«Wir haben alles unternommen, um den Standort Lausanne zu halten»

Cornelia Harder, Managing Director von Publicis, Lausanne, zur Agenturschliessung

Cornelia Harder, Managing Director von Publicis, Lausanne, zur AgenturschliessungNach beinahe 50-jährigem Bestehen geht die bewegte Agenturgeschichte von Publicis, Lausanne, Anfang nächsten Jahres zu Ende. Bis zuletzt hat Publicis-Direk- torin Cornelia Harder versucht, den Standort in der Westschweiz zu halten. Fünf Mitarbeiter müssen noch untergebracht werden.Vor gut sechs Jahren haben Sie die Direktion von Publicis, Lausanne, damals noch BEP Publicis FCB, übernommen. Welche Bilanz ziehen Sie heute?
Cornelia Harder: Ich habe diese neue Aufgabe mit vielen Erwartungen und relativ wenig Erfahrung angetreten. Ich merkte sehr bald, dass die Situation, wie sie sich hier im Westschweizer Markt präsentierte, nicht ganz einfach war. Ich musste schon bald die Kostenbremse ziehen, weil die Gefahr drohte, dass Publicis, Lausanne, in die roten Zahlen geriet. Dieser schwierigen Anfangsphase folgte dann der Aufschwung, nicht zuletzt dank eines Grosskunden. Mit Swisslotto konnten wir ein weiteres nationales Budget betreuen. Später erfolgte die Akquisition der Agentur von Alphonse Garcia, verbunden mit dem Umzug in grössere Lokalitäten. Ich bin auch überzeugt, dass wir alles unternommen haben, um diesen Standort zu halten. Doch leider stehen die Zeichen für die Zukunft nicht auf Wachstum.
Vor Ihrem Stellenantritt hat die Direktion in Paris die Zusicherung gegeben, dass der Standort Lausanne für sie wichtig sei. Wieso hat sich das jetzt geändert?
Harder: Ausschlaggebend sind sicher die Konzentration grosser Brands auf die Deutschschweiz auf nationaler Ebene und die zunehmende Globalisierung. Es ist kein Geheimnis, dass die meisten Schweizer Unternehmen rund 80 Prozent ihrer Werbeinvestitionen in der Deutschschweiz tätigen.
War der Wegfall des Nestlé-Budgets ausschlaggebend?
Harder: (zögert) Nicht nur.
Ihre Aufgabe war es ja auch, die Agentur auf Vordermann zu bringen. Was ist falsch gelaufen?
Harder: Falsch gelaufen ist nichts. Die Situation im Markt hat sich verändert, die Publicis-Gruppe schliesst damit eine konsequente Restrukturierung in der Schweiz ab und schafft so die Grundlagen für ein starkes Angebot in der integrierten Kommunikation. In der Gruppe selber gab es Veränderungen. Die Agentur in Zürich operiert seit Jahren erfolgreich, dann kam neu die Dialog-Marketingagentur Fisch Meier Direkt hinzu. Optimedia in der neuen Zusammensetzung liess die Gruppe nochmals wachsen. Die Gruppe hat ausserdem Saatchi & Saatchi gekauft. Damit verfügt das Netzwerk über eine weitere Agentur in der Westschweiz, was so vor sechs Jahren auch nicht geplant gewesen war.
Dass Agenturen wie Saatchi & Saatchi, McCann-Erickson und Euro RSCG ihre Niederlassungen in der Romandie haben, zeigt doch auch, dass der Westschweizer Markt nicht ausgetrocknet ist?
Harder: Struktur und Organisationsform einer Agentur spielen eine grosse Rolle. Publicis, Lausanne, war eine eigenständige AG mit allem Aufwand, der dazu gehört. Für eine Agentur wie Publicis, mit dem entsprechenden Anspruch des Networks, ist ein Überleben nur mit einem gesunden Mix aus Network- und Lokalkunden möglich. Diese grossen Unternehmen sind jedoch auf Zürich ausgerichtet.
Aber Publicis, Lausanne, zählte zu seinen Kunden so bedeutende Unternehmen wie Swisslotto, Nestlé, Expo.02 und die Versicherungsgesellschaft La Suisse.
Harder: Das zeigt eigentlich, dass wir gute Arbeit geleistet haben. Tatsache ist aber, dass wir den Nestlé-Schokoladeetat verloren haben und das Expo.02-Budget nächstes Jahr ausläuft. Es ist auch richtig, dass wir als Networkagentur eher grössere Kunden hatten und das Klumpenrisiko entsprechend gross war.
Profitiert Publicis von der momentan eher morosen Wirtschaftslage, um die Schliessung zu rechtfertigen?
Harder: Vielmehr haben wir einen harten Entscheid getroffen, aber zu einem Zeitpunkt, als wir auch noch die Konsequenzen, das heisst die Kosten, die rund um diese Schliessung entstehen, tragen konnten.
Wie viele Mitarbeiter sind von der Schliessung betroffen?
Harder: 15, wovon für 10 Personen bereits Lösungen gefunden werden konnten. Wir verhandeln mit jedem einzelnen Mitarbeiter und sind unter anderem auch im Gespräch mit Saatchi & Saatchi hier in der Westschweiz, um sie zu platzieren.
Und was bedeutet für Sie die Ernennung zum Managing Director von Publicis, Zürich?
Harder: Natürlich freue ich mich über diese Nominierung und Herausforderung. Aber im Augenblick engagiere ich mich noch voll für meine Mitarbeiter. Interview: Anita Vaucher

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