Edipresse bleibt in Lamunière-Hand

Die internationalste der Schweizer Mediengruppen will auch weiterhin vor allem im Ausland wachsen

Die internationalste der Schweizer Mediengruppen will auch weiterhin vor allem im Ausland wachsenVon Christophe Büchi An der diesjährigen Bilanzmedienkonferenz der Edipresse setzte sich Verleger Pierre Lamunière sehr kritisch mit der eidgenössischen Wettbewerbskommission auseinander. Zudem bekräftigte Lamunière, dass seine Familie nicht gedenke, die Kontrolle über die börsenkotierte Gruppe aus den Händen zu geben.
Nicht die (guten) Geschäftszahlen von 1999, sondern eine von Lamunière abgefeuerte Breitseite vor den Bug der eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) war der starke Moment der diesjährigen Bilanz-MK im Hause Edipresse (siehe auch S. 5).
Zu einem Zeitpunkt, da internationale Medienriesen wie Time Warner zu Megafusionen schritten, entblöde sich die Weko nicht, Dutzende von Beamten damit zu beschäftigen, die Strukturbereinigung in der Schweizer Medienlandschaft zu verhindern, wetterte Edipresse-Chef Pierre Lamunière. Und: Während die TA-Media-Gruppe zusammen mit der Swisscom Allianzen schmiede, welche die helvetische Medienszene völlig umkrempeln könnten, werde Edipresse vom Amtsschimmel belästigt, wenn sie drei Genfer Quartierzeitungen übernehmen wolle. Dabei müsste unser Land über vier bis fünf grosse Mediengruppen verfügen, die stark genug seien, um im internationalen Markt bestehen zu können.
Im Übrigen war freilich im Edipresse-Hauptquartier nur wenig von der Schweiz und viel vom Ausland die Rede.
Edipresse ist in sieben Ländern präsent
Einmal mehr wurde die Lausanner Medienkonferenz zu einem spannenden Seminar in Sachen europäische Medien. Denn obgleich die Edipresse-Gruppe noch 59 Prozent des Konzernumsatzes in der Schweiz erwirtschaftet, ist sie heute die am wenigsten schweizerische unter den grossen Schweizer Mediengruppen – inzwischen mit 79 Publikationen in sieben Ländern präsent. Und auch in den nächsten Monaten soll
das Engagement im Ausland – in Spanien, Portugal, Polen, Frankreich, Griechenland und Rumänien – stetig verstärkt werden.
Ein besonderes Augenmerk gilt Frankreich, wo sich Edipresse bisher eher schwer getan hat. Wie die WerbeWoche berichtet hat, wird die Samstagszeitung Tribune-Montblanc voraussichtlich ab September das französische Grenzgebiet um Genf abdecken.
Spanien bleibt Markt Nummer zwei
Dies ist aber nur eine Frontlinie unter vielen. Wie an der Bilanz-MK angekündigt wurde, sind allein in Spanien, wo Edipresse bereits zwanzig Titel verlegt, drei weitere Lancierungen geplant. Im Durchschnitt will Edipresse in Zukunft alle sechs Wochen irgendwo ein neues Produkt lancieren, versichert Lamunière.
Ihr Wachstum will die Edipresse weitgehend selbst finanzieren. Sie ist kerngesund, zumal im letzten Geschäftsjahr kräftig von der guten Konjunktur im Medien- und Werbebereich profitiert wurde. So konnte die Gruppe ihren Umsatz um 11,7 Prozent auf 677,7 Millionen Franken steigern. Das Ergebnis vor Steuern beträgt 69,9 Millionen Franken (+35,7 Prozent). Darin enthalten ist allerdings auch der Erlös aus dem Verkauf der Westschweizer Kinokette Métrociné und eines Geschäftshauses in Lissabon.
Freude über den Börsengang der TA-Media-Gruppe
Wie Lamunière erklärt, schliesst er allerdings nicht aus, dass eine eventuelle Grossakquisition über die Börse finanziert werden könnte. Dies wäre einfach, denn die Edipresse ist schon seit Jahrzehnten an der Börse kotiert.
Zum angekündigten Börsengang der Gruppe TA-Media meint Lamunière: «Ich freue mich, dass unsere Deutschschweizer Kollegen mit 30 Jahren Verspätung auch an die Börse gehen. So sind wir nicht mehr die Einzigen, die unsere Zahlen nach internationalen Standards offen legen müssen.» Möglich ist auch, dass die Subholding EOL (Edipresse Online), in der künftig die Internetaktivitäten der Gruppe zusammengefasst sind, bei Gelegenheit an die Börse geht, wie Lamunière auf eine entsprechende Frage der WerbeWoche erklärte.
Kein Thema ist für Lamunière dagegen die Einheitsaktie. Zurzeit kontrollieren die Edipresse-Namenaktionäre mit knapp 30 Prozent des Kapitals gut zwei Drittel der Stimmen. Damit hält die Familie Lamunière die Zügel fest in den Händen.
Dies soll so bleiben, sagt der Boss: «Unsere Aktionäre haben vor zwei Jahren die neue Struktur praktisch einstimmig beschlossen. Denn wir müssen uns gegen eine feindliche Übernahme absichern, das ist auch eine moralische Pflicht.»
Edipresse in Zahlen(Geldwerte in Mio. Fr.)
1999 1998 %
Gruppenumsatz 677,7 607,0 11,7
Cashflow 76,3 67,4 13,2
Reingewinn 36,8 25,4 45,4

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