Beim Migros Magazin werden die publizistischen Hierarchien eingestampft

Ab sofort gibt es beim Migros Magazin keine Redaktionsleitung mehr. Die bisherige publizistische Leiterin, Yvonne Samaritani, ist ihres Amtes enthoben worden. Auch Franz Ermel, der bisherige Leiter Content bei den Migros Medien, musste seine bisherige Leitungsfunktion abgeben.

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Im Bereich Content der «Migros Medien» bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Nach Recherchen von Werbewoche.ch hat die oberste Verantwortliche des Kommunikations-Departements des Migros-Genossenschafts-Bunds (MGB), Sarah Kreienbühl, wieder kräftig umgestellt. Das Migros Magazin (MM) hat seit dem 1. April 2019 keine Redaktionsleitung mehr. Abgesetzt von dieser Funktion wurde deshalb die bisherige Amtsinhaberin Yvonne Samaritani. Die 34-Jährige war nicht einmal ganz ein Jahr auf diesem Posten.

Von Absetzung will Samaritani aber nicht sprechen, man organisiere sich einfach neu: «Wir bilden in der Direktion Kommunikation & Medien einen Newsroom, um unsere strategischen Themen Essen, Gesundheit & Schönheit, Familie, Gesellschaft & Migros zu stärken und miteinander die diversen Medientitel und Online-Channels zu bespielen. Entsprechend gibt es in Zukunft keine Redaktionsleiter mehr, sondern Themenverantwortliche und Kanalverantwortliche», erklärt die Bernerin.

Nur noch eine Ressort-Verantwortlichkeit

Yvonne Samaritani, die vor der Migros bei Xing Schweiz und Women in Business tätig war, wird beim MGB ab sofort das neue Ressort «Familie» betreuen. «Wir werden die Medientitel und die Online-Channels mit Porträts, Interviews, Reportagen und viel Service-Themen beliefern.» Insgesamt sind der Ex-Redaktionsleiterin noch vier Mitarbeiterinnen unterstellt. Ihr Ziel sei es aber auch neue Plattformen für Familienthemen zu entwickeln, schliesslich sei das Thema im ganzen Migros Universum tief verankert. 

Ob sie nicht frustriert sei angesichts der Degradierung, will Werbewoche.ch wissen. Denn bis zum 31. März, war die Journalistin neben ihrer Verantwortung als MM-Redaktionsleiterin auch für das Ressort «Gesellschaft und Familie» zuständig, das nun aufgeteilt wurde. Samaritani wurden somit insgesamt Dreiviertel ihrer Verantwortung entrissen. «Führungsarbeit, Weiterentwicklung eines strategischen Themas, kanalspezifische Aufbereitung von Geschichten und natürlich das Entwerfen von gutem Content: Ich bin in der Themenverantwortung definitiv am richtigen Ort», so die Antwort Samaritanis.

Dass das Migros Magazin mit drei Millionen Leserinnen und Leser in der Deutsch- und Westschweiz aufgrund des Spardrucks immer mehr zum Marketinginstrument der Migros wird, zeichnet sich schon eine Weile ab. Der langjährige publizistische Chef des Migros Magazins, Hans Schneeberger, durfte sich während seiner fast 14-jährigen Amtszeit noch «Chefredaktor» nennen. Per 1. Januar 2018 stellte sich das Medienhaus der Migros neu auf und Yvonne Samaritani wurde nur noch der Titel «Redaktionsleiterin» zugestanden (Werbewoche.ch berichtete). Jetzt hat man die publizistische Hierarchie ganz entsorgt.

Mit Samaritani startete beim orangen Riesen – eine Stufe höher – auch der frühere Watson-Mann Franz Ermel. Bisher war Ermel Leiter Content aller Migros-Redaktionen; dazu gehörten neben den beiden Migros Magazinen auch Vivai, Migusto und Impuls. Auch Ermels Verantwortungsbereich ist mit der aktuellen Reorganisationsrunde stark verkleinert worden. Neu ist der frühere Content-Chef nämlich nur noch als Kanalverantwortlicher für die beiden Migros-Magazine (deutsch und französisch) tätig. Und der bisherige Redaktionsleiter des Migros Magazine, Steve Gaspoz, figuriert neu noch als Blattmacher der französischsprachigen Ausgabe. Bis ein Blattmacher für das «Migros Magazin» gefunden ist, wird Franz Ermel interimistisch auch die Funktion als deutschsprachiger Blattmacher übernehmen. Thomas Brügger wurde zum neuen Leiter des Bereichs Content ernannt. Ermel wurde von Brügger also ersetzt.

Organigramm ist neu eine Matrix

War die Direktionschefin Sarah Kreienbühl vielleicht nicht zufrieden mit den Leistungen der Entmachteten? Niemand sei degradiert worden und niemand sei mit der Arbeit anderer Personen unzufrieden gewesen, sagt MGB-Sprecher Patrick Stöpper gegenüber Werbewoche.ch: «Wir führen lediglich unsere Umsetzung eines Newsrooms weiter. Dazu gehört die konsequente Aufteilung von Themen und Kanälen.» Es sei wichtig, das Organigramm bei den Migros Medien nicht als «top down» zu verstehen, sondern eher als Matrix, unterteilt in Themen und Kanäle. 

Die grosse Änderung im MGB erfolgte im Herbst 2018 mit der Zusammenführung der beiden Direktionen «Corporate Communications» und «Migros Medien». Die Zusammenführung habe sehr gut funktioniert, so der Migros-Sprecher. «Und wir werden die Organisation im Detail laufend aufgrund der eigenen Erfahrungen und Bedürfnissen der Zielgruppen weiter optimieren.»

Der Umbau im MGB am Limmatplatz in Zürich wird also weitergehen. Nachdem im letzten Jahr das Nachhaltigkeits-Magazin Vivai eingestellt wurde, drohe dem Migros Magazin aber nicht das gleiche Schicksal, wie Patrick Stöpper betont: «Nein. Definitiv nicht. Wie andere Medien – wie zum Beispiel Zeitungen – wird sich jedoch auch das Migros Magazin laufend den Leserbedürfnissen entsprechend weiterentwickeln.» Auch Migrosmagazin.ch stehe nicht zur Disposition.

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