"The demand for a total ban on SRG advertising is unworldly"

WERBEMARKT Die drei Grossunternehmen Swisscom, SRG und Ringier wollen eine gemeinsame Vermarktungsorganisation gründen und ab 2016 ihr Werbeinventar in TV, Print, Radio und Online unter einem Dach verkaufen. SWA-Direktor Roland Ehrler zu der neuen Ausgangslage auf dem Werbemarkt. Roland Ehrler, Direktor des Schweizer-Werbeauftraggeberverbandes.MK Was halten Sie grundsätzlich von der Idee dieser neuen Vermarktungsfirma?ROLAND EHRLER Der SWA sieht diesem […]

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Roland Ehrler, Direktor des Schweizer-Werbeauftraggeberverbandes.MK Was halten Sie grundsätzlich von der Idee dieser neuen Vermarktungsfirma?ROLAND EHRLER Der SWA sieht diesem Zusammenschluss «verhalten-optimistisch» gegenüber. Wir sind gespannt in welche Richtungen die Prüfung der Weko führen werden. Wirklich Sinn macht eine Fu­sion aus unserer Sicht, wenn dadurch für die Werbeauftraggeber tatsächlich innovative Angebote lanciert werden können, die es sonst nicht oder erst viel später gegeben hätte.MK Gab es aus Sicht der Werbeauftraggeber einen dringenden Handlungsbedarf für diese ­Fusion?EHRLER Für den SWA gab es keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Die Werbebuchungen bei den drei beteiligten Unternehmen haben bestens funktioniert. Dabei buchen heute die meisten Werbeauftraggeber ihre Werbung über eine Mediaagentur, welche ihrerseits mit den drei Firmen im operativen Kontakt steht.MK Welches ist der grösste Nutzen, den die Werbeauftraggeber daraus ziehen könnten?EHRLER Die angekündigten innovativen und hoffentlich auch partnerschaftlichen Angebote über mehrere Medien, die den Werbekunden helfen, ihre Werbeziele effizienter zu erreichen.MK Welche Nachteile hat dieser neue Vermarktungsplayer für die Werbeauftraggeber?EHRLER Die Vermarktungskonzentration könnte ein monopolitisches Verhalten fördern, wie wir dies von der globalen Konkurrenz kennen. Dort werden AGBs oder Konditionen rasch einmal zu­ungunsten der Werbekunden geändert.MK Passen die drei doch unterschiedlichen Firmen überhaupt zusammen?EHRLER Die drei Firmen unterscheiden sich in der Tat sehr stark und die Mitarbeiter sind damit von sehr verschiedenen Kulturen geprägt. Das Management hat somit in kurzer Zeit viel zu tun, ­damit aus den drei starken Persönlichkeiten eine neue, eigenständige Identität wird. Der noch nicht bekannte Firmenname wird dabei einen wichtigen Beitrag leisten.MK Erst seit Kurzem verkauft Publi­suisse als SRG-Tochter auch das Sponsoring im TV. Jetzt kommen noch Online, Print und Privatradio dazu. Geht das überhaupt und fehlt dabei nicht die Nähe zum vermarkteten ­Content der Medien?EHRLER Wir wissen heute noch nichts über die geplante Verkaufsorganisation. Wird diese nach Mediengruppen, übergreifend oder nach Kundengruppen aufgeteilt? Sicher spielen dabei das Produktewissen und die Nähe zum Content eine wichtige Rolle – dies sollte im Aussendienst nicht verloren gehen. Die grosse Angebots­palette mit TV, Digital, Radio und Print wird auf jeden Fall eine ­Herausforderung, umso mehr diese Medien sich zuvor bekämpft haben und jetzt aus einer Hand angeboten werden sollen.MK Es wurde angekündigt, bereits im 1. Quartal 2016 operativ am Markt zu sein. Ist das realistisch?EHRLER Wenn die drei Firmen dies so kommunizieren, erwarten wir auch, dass diese Umsetzung so klappt. Dabei wird das Timing sicher