Die Weltwoche schlingert weiter

Der Kioskverkauf zieht an, aber der verschobene Relaunch verunsichert Anzeigenkunden

Der Kioskverkauf zieht an, aber der verschobene Relaunch verunsichert AnzeigenkundenVon Markus Knöpfli Die angekündigte Übernahme durch Ringier macht der Weltwoche Probleme: Redaktionsmitglieder springen wieder ab, Inserenten halten sich zurück. Trotz erster Silberstreifen am Horizont.
Als Weltwoche-Co-Chefredaktor Roger Köppel an der Dreikönigstagung gefragt wurde, wie die Redaktion auf die Übernahme durch Ringier reagiert habe, wich der sonst schlagfertige Köppel aus. Wegen des verschobenen Relaunches sei jetzt Motivation nötig, sagte er nur.
Zwei Wochen später lässt sich über die Befindlichkeit bei der Weltwoche mehr sagen: Esther Girsberger und Matthias Baer verlassen die Redaktion, und Urs Paul Engeler verzichtet auf den geplanten Wechsel von der SonntagsZeitung zur Weltwoche.
Die Verschiebung des Relaunches liess auch die Inserenten teilweise ins Leere laufen. «Bei uns herrschte im Januar die grosse Flaute», sagt Verlagsleiterin Uli Rubner. Viele potenzielle Inserenten würden den Relaunch abwarten, und einige, die für die ursprünglich geplante Erstausgabe des neuen Magazins am 31. Januar gebucht hatten, hätten Aufträge für diesen Termin zurückgezogen.
Etliche Frühjahrskampagnen hingegen seien trotzdem im Plan geblieben. «Mit gutem Grund», sagt Rubner, denn die Neuausrichtung der Weltwoche unter der neuen Chefredaktion trage erste Früchte. Mit absoluten Zahlen ist sie zwar zurückhaltend, legt aber immerhin Indexwerte für den Kioskverkauf (siehe Grafik) vor: Demnach nimmt der Kioskverkauf seit Juli fast ohne Werbeanstrengungen stetig zu (die ausserordentlichen Spitzen im September und Oktober ausgeklammert). Im November war er etwa 50 Prozent höher als im selben Monat des Vorjahres, obwohl damals massiv TV-Spots geschaltet wurden.
Gemäss einem im November 2001 durchgeführten Copy-Test gaben zudem rund 60 Prozent der Abonnenten an, in den letzten Monaten bei der Weltwoche eine Veränderung festgestellt zu haben. Gut 30 Prozent bezeichnen den neuen Kurs als «provokativer, mutiger, abwechslungsreicher und interessanter», rund 14 Prozent goutieren ihn eher nicht.
Gemäss Rubner hat die Haltbarkeit über alle Abosorten um 2 Prozent zugenommen, auch die Zahl der Studentenabos (40 Prozent Rabatt) steige. Die Umwandlungsrate von Probe- zu Festabos hingegen habe sich nicht signifikant verändert. Rubner rechnet aber damit, dass die beglaubigte Auflage im Frühling leicht höher sein wird als noch vor einem Jahr (84206 Exemplare).
Das Zögern der Anzeigenkunden ist nicht nur der Relaunchverschiebung anzukreiden, sondern auch dem Zickzackkurs, den die Basler Mediengruppe letztes Jahr mit der Weltwoche fuhr. Noch im Mai wollte Verleger Matthias Hagemann sowohl an der Weltwoche als auch an Chefredaktor Fredy Gsteiger festhalten und das Blatt lediglich «höher positionieren» und auf gut verdienende und gut gebildete Personen ausrichten (Siehe auch WW 18/01).
Seither ist alles anders gekommen. Laut Rubner richtet sich das Blatt unter Köppel/Angst wieder an ein breiteres Publikum und sei jetzt «weniger dünkelhaft und weniger akademisch, verwässert aber das hohe Anspruchsniveau nicht». Damit werde die Weltwoche auch für jüngere Leser wieder attraktiver.
Das derzeitige Hauptproblem der Weltwoche – und damit auch der Anzeigenkunden – ist nun aber die Unsicherheit, ob und wie lange der erste Erfolg anhalten wird. Denn mit dem Verkauf an Ringier geht der Konzeptslalom wohl in den dritten Lauf.

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