hinken deutlich hinterher: Lediglich 1,7% nutzen gegenwärtig eine Mobile-App, um ihre Stellen auszuschreiben. Das Interesse der Unternehmen ist aber geweckt: 29% prüfen derzeit Möglichkeiten im Mobile Recruiting.

Dabei geht es Unternehmen einerseits darum, die Stelleninserate mobile-fähig aufzubereiten, damit die Angebote für den Nutzer attraktiv dargestellt werden. Andererseits muss definiert werden, ob eine Bewerbung mobil möglich sein soll. Hier kommt die Profilbewerbung ins Spiel: Da Nutzer zum Beispiel auf dem iPhone in der Regel weder den Lebenslauf noch ein Motivationsschreiben bereit haben, lässt der Bewerber stattdessen sein Xing- oder Linkedin- Profil dem Recruiter zukommen, der dieses auf seine Eignung überprüft. Passt das Profil, kann der Bewerber anschliessend das Motivationsschreiben und den CV nachreichen. «Gerade für Berufe, in denen der Bewerbermarkt ausgetrocknet ist – im Pflegebereich oder im Ingenieurwesen –, könnte es spannend sein, potenzielle Bewerber auf diesem Weg anzusprechen », so Mäder. Insbesondere Kandidaten, die viel unterwegs sind, könnten sich so mühelos bewerben. Weniger interessant dürfte die Profilbewerbung für Stellen sein, bei denen der Pool an Bewerbern gross ist. «In solchen Fällen wird der Recruiter vermutlich keine Profilbewerbung zulassen, da er ansonsten mit Bewerbungen überflutet wird.»

Handfeste Bewerbungen

Ob sich Profilbewerbungen bei den Arbeitnehmern – wenn auch nur in bestimmten Bereichen – durchsetzen können, wird sich zeigen. Denn punkto Bewerbung scheinen die Arbeitnehmer wenig experimentierfreudig, ja sogar ausgesprochen konservativ. 75% der Arbeitnehmer nutzen nach wie vor gerne die Printbewerbung, um sich einem Arbeitgeber vorzustellen. Ein Ergebnis, das erstaunt. «Ich persönlich glaube, dass Bewerber mit der Printbewerbung auffallen wollen», erklärt sich Mäder das Festklammern am Papier. «Ein Dossier in einem rosaroten Mäppchen fällt auf dem Tisch des Recruiters auf, wenn er seine ABC-Häufchen macht.» Schellenberg bestätigt: «Viele haben das Gefühl, eine Bewerbung, die man in die Hände nehmen kann, wirke mehr.» Was viele nicht zu wissen scheinen: Firmen ziehen eine E-Mail-Bewerbung dem Printdokument vor. Schliesslich arbeiten die meisten Unternehmen im Recruting mit IT-Systemen und wollen Printbewerbungen nicht zuerst einscannen, um sie überhaupt bearbeiten zu können.

Isabel Imper

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Abb. 1: Anteil Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die in einem bestimmten Medium Stellen ausschreiben bzw. Stellen suchen (in %); links Deutschschweiz, rechts Westschweiz.

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Abb. 2: Vergleich der verschiedenen Netzwerke nach Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Deutsch- und Westschweiz.

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