Nach viereinhalb Jahren Abstinenz: Ringier tritt Verband Schweizer Medien wieder bei

An der diesjährigen Dreikönigstagung des Verbands Schweizer Medien (VSM) kommunizierte Präsident Pietro Supino, dass Ringier dem VSM wieder beitritt. Das Ziel besteht darin, mit der Bündelung aller Kräfte den Schweizer Medien- und Werbemarkt langfristig zu stärken, insbesondere gegenüber den grossen internationalen Technologieunternehmen wie Google und Facebook.

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VSM-Präsident Pietro Supino (links) und Ringier-CEO Marc Walder (rechts) verkünden an der Dreikönigstagung die Wiedervereinigung des Verlegerverbandes und und Ringier.

 

Beim nicht angekündigten Auftritt an der Dreikönigstagung vom Mittwoch brachte es Marc Walder, CEO von Ringier und Mitinitiant der Schweizer Digital-Allianz, wie folgt auf den Punkt: «Wir gehen davon aus, dass über 70 Prozent aller Einnahmen aus der Digitalwerbung in der Schweiz mittlerweile ins Ausland abfliessen. Damit die Vielfalt und Unabhängigkeit des Medienangebotes in der Schweiz erhalten werden kann, müssen wir rasch zielführende Lösungen finden. Dies geht nur gemeinsam. Die Schweizer Digital-Allianz, eine in Europa beinahe einzigartige Initiative, ist hierfür ein zentrales Element.» Um das Bekenntnis zur gemeinsamen Digital-Allianz zu unterstreichen, tritt Ringier dem VSM ab sofort wieder als Mitglied bei. In den letzten Monaten habe er mit den Verlegern freundschaftliche und faire Gespräche geführt, so Walder am Mittwoch.

Alexander Theobald, COO Ringier Schweiz, und zukünftiger CEO von Ringier Axel Springer Schweiz, wird Ringier im VSM-Präsidium vertreten.

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Geplante Werbeallianz Admeira führte zum Eklat

Ringier trat im August 2015 aus dem Verband Schweizer Medien aus (Werbewoche.ch berichtete). Grund waren «unüberbrückbarer Differenzen mit einzelnen Mitgliedern». Konkret ging es um Streitereien, welche im Laufe der Lancierungspläne von Admeira entstanden. Als Ringier zusammen mit Swisscom und der SRG die Werbeallianz verkündete, kritisierte der VSM die Pläne harsch. Dass das private Medienunternehmen Ringier mit der gebührenfinanzierten SRG und der teil-privaten Swisscom zusammenspannt und dabei andere private Medienhäuser konkurriert, war dem Verband von Beginn weg ein entschiedener Dorn im Auge.

Die Situation hat sich in der Zwischenzeit aber entschrärft, denn die SRG hat ihre Anteile an Admeira an Ringier und die Swisscom verkauft (Werbewoche.ch berichtete). Die SRG ist zwar aktuell aufgrund eines Fünfjahresvertrags noch an Admeira gebunden – dieser läuft aber 2020 aus. Anzeichen für einen möglichen Ausstieg gab es Mitte 2019, als bei der SRG kritische Stimmen gegen das Vermarktungsunternehmen laut wurden (Werbewoche.ch berichtete).

 

Ärger überwunden

Den entscheidenden Anstoss für die Rückkehr Ringiers in den Verlegerverband dürfte die digitale Allianz geliefert haben, mit der die Branche im Werbemarkt gemeinsam gegen die internationalen Schwergewichte Google, Facebook und Amazon antreten will. Er sei beeindruckt gewesen, wie geschlossen sich die Schweizer Verleger hinter diese Initiative gestellt hätten, sagte Walder am Mittwoch. Das Ziel dieser Initiative ist es, Nutzerdaten unter voller Wahrung des Datenschutzes zu erhalten.

Zu diesem Zweck haben die grossen Schweizer Verlage in den letzten Monaten den Zugang zu ihren Nachrichtenportalen mit einem freiwilligen Login versehen. Die Resonanz bei den Nutzerinnen und Nutzern sei entgegen Befürchtungen in der Verlagsbranche sehr positiv gewesen, sagte Walder.