«Fehleinschätzung der Werber»: Bündner Verwaltungsgericht rüffelt Bergün-Kampagne

Das von Jung von Matt/Limmat kreierte Fotografierverbot in Bergün hat im Sommer 2017 über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. Nun hat sich das kantonale Verwaltungsgericht Graubünden der Kampagne angenommen.

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Im Mai hat Bergün mit einer von Jung von Matt/Limmat entwickelten Kampagne die Gemüter erhitzt: Die Gemeindeversammlung habe beschlossen, ein Fotografierverbot zu erlassen, da schöne Ferienfotos in sozialen Medien erwiesenermassen unglücklich machten (Werbewoche.ch berichtete).

Die Aktion sorgte – auch jenseits der Landesgrenzen – für grosses mediales Aufsehen. Aber auch für viele kritische Stimmen. Nicht nur von empörten Menschen, welche die Kampagne nicht als solche erkannten. So bezeichnete etwa Ex-Werber Frank Baumann das Foto-Verbot als «plumpe Aktion» und «absolut doofen Werbegag» (Werbewoche.ch berichtete).

Das Verbot wurde in der Folge wieder aufgehoben. Jung von Matt/Limmat betonte, es habe sich um «eine Aktion in mehreren Akten mit einer geplanten Dramaturgie» gehandelt.

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Gesetz als PR-Instrument missbraucht

Wie die Luzerner Zeitung vom Dienstag schreibt, gelangte ein Bürger mit einer Aufsichts- und Verfassungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons Graubünden. In seinen Augen missbrauchte die Gemeinde Bergün ein Gesetz als PR-Instrument – an der Art und Weise störte er sich. Ausserdem wollte er abgeklärt wissen, ob der Erlass mit übergeordnetem Recht von Bund und Kanton in Einklang gestanden sei.

Das Verwaltungsgericht trat jedoch laut nun vorliegendem Ergebnis nicht auf die Beschwerde ein. Grund: Der beanstandete Erlass sei gar nicht mehr in Kraft und das «Anfechtungsobjekt» von der Bildfläche verschwunden.

Seine Meinung zur umstrittenen Werbekampagne äusserte der zuständige Richter dennoch. Die Luzerner Zeitung zitiert das am 13. Februar eingegangene Urteil: «Durch die Fehleinschätzung der Werber und Initianten, welche zu dieser seltsamen Marketingaktion aufriefen, konnte das Tourismus-Image sicherlich nicht nachhaltig verbessert beziehungsweise gesteigert werden.» Und weiter: «Vielmehr vermochte diese Aktion ein Befremden – wenn nicht gar Empörung und Kopfschütteln bei breiten Bevölkerungskreisen, Naturfreunden und Naturliebhabern – auszulösen, was kaum als gelungene Werbung mit Nachahmungseffekt bezeichnet werden kann.»

Der «medientechnisch verursachte Shitstorm» sei «kaum im öffentlichen Interesse der Gemeinde und der vom Tourismus lebenden Kommunen» gewesen, ist der Richter überzeugt. Weiter bezeichnet er den «Werbegag» als «einmaligen Schildbürgerstreich», der «keiner verfassungsrechtlichen Grundsatzdebatte über die Nutzung und Beschränkungen im öffentlichen Raum» bedürfe. (hae)

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