Der letzte Schliff

Patrick Salonen ist spezialisiert auf Highend- Postproduktion und CGI. Neben seinem Studio in Thun bietet er auch einen weltweiten Service on location an.

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Heute Morgen bekam ich angenehme Post. Die Sammlung ‹200 Best Digital Artists Worldwide› vom Lürzer’s Archiv lag im Briefkasten. Und ich mittendrin mit einer Doppelseite. Cool.» Mit diesen Worten wollte Patrick Salonen seine Freude in einem Blog ausdrücken. Und er fügte an: «Ein Grund, weiter jeden Tag hart zu arbeiten, um immer neue Bilder zu entwickeln.» Das war im Frühsommer 2013. Und bereits im Januar des laufenden Jahres ist ein von Salonen bearbeitetes Bild «seines» Fotografen Michel Jaussi erneut im Lürzer’s Archiv publiziert worden, diesmal unter den «200 Best Ad Photographers Worldwide»

Zwar wurden bei dieser Wertung Fotos, bei denen die digitale Bildbearbeitung im Vordergrund stand oder sich «beim Betrachter in den Vordergrund drängte», im Vorfeld aussortiert. Sie erhalten nächstes Jahr wieder ihre Chance im Sammelband der «Best Digital Artists Worldwide», die der Verlag im Zweijahresrhythmus herausgibt. So oder so zeigt aber auch Jaussis Arbeit für Renault, in der das Kurvenlicht des Fahrzeugs (siehe Sujet rechte Seite) von Salonen in düsterer Berglandschaft unter einem spannungsgeladenen Himmel in Szene gesetzt wird, dass in der heutigen Werbung Emotionen kaum mehr ohne Bildbearbeitung ihre Wirkung entfalten.

So richtig angefangen mit dieser Kunst hat Patrick Salonen im Januar 2004. Anfangs 2014 konnte er jetzt sein 10. Jahr in Selbständigkeit feiern. «Im Nachhinein betrachtet: eine einzige Erfolgsgeschichte », meint er über die vergangenen Jahre. Diese haben – wie in der Branche schon seit Jahrzehnten der Treiber – noch einmal eine geballte Ladung an neuen Entwicklungen gebracht. Die augenfälligste dabei: CGI – Computer Generated Imagery – oder verbildlicht ausgesprochen «3D-Illustrationen» sind zum neuen Massstab geworden, der wohl bald auch zur Norm werden wird.

Eingestiegen in sein Métier ist Patrick Salonen noch mit dem Pinsel. Vor rund 20 Jahren machte er eine Lehre als Lithograf bei der Henzi in Bern. Diese «Lithobude» galt damals als eine der führenden in Europa. Salonens Arbeit mit einem Pinsel auf Film sollte aber nicht lange dauern. Bereits im Verlauf seiner Ausbildung übernahmen die Polygrafen mit einer neuen Technik das Zepter. Seither hat der Spezialist über die ersten Bildbearbeitungssysteme bis zum Mac «alles miterlebt».

Als die Henzi 1997 übernommen und schliesslich aufgelöst wurde, eröffnete sich für den jungen Berufsmann eine neue Chance in Thun. Bei der Werbeagentur Weber AG wurde Salonen «ins kalte Wasser geworfen». Er durfte in Alleinherrschaft die ganze Lithoherstellung und inzwischen immer mehr gefagte Bildbearbeitung innerhalb der kleinen Agentur aufbauen und vorantreiben. Das meiste Wissen musste er sich dabei autodidaktisch aneignen, denn «Bildbearbeitung kann man auch heute noch nicht offiziell lernen». Die meisten Spezialisten seien Fotografen, Grafiker oder Polygrafen, die sich «irgendwie » weiter bewegt haben. Eine offizielle Regelung des Berufs dürfte aber bald zum Thema werden.

Autodidakt und Pionier

Ende 2003 hatte sich Patrick Salonen so viel Kunsthandwerk angeeignet, dass er «voll auf Bildbearbeitung setzen» wollte. Er kündigte bei der Werbeagentur und gründete im Januar 2004 seine eigene Firma in Bern. Zu jener Zeit kannte er in Zürich drei Firmen, die ihm Konkurrenz machen konnten. In Bern war er aber vorerst der Platzhirsch. Zu schaffen machten dem Jungunternehmer in den ersten Jahren allerdings die etablierten und nach wie vor aktiven Lithofirmen. Diese hätten sich zwar noch kaum entsprechend spezialisiert, wollten aber trotzdem die lukrative Bildbearbeitung nicht abtreten. Trotzdem bekam Patrick Salonen mit seinem Start-up ständig neue Aufträge und hatte dabei «auch grosses Glück»: Michel Jaussi, der bekannte Werbefotograf, hat dem jungen Kollegen von Beginn weg vertraut und ihm viele Aufträge gebracht. Auch heute noch arbeiten die beiden eng zusammen. Zu ihren Kunden zählten schon damals VW Schweiz sowie zum Beispiel die Post.

