Vorwärts zu den Wurzeln

Alexander Roosdorp soll einen Trend aufgreifen und bei Farner neben der PR-Agentur eine eigenständige Abteilung für Werbung aufbauen.

Alexander Roosdorp soll einen Trend aufgreifen und bei Farner neben der PR-Agentur eine eigenständige Abteilung für Werbung aufbauen.Agenturgründungen kommen zuweilen auf leisen Sohlen. Farner Consulting in Zürich hatte schon früher mal einen CD und bot auch schon früher Werbung für kleinere Budgets an. Mehr spezialisiert ist man bereits im Eventbereich. Eine richtige Werbeabteilung mit eigener Kompetenz ist aber neu. Jetzt sollen die Disziplinen PR und Werbung entsprechend akzentuiert und Farner Werbung unter der Leitung von Alexander Roosdorp als eigenständiges Produkt angeboten werden. Das Kernteam mit Kreation und Beratung umfasst vier Leute. Rechnet man die bereits vorhandenen werbenahen Kapazitäten und das gemeinsame Nutzen der Infrastruktur von Farner PR dazu, kann die neue Agentur mit einer Schlagkraft von acht Leuten auftreten. Mit dem Einbezug der Eventleute zählt Farner Werbung somit von Beginn weg zu den mittleren Agenturen. Ein Umstand, zu dem ihm Kollegen «überrascht gratuliert» hätten, wie Christian König, CEO der gesamten Farner Consulting, schmunzelnd erwähnt.
1950 gründete Rudolf Farner die Dr. Rudolf Farner Werbeagentur und noch im selben Geschäftsjahr das Pressebüro Farner, die erste PR-Agentur Europas. 1972 wurde die Werbeargentur an Intermarco (später Publicis) verkauft und die PR-Agentur als Unternehmen verselbstständigt. Seit 1999 ist Farner vollständig im Besitz des aktiven Managements, das die Produktepalette sanft aufzufächern begann.
Der Entscheid «Forward to the roots» ist also schon länger gefallen. König wollte aber «auf den richtigen Moment sowie die richtige Integrationsfigur für die Führung warten».
Alexander Roosdorp hat seine Meriten in Werbung, Branding und Produkte-PR auf Kundenseite wie auch in Agenturen erworben. «Wir versuchen jetzt aber nicht Gesamtmandate anzubieten im Sinne von: Unsere PR-Kunden wären am besten bedient, wenn sie auch noch die Werbung bei uns machen», meint das neue Mitglied der Geschäftsleitung.
Es geht auch nicht primär um integrierte Kommunikation, aber die verschiedenen Disziplinen sollen «eng beieinander» sein. Interdisziplinäres Arbeiten und die Gründung eigener Werbeagenturen sei auch ein Trend im PR-Bereich. «Wir werden es noch erleben, dass die Werbeagentur grösser wird als unsere PR …», frotzelt Christian König.
Farner Werbung ist offen für alle Kunden. «Unsere Kompetenzen zielen nicht auf bestimmte Branchen, sondern den Stil der Kommunikation», definiert Roosdorp, dessen Background von der Markenführung geprägt ist.
Markenberatung stand schon im Fokus, als Alexander Roosdorp bei Wirz Identity von 1999 bis 2002 als Senior Berater für Markenstrategie und CI/CD wirkte. Zu seiner Philosophie gehört es, eine «effiziente, lang anhaltende Kommunikation zu kreieren». Roosdorp ist überzeugt: «Das geht über eine Strategie, die versucht, die langfristigen Markenwerte immer wieder aufs Neue in der Werbung sichtbar zu machen und wenn nötig neu zu interpretieren. Markendesign und Werbekreation müssen daher eng zusammenarbeiten können und sich gegenseitig herausfordern.»
Diese Frage beschäftigte Roosdorp bereits bei seinem Studium. Seine Dissertation zum Dr. oec. an der Universität St.Gallen hatte zum Thema «Positionierungspflege: Phänomen, Herausforderungen und Konzept». Er wollte mit seiner Forschung nicht neue Theorien entwickeln, sondern den Weg von der Strategie zum Kommunikationsmittel systematisch erarbeiten. Wie beeinflussen die Strategien die Umsetzungen und umgekehrt, und was erreiche ich in den Köpfen des Zielpublikums? Roosdorp sieht seine Arbeit somit als «Schnittstelle zwischen der Strategie und dem, was man letztlich sieht».
Neue Produkte auf verständliche Art kommunizieren: Das war auch die Herausforderung bei T-Online International in Deutschland. Seit 2002 bis zu seinem Eintritt bei Farner hat Roosdorp als Senior Manager Marketing Communications, Klassische Werbung, Produkte-PR und Markenmanagement beim deutschen Internetleader in Darmstadt «höchst spannende Erfahrungen» gesammelt.
In einem grossen Markt, der sich stark entwickelt, sehr dynamisch ist und geprägt durch viel Neues, konnte er «täglich dazulernen» und mit dem Etablieren von
T-Online als Marktführer einen Erfolgsausweis mitnehmen. «Immer das Neue spüren und aufnehmen, von der Marktforschung bis zur Umsetzung in der Werbung, kombiniert mit immer neuen wettbewerbsrechtlichen Restriktionen, die man beim Kommunizieren in Deutschland hat», sei dabei der Challenge gewesen.
In Deutschland weht ein härterer Wind als in der Schweiz. Die Machtverhältnisse sind anders zwischen Auftraggeber und Agentur, weil die Budgets viel grösser sind. «Das gibt Spannung in der Erwartungshaltung.»
Weiter will Roosdorp sich nicht auf «klischierte Vergleiche» der Arbeitsstile einlassen. Er meint aber: «Die Lebensqualität in Zürich ist grösser. Viele Kollegen in Deutschland beneiden mich.» Und er verrät, dass es ihn besonders freut, in Zürich wieder einen See vorzufinden. Der beste Ausgleich des neuen Leiters Farner Werbung ist Segeln. In diesem Sinn sei er «ziemlich ausgetrocknet» in die Schweiz zurückgekommen.
Alexander Roosdorp will «Markenwerte immer wieder neu sichtbar machen».

Andreas Panzeri

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