Der Motz von Butz: Für wie blöd halten die Werbetreibenden die Konsumenten? Teil 2

In der letzten Werbewoche habe ich in meinem Motz begonnen, Todsünden der Werbung in Gebote zu verfassen. Ja, so wie Moses.

Diese Anmerkungen in Gebotsform sollen nicht als Anleitungsbaukasten für gute Werbung gedacht sein. Sie sollen bloss auf eine lockere Art an den gesunden Menschenverstand appellieren. Also weiter.

7. Gebot: Ändere nie ein erfolgreiches Werbekonzept. Leider wird ein solches Gebot, das so selbstverständlich ist, öfter verletzt, als man denkt. Der Big Boss muss nur mal sagen: «Die Werbung hat man jetzt genug gesehen, da muss was Neues her.» Und schon wird die Sünde begangen. Ausser die Agentur hat den Mut, dem Big Boss zu widersprechen. Solche Beispiele gibt’s aber auch. Selbst einen Agenturwechsel hat die Milchkuh «Lovely» überlebt.

8. Gebot: Preise dein Produkt nie humorlos an. Erfolgreiche Werbung funktioniert über Humor. Der Nespresso-Auftritt mit Clooney wäre plump, wenn er nicht diesen Kick mit «Nespresso – what else» hätte. Die Ironie macht das Ganze zur Genialität. Werbung für diese Matratzen von Jysk, wo diese Frau völlig unglaubwürdig «Ich liebe Jysk» heraustrompetet, ist ein gutes Beispiel für Humorlosigkeit, wie leider noch etliche andere existieren.

9. Gebot: Du sollst die grafische Gestaltung keinen Amateuren überlassen. Seit jedermann oder -frau am Compi über Schriftart, Grösse, Durchschuss, Spationierung, Einzüge, «slim» bis «bold», rot oder rosa selber entscheiden kann, ist dem grafischen Gestaltungsgüsel Tür und Tor geöffnet. Von unzähligen Websites bis zu Inseraten mit hochpreisigen Einschaltkosten werden immer mehr von Amateuren gestaltet. Das ist der Anfang vom Ende der Schweizer Typografiekunst.

10. Gebot: Du sollst keine ideenlose Werbung machen. Täglich prasseln Tausende von Informationen auf uns Konsumenten ein. Die meisten perlen an unserer Wahrnehmung ab und gehen unerinnerbar an uns vorbei. Ich schätze, dass bei mir über 90 Prozent verloren gehen. Aber nicht nur, weil im Alter das Erinnerungsvermögen etwas abnimmt. Meine Theorie ist: Will man im Hirn unserer Zielperson eine Message ablegen und dadurch erinnerbar machen, dann muss in die Werbeidee eine Lücke oder Eselsbrücke eingebaut werden, die von unserem Zuhörer oder Zuschauer ergänzt werden muss. Somit sind wir mit unserer Aussage in seinem Speicher verankert. Ich möchte ja die Analogie zu Moses 10 Geboten nicht so ernst gemeint sehen, deshalb hier noch ein zusätzliches Gebot.

11. Gebot: Du sollst dich nicht ängstlich, kompromissbereit und unmutig verhalten. Werbung muss ein Knaller sein. Jedes weiche Gesäusel ist eine Sünde.

Mein Aufsteller ist die FCB-Torte, die wir von Vollenweider-Chocolatier zum Meistertitel erhalten haben.

Unbenannt-1_23

Theophil Butz, Grafiker, Werbeagentur-Inhaber, Inspirator und seit drei Jahren auch noch Motzer für die Werbewoche-Leser. Sachdienliche Hinweise bitte an theophil@undbutz.ch

Weitere Artikel zum Thema