In Bern war Salonen mit seiner Bildbearbeitung in Bürogemeinschaft beim Fotografen Guy Jost installiert. Auch mit diesem vor allem auf Food und Still Life spezialisierten Fotografen arbeitet er sehr oft und nach wie vor zusammen. «Diese regelmässigen Jobs gaben mir ein bisschen Sicherheit», erinnert sich Patrick Salonen, denn als junger Vater musste er bereits in der ersten Phase seiner Selbständigkeit für eine Familie sorgen. Inzwischen gibt es fünf Kinder zwischen 3 Monaten und 12 Jahren. Trotzdem arbeitet Barbara Salonen inzwischen wieder als Lehrerin. «Ihr Beruf bedeutet meiner Frau sehr viel. Das war auch ein Grund, wieso ich 2013 mit meinem Atelier wieder nach Thun gezogen bin.» Am Wohnort seiner Familie war es für den Vater einfacher, den einen oder anderen Mittag pro Woche als Koch für die Kids abzudecken. In einer ersten Phase arbeitete der Selbständige sogar von zu Hause aus. «Weil ich aber bei gewissen Jobs oft tagelang nicht mehr aus dem Haus gekommen bin, habe ich sofort zugegriffen, als sich in der Altstadt eine Gelegenheit ergeben hat.» Mit fünf Minuten Arbeitsweg auf dem Velo oder 20 Minuten zu Fuss kann der Vielbeschäftigte jetzt auf ideale Weise seinen Kopf durchlüften, wenn er wieder einmal Stress hat mit den immer schneller gewordenen Terminen. «Dann bin ich zu Hause wieder offen für meine Familie.»

Einen wachsenden Anteil seiner Jobs findet Patrick Salonen heute auch über seine Repräsentanz in Deutschland. «Als Einmannbetrieb fehlt mir oft die Zeit zum Akquirieren. Trotzdem möchte ich meinen Betrieb nicht erweitern. Wer zu mir kommt, kommt wegen meinem Arbeitsstil und will somit auch persönlich bedient werden. Da hilft es wenig, wenn ich die Arbeit an einen Assistenten delegiere und dann zum Schluss trotzdem wieder korrigieren muss.» Durch die Agentur Kombinatroweiss in Frankfurt ist schon zwei Jahre nach seiner Selbständigkeit der erste grosse internationale Job zustande gekommen. Salonen durfte während einer Woche bei Ogilvy & Mather in Frankfurt eine Kampagne für die Deutsche Bahn retuschieren. Auch aus diesem Auftrag hat sich eine nachhaltige Beziehung entwickelt. Beim Abstecher mit seinem Computer und Bildschirm per Auto nach Deutschland hat Patrick Salonen das Bedürfnis entdeckt, seine Dienste bei Spezialeinsätzen auch anderweitig «on location» anbieten zu können. «Bei einem Foto Shooting fängt man noch auf dem Set an, die Puzzleteile auf dem Computer grob zusammen zu bauen. So können erste Ergebnisse gleich von Kunde und Agentur freigegeben werden, was enorm viel Zeit einspart.» Ebenso ein Einsatz «auf Stör» bei Agenturen kann bei individuellen Projekten sinnvoll sein. «Man kann in direkter Interaktion mit den Kreativen die Sujets entwickeln.»

Wachsender Markt

Bildbearbeitung braucht es heute praktisch überall. «Kaum ein Bild wird nicht bearbeitet. Bei Uhren und Schmuck werden verblüffende Effekte erzielt. Im Bereich Beauty und Fashion ist die Technik schon gar nicht mehr wegzudenken», weiss Salonen. Er selber ist in dieser Sparte zwar weniger engagiert. Umso mehr kann er Erfahrungen aus dem Segment der Autowerbung vorweisen. Dies vor allem auch in Zusammenarbeit mit Michel Jaussi. Das Team ist sehr stark im Bereich Landschaften. Und hier haben Jaussi und Salonen auch einen Markt entdeckt, den sie zusammen mit Kombinatroweiss noch weiter beackern wollen. Da kann es zum Beispiel um Winteraufnahmen gehen mit neuen Modellen aus der Automobilindustrie. In Deutschland gibt es kaum Berge für geeignete Foto Shootings. Jaussi hingegen besitzt ein Archiv mit Tausenden von Landschaftsaufnahmen aus der Schweiz. In diese Vorlagen werden die fotografierten oder gerenderten Autos eingesetzt.

Die Technik dazu wird von Tag zu Tag raffinierter. Seit Patrick Salonen 2007 das erste vollumfänglich gerenderte 3D-Bild mit CGI-Technik ausgedruckt hat, sind bereits wieder zahlreiche Weiterentwicklungen hinzu gekommen. «Es ist ein ständiges Weiterbilden», weiss der versierte Digital Artist. Und er schmunzelt, wenn er daran denkt, wie ein Fotograf früher noch tagelang mit einer Nadel Löcher in einen Karton gestochen hat, um damit schliesslich mit einem Hintergrundlicht einen «Sternenhimmel» suggerieren zu können. Wie diese Kunst der Illusionen heute funktioniert, demonstriert der Bildbearbeiter auf seiner Webseite www.patricksalonen.ch auch mit eigenen Making-of. Das bringt ihm viele Feedbacks ein. Zwar sei er sich bewusst, dass damit auch öffentlich wird, «was der Fotograf abliefert». Aber schliesslich arbeitet er mit all seinen Partnern eng im Team. «Und die Veränderung im Sinne einer noch stärkeren Aussage ist unser Job.»

Andreas Panzeri

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