anspruchsvoll. So müssen bekanntlich bereits in den nächsten Monaten die Kundenvereinbarungen für 2016 getroffen werden, und die TV-Buchungseröffnung für 2016 ist Anfang November. Ich gehe somit davon aus, dass die drei Anbieter erst im Verlauf des nächsten Jahres diese laufenden Prozesse mit den Kunden konsolidieren können.MK Ist diese neue Vermarktungsorganisaton für den Schweizerischen Werbe-Auftraggeberverband vertrauenswürdig?EHRLER Grundsätzlich auf jeden Fall. Der designierte CEO Martin Schneider mit dem VRP Marc Walder sowie den drei renommierten Aktionären aus dem Schweizer Werbemarkt können aus meiner Sicht auf viel Goodwill und Vertrauen zählen. Dies gilt es dann zu bestätigen!MK Die Initianten Swisscom, SRG udn Ringier argumentieren, die geplante Fusion entspreche einem Wunsch der Werbekunden. Was wünschen sich die Werbeauftraggeber von den Medien­anbietern?EHRLER Da gibt es ganz viele Wünsche und ich nenne nur die Wichtigsten:- Eine vielfältige Medienlandschaft mit profilierten Medienmarken, welche für Werbung zugänglich sind.- Attraktive Werbeformen zu ­europakompatiblen Preisen und ausgewiesene Leistungen mit wenig Streuverlusten.- Realistische Leistungswerte aller Medienangebote mit zeitgemässen Forschungsdaten, wenn immer möglich mit Leistungsgarantien.- Reichweitenstarke Medien ebenso wie Nischenangebote mit attraktiven Zielgruppenaffinitäten.- Einfache und bei Bedarf auch kurzfristige Buchungs- und Optimierungsmöglichkeiten in allen Medien.- Faire und transparente Zusammenarbeits- und Abrechnungs­formen mit allen Partnern.MK Da war jetzt kein medienübergreifendes Werbeangebot aus einer Hand dabei!EHRLER Ja, das hat für uns keine direkte Priorität. Fakt ist, dass Werbeauftraggeber bereits heute integrierte Kampagnen über mehrere Anbieter realisieren können. Wenn allerdings mit dieser Fusion attraktivere Werbeformen entstehen, ist dies schon auch in unserem Interesse.MK Was sagen Sie zum ganzen politischen Wirbel, den die Fusion verursacht hat?EHRLER Wenn drei marktwirtschaftlich geführte Unternehmen der Meinung sind, dieses wichtige Werbegeschäft gemeinsam betreiben zu wollen, sollte die Politik dem Markt nicht im Wege stehen. Alles andere sind politische Machtspiele mit Blick auf eigene Interessen. So ist es weltfremd, wenn ein Verlegerverband heute nach 50 Jahren TV-Werbung in den SRG-Programmen ein totales Werbeverbot fordert! Der SWA wünscht sich Werbefreiheit – und keine Einschränkungen in den Medien, weder für die Privaten noch für die SRG.MK Kann es der neue Vermarkter damit gegen Firmengiganten wie Google, Facebook und Co. aufnehmen?EHRLER Gegen die globale Marktmacht der weltweit grössten Suchmaschine ist derzeit kein Kraut gewachsen und viele Werbeauftraggeber arbeiten heute bereits sehr erfolgreich mit diesen globalen Playern zusammen. Diese Anbieter haben eine starke Position im Digitalmarkt und decken viele Bedürfnisse der Werbeauftraggeber hervorragend ab. Einen grossen Einfluss der geplanten Schweizer Fusion auf die Geschäfte dieser globalen Player sehe ich im Moment noch nicht.MK Wie geht der SWA als Verband mit dieser angekündigten Veränderung im Schweizer Werbemarkt um?EHRLER Dieser Zusammenschluss hat bei uns eine hohe Priorität. Dabei sind wir und bleiben wir mit allen grossen Marktpartnern in Kontakt und werden uns auch bei der Weko melden.Interview: Simon Wolanin

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