Trevisan geht auch sonntags fischen

Mit dem geplanten Sonntagsblatt will die NZZ neue Kunden und Leser ansprechen

Mit dem geplanten Sonntagsblatt will die NZZ neue Kunden und Leser ansprechenVon Markus KnöpfliDas Schiff der «Alten Tante» NZZ legt ab, um erstmals mit einem eigenständigen Sonntagstitel im Anzeigen- und Lesermarkt auf Fischfang zu gehen. Einer der Kapitäne ist Tobias Trevisan, der aus seiner Tamedia-Zeit Erfahrungen mit Neulancierungen mitbringt.
Wenn die NZZ im nächsten Frühling ihr angekündigtes Sonntagsprojekt lanciert, wagt sie diesen Schritt wohl nicht zuletzt, weil zum Lancierungs-Triumvirat neben Felix E. Müller und Thomas Häberling auch Tobias Trevisan gehört. Er hat als Verlagsleiter Zeitungen nicht nur die Federführung in Verlagsfragen, er bringt aus seiner Zeit als Verlagsleiter beim Tages-Anzeiger auch Know-how und intime Kenntnisse aus den Anfängen von SonntagsZeitung (SoZ) und Facts mit. Darauf angesprochen weicht Trevisan aus und sagt: «Ich bin sicher, dass unser Team in der Lage ist, das Projekt zustande zu bringen.»
Der nationale Titel im Zeitungsformat peilt per Frühzustellung und Kioske ein Zielpublikum an, das gemäss Trevisan bezüglich Ausbildungs- und Anspruchsniveau über den beiden anderen Titeln steht. Zu Inhalt und Gestaltung des Blattes sind die Angaben etwas vage. Trevisan will sich weder über die Grösse der Redaktion noch über die Farbigkeit des Blattes äussern. Mittelfristig soll es aber eine Auflage von 150000 Exemplaren erreichen – so viel wie die NZZ-Inlandauflage. Dennoch will Trevisan die Leser des neuen Blattes «zur Hauptsache ausserhalb der NZZ-Leserschaft generieren».
Marktausweitung oder Verdrängungskampf?
Erreichen will er dies durch Marktausweitung und Doppelleser, vor allem aber durch Verdrängung. «Die künftigen Leser der NZZ am Sonntag sind heute wohl primär SoZ-Leser. Deshalb wäre es überraschend, wenn die SoZ-Auflage nicht tangiert würde», sagt Trevisan. Dennoch hält er auch eine Marktausweitung für möglich. Beide Sonntagstitel erreichten in der Deutschschweiz derzeit eine Reichweite von nur 40 Prozent, während in der Romandie Le Dimanche Matin allein auf rund 50 Prozent kommt.
Im Anzeigenbereich will Trevisan «neue Segmente ansprechen, die werktags nicht NZZ buchen, sondern eher bei der SoZ, der Regionalpresse und in Zeitschriften inserieren». Dies werde der SoZ «möglicherweise Frequenzen, aber keine Kampagnen kosten», sagt er; die Tagespresse indes werde wohl Kampagnen verlieren.
Ungeklärt ist noch die Organisation der sonntäglichen Hauszustellung. Naheliegend wäre ein Auftrag an die Zuvo, an der NZZ und Tamedia je 50 Prozent halten, doch die Zuvo hat für die Sonntagszustellung einen Exklusivvertrag mit der SoZ. Ähnliches gilt für weitere Vertragsorganisationen ausserhalb des Grossraums Zürich. Doch Trevisan hält einen Auftrag an die Zuvo nicht für unmöglich. «Wir kennen die rechtliche Situation, haben aber noch keine Gespräche geführt», sagt er. Man sei auch vom «worst case» (eigene Vertragsorganisation) ausgegangen. Selbst einen gemeinsamen Vertrieb mit dem SonntagsBlick will er prüfen.

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