«Der ADC geht auf Tournee»

Auf Jean Etienne Aebi – neu ADC-Ehrenpräsident – folgt Andreas Prokesch

Auf Jean Etienne Aebi – neu ADC-Ehrenpräsident – folgt Andreas ProkeschAn der 26. Jahresversammlung des Art Directors Club (ADC) wurde Andreas Prokesch als Nachfolger von Jean Etienne Aebi zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. «Weil sich nicht so viele darum rissen», gibt der bisherige ADC-Chairman schmunzelnd zu. Der Art Directors Club (ADC) Schweiz hat Sie als Nachfolger von Präsident Jean Etienne Aebi gewählt. Es wird gemunkelt, dass man Sie lange beknien musste. Haben Sie sich so schwer getan mit dem ehrenwerten Amt?
Andreas Prokesch: Es war nie mein Ziel, irgendetwas Bestimmtes zu werden – auch nicht ADC-Präsident, zumal es ja auch um viel ehrenamtliche Arbeit geht. Wie die übrigen Vorstandsmitglieder, die als Kandidaten in Frage kamen, hatte ich eine natürliche Angst vor dem Zeitaufwand und vor dem Erwartungsdruck – und vor der Vorstellung, bei jeder Gelegenheit im Schaufenster stehen und den Kopf hinhalten zu müssen. Also haben wir zuerst mit vereinten Kräften versucht, Jean Etienne Aebi nochmals für ein paar Jährchen rumzukriegen. Darauf haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die Aufgabe vielleicht anders als bisher anpacken und verteilen könnten.
Was hat Sie doch dazu bewogen, den obersten Posten der Kreativvereinigung zu übernehmen?
Prokesch: Die Diskussion drehte sich in der entscheidenden Sitzung wie in den vorangegangenen im Kreis – weil sich nicht allzu viele um das Amt rissen. Als das auf der Einladung angedrohte Openend näher rückte, sagte ich irgendwann, «okay, ich mache es» – sehr zum Erstaunen der Anwesenden und vor allem auch von mir selber. Ja habe ich aber auch gesagt, weil ich voll
auf den Vorstand und ADC-Geschäftsführerin Helen Müller zählen kann.
Das klingt nicht nach einer langen Amtszeit.
Prokesch: Ich muss mich wie alle Vorstandsmitglieder jährlich der Neuwahl stellen und werde das voraussichtlich vier bis fünf Mal tun, sofern die ADC-Mitglieder das grossmehrheitlich wollen.
Als ADC-Chairman, der bei der Jurierung immer in Ausstand tritt, galten Sie als ruhender Pol des Clubs. Wird man nun Ihre kämpferische Seite kennen lernen?
Prokesch: Ich habe mich bisher stets bemüht, eine neutrale Position einzunehmen und ausgleichend zu wirken. Daran liegt mir mehr denn je. Ich werde deshalb auch jetzt nicht aktiv an der ADC-Jurierung teilnehmen, obwohl ich nach unseren Satzungen dafür qualifiziert wäre.
Um dem Kollegialitätsprinzip des ADC-Vorstands Ausdruck zu geben, tragen Sie auf eigenen Wunsch an Stelle des bisherigen Titels «Präsident» den des Vorstandsvorsitzenden.
Prokesch: (lacht) Ja, das war die einzige Bedingung, die ich dem Vorstand und der Hauptversammlung abverlangt habe.
Anscheinend hatten nicht alle Mitglieder dafür Verständnis.
Prokesch: Als ich das Ressort Jurierung übernahm, habe ich als Erstes den «Jurypräsidenten» durch den «Chairman» ersetzt und ihn auch gleich noch seiner Jurystimme beraubt. Jetzt nehme ich ebenfalls eine kleine verbale Retusche vor und will damit deutlich machen, dass ich mich als Primus inter Pares fühle – auch wenn sich durch die Umfirmierung rein funktional nichts ändert.
In den vergangenen fünf Jahren hat Jean Etienne Aebi das Bild des ADC stark geprägt und vor allem nach aussen kommuniziert. Wird jetzt eine Phase der Konsolidierung nach innen folgen?
Prokesch: Jean Etienne Aebi hat alles gemacht, damit der ADC wie kaum ein anderer Blue Chip Tag für Tag an Wertsteigerung gewinnt. Ich werde mich der Kurspflege widmen und Jean Etienne Aebi bei Bedarf als Sprachrohr beiziehen. Ansonsten stehen die inneren Werte im Vordergrund. Der ADC besteht mittlerweile aus 130 Mitgliedern. Sie kennen sich nicht mehr alle gleich gut wie in den Anfängen des ADC.
Ist Ihnen der ADC zu gross?
Prokesch: Nein, nein. Aber für die Qualitätssicherung der ADC-Jurierung ist es wichtig, dass wir noch mehr miteinander darüber reden und streiten, was gute Werbung ist, dass sie der ADC auszeichnet. Das ist nur möglich, wenn man sich kennt, respektiert, mag. Wichtig sind für mich genauso die Einsender, die sich unserer strengen Jurierung stellen und die ich als Kunden betrachte, die Sponsoren, die Presse, die anderen Vereine und Verbände. Ich will mit ihnen noch enger zusammenarbeiten.
Welche weiteren Schwerpunkte und Themen wollen Sie für den Schweizer ADC setzen?
Prokesch: Ich habe dasselbe Ziel wie meine Vorgänger und alle ADC-Mitglieder: Wir wollen die Werbung verbessern, indem wir sie jurieren. Im Übrigen will ich mich vor allem um die vielen Details kümmern und damit den ADC verbessern. Ein Beispiel: Es wird nur noch eine einzige Vorstandssitzung in der Geschäftsstelle geben. Nachher gehen wir auf Tournee und treffen uns stets bei einem anderen Vorstandsmitglied.
Wo sehen Sie den ADC in fünf Jahren?
Prokesch: Ich habe auf den nächstmöglichen Termin den Vorstand zusammengerufen. Dann werden wir erst die Ressorts verteilen und uns über die Zielsetzungen gemeinsam unterhalten. Interview: Luca Aloisi

Weitere Artikel zum Thema