Mann ohne Scheuklappen

Mike Gut ist neuer Geschäftsführer von ProSieben (Schweiz) und Sat.1 (Schweiz). Er will im April noch einmal ein neues Fensterprogramm lancieren.

Mike Gut ist neuer Geschäftsführer von ProSieben (Schweiz) und Sat.1 (Schweiz). Er will im April noch einmal ein neues Fensterprogramm lancieren.Er hat nicht nur drei Visitenkarten – eine für SevenOne Media, eine für Sat.1 (Schweiz) und eine für ProSieben (Schweiz). Er hat auch verschiedene Talente. Mike Gut lebt in einer immer wieder neuen Spannung zwischen seinen Parallel-Jobs als Journalist und Manager. Welche von seinen Karten die beste ist, kann er deshalb nicht sagen. Bestimmt einer der interessantesten Trümpfe seiner Karriere ist aber jetzt die Chance, für ProSieben aus dem Schweizer Werbefenster einen richtigen Kanal mit einem eigenständigen und schweizerischen Programm zu machen. Mit dem neuen Fernsehgesetz in der Schweiz braucht es dazu ab April kein Konzessionsgesuch mehr. Diese Pläne der SevenOne Media (Schweiz) haben Mike Gut als Nachfolger von Christian Gartmann für die Leitung der beiden Sender Sat.1 und ProSieben prädestiniert. Journalist und Manager gleichzeitig, das muss heute jemand sein, wenn er beim Poker um das Publikum die richtigen Asse erkennen und ausspielen will.
Sein mediales Handwerk hat Gut bei Radio Z gelernt. «Vom Volontär bis zur Geschäftsleitung» wirkte er seit Januar 1990 insgesamt 13 Jahre bei diesem Sender, die ersten 10 Jahre journalistisch. Gut war Redaktor, moderierte Morgensendungen, war Chef vom Dienst und wurde schliesslich Sportchef. Dann wechselte er vom Programm ins Marketing. Er habe sich das Angebot drei Tage lang überlegt. «Vermisse ich das Mikrofon?» Schon bald entdeckte er aber «noch viel mehr Spass am Medien-Management». Drei Jahre lang und bis kurz vor dem Verkauf an die Energy-Gruppe war Mike Gut Marketingleiter und Mitglied der Geschäftsleitung.
In seiner Zeit als Sportchef hat er als erster in der Schweiz den Wiederverkauf von journalistischem Content eingeführt. Bei grossen Events wie den Olympiaden in Nagano und Atlanta hat Radio Z sich die Spesen seines Reporters mit dem Wiederverkauf der Berichte an zwölf verschiedene Privatradios finanziert.
Als Marketingleiter hat Gut nicht nur Sponsoren für neue Sendungen akquiriert. Unternehmerisch aktiv werden konnte er auch im Bereich Personal, Finanzen und Technik. Nach der Neupositionierung als Hitradio Z hat er 2002 den Bau eines neuen Studios betreut, «das damals modernste in Europa». Spass machte ihm das politische und technische Durchboxen eines 42 Meter hohen Sendeturms im Glattal. Mike Gut wird von Kollegen als ein «Macher in den Medien» bezeichnet. «Mit vielen Leuten verhandeln und am Schluss ist ein Resultat da», sieht er als seine schönste Befriedigung bei der Arbeit.
Manager und Moderator. Damit er seine Ziele fundiert verfolgen kann, hat Gut sein Pensum beim Radio einmal kurzfristig auf 40 Prozent reduziert und an einer Fachhochschule ein Studium in Betriebsökonomie abgeschlossen. Ebenfalls «nebenbei» unterrichtet er selber auch heute noch Medienkunde an einer höheren Fachschule, der Internationalen Schule für Touristik in Zürich.
Der neue Geschäftsführer von ProSieben und Sat.1 (Schweiz) hat «schon immer gewusst», dass er einmal in den Medien arbeiten will. Und zwar in den elektronischen. Als Teenager, «wo Musikhören ohnehin eine wichtige Rolle spielt», verfolgte er in der Mittelschule fasziniert das Aufkommen von Radio 24. In einer Gruppe von Mitschülern träumte man damals sogar von einem eigenen Radio. «Wir machten regelmässig unsere Gedankenspiele und fantasierten rund um Konzepte.» Die vier waren nicht nur Träumer. Einer ist heute Chefredaktor von Radio Zürisee, ein anderer Reporter bei der «Tagesschau», der dritte Verlagsleiter beim Oltner Tagblatt.
Und Mike Gut hat nach seinem Wegzug von Radio Energy – kurz vor dieser Neufirmierung – beim Bakom tatsächlich ein eigenes Konzessionsgesuch eingereicht. Rund neun Monate arbeitete er am Konzept für ein Zürcher Jugendradio, suchte Investoren für sein «Radio Max» und fand diese auch. Doch die Konzessionsvergabe ist immer noch hängig. Ein erster Zuschlag ging bekanntlich an DJ Radio. Darauf reichte Giuseppe Scagliones Radio 105 Rekurs ein. In dieser Woche nun haben sich Scaglione und Mike Gut zusammengeschlossen, um gemeinsam ein überarbeitetes Gesuch einzureichen. «Wir sind zwei, welche bezüglich Radio die gleiche Sprache sprechen.» Im Falle einer Konzession würde Gut an diesem Radio als Privatperson beteiligt sein.
Bei seinen TV-Jobs bei SevenOne Media macht es Gut Spass, Neues konzipieren zu können. Timeslots für das neue Fenster suchen, Preislisten erstellen, mit Kunden und Produzenten reden, verschiedene Elemente zusammen fügen, damit am Schluss «etwas entsteht, das alle gut finden – aber nicht auf Kosten von anderen», meint der Geschäftsführer von gleich zwei Fenstern.
Inhaltlich will er sich «stark einbringen» – ein Grund, wieso ihm dieser Job angeboten wurde. Da ein Programmfenster von Sponsoring finanziert ist, «wollen die Sponsoren mitreden, und der Produzent ist unter Druck, weil er finanziell abhängig ist». In diesem Spannungsfeld will der Manager Gut mit seinem journalistischem Background die Supervision wahrnehmen und neue Sendungen konzeptionell begleiten.
Für Gut ist ein Job beim Fernsehen nicht völlig neu. Schon 1993 war er bei Züri 1 dabei, einem Projekt, das noch vor Tele Züri kurzfristig über den Bildschirm flimmerte. Auf dem Testkanal der Rediffusion gestalteten damals unter anderen die Züri Woche, IP Multimedia und Eden TV ein gemeinsames Programm-Sammelsurium. Mike Gut moderierte neben einer Partnerwahl- und einer Tiersendung auch eine Talkshow im Taxi und «Werbewoche-TV».
Privat lebt der hyperaktive Medienmacher als Gegenwelt gerne in der ruhigen Landschaft von Au am Zürichsee. In seiner Freizeit liebt er das Kochen, und nach leidenschaftlichem Snowboarden hat er wegen seiner achtjährigen Tochter jetzt auch wieder das Skifahren entdeckt.
Andreas Panzeri

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