Der Motz von Butz: Starker Tobak

Warum kann man überhaupt Werbung für ein Produkt verbieten, obwohl es legal ist? Als Ex-Raucher und Werber für Peter Stuyvesant, Flint und Philip Morris macht es mir ziemlich Mühe, das neueste Tabakwerbeverbot zu verstehen.

In der NZZ-Ausgabe vom 23. Mai schrieb Davide Scruzzi, um was es hier geht: «Als Bundesrat Alain Berset am Mittwoch den Entwurf zum neuen Gesetz über Tabakprodukte präsentierte, betonte er, dass es sich um einen Kompromiss zwischen den wirtschaftlichen Interessen und dem Gesundheitsschutz handle. Das Resultat sind aber wenig glaubwürdige und undurchsichtige Regelungen. Das Sponsoring von Grossveranstaltungen durch Zigarettenfirmen bleibt erlaubt. Doch soll ein weitreichendes Werbeverbot für Plakate, Zeitungen und Kinos gelten. Der Verkauf elektronischer Zigaretten mit Nikotin wird neu erlaubt, weil diese laut dem Bund weniger schädlich seien als gewöhnliche Glimmstengel. Gleichzeitig wird dieses Dampfen von Nikotin in öffentlichen Räumen aber verboten. – Just diese Passivrauch-Bestimmung ohne gesundheitliche Begründung zeigt, wie im Tabakgesetz weniger nüchterne Abwägungen der Gesundheitsgefährdung dominieren, sondern der Geist einer bevormundenden Gesundheitserziehung schwebt.»

Das ist jetzt Fakt. Und das ist in meinen Werberaugen eine feige Ungerechtigkeit und zudem eine Bevormundung aller Erwachsenen. Ich habe nebst Zigaretten auch viele umstrittene oder gesundheitsunfördernde Produkte beworben. Ich spreche da z. B. von Nutella, ein tolles Produkt. Auch Boris Becker hat dafür geworben. Nutella enthält viele Kalorien und macht – wie man bei Boris sieht – dick. Nutella- Werbung sollte für Kinder und Jugendliche verboten sein. Nach dem Rostdebakel von Fiat, diesen CO2-ausstossenden 127er, Supermirafioris, Ritmos und Pandas als das «Piacere d’Italianità» habe ich 20 Jahre lang Werbung für diese Marken betrieben. Ich fordere Sie auf, Herr Berset: «Verbieten Sie die Autowerbung, ausser es sind Hybride oder Elektromobile! » (Ihren Ärger mit der Wirtschaft möchte ich nicht teilen.) Es fehlt bei weitem nicht an Beispielen, wo man ernsthaft Restriktionen für Werbekampagnen definieren könnte: Die Fashion-Industrie, die sich ihre Produkte zu Hungerlöhnen im Fernen Osten produzieren lässt. Dass ich Miterfinder der Jägermeister- Kampagne war, ist nun wohl bekannt, wenn nicht, dann spätestens jetzt. Ich denke, auch solche Alkoholika wären werbeverbotgefährdet.

Zurück zum Tabakverbot. Seit einigen Jahren gilt das Rauchverbot in Restaurants. Auf Tabakwaren ist immer eine tödliche Warnung mit einem gruseligen Bild angebracht, und jetzt gilt sogar beinahe totales Werbeverbot. Auf der Nutella-Dose müssten unbedingt fettleibige Jugendliche abgebildet sein. An den Eingängen und in der Werbung von McDonald’s sollte auch auf solche gesundheitsschädigenden Wirkungen hingewiesen werden. Freude kommt bei mir auf bei der Snickers-Werbung (Diva) oder bei der gut gelungenen M&M-Geiselnahme. Im Abspann sollte es aber heissen «Dies ist ein kalorienstarker, ungesunder Dickmacher. Frage Deine Mutter und sie einen Ernährungsberater.»

Wir diskutieren über die Legalisierung von Canabis, kastrieren auf der andern Seite aber die Tabakwerbung. Für Kokain existiert bis anhin meines Wissens noch keine Werbung. Diese braucht es auch nicht, weil der Konsum und die Preise laufend steigen.

Meine Theorie: Alles Verbotene oder Gefährliche ist attraktiver, deshalb wird ein Werbeverbot nichts bewirken. Wenn Sie meiner noch nicht gegründeten Partei für «Free Advertising Speech» beitreten wollen, bitte. Das wäre mein Aufsteller.

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Theophil Butz, Grafiker, Werbeagentur-Inhaber, Inspirator und seit drei Jahren auch noch Motzer für die Werbewoche-Leser. Sachdienliche Hinweise bitte an theophil@undbutz.ch
 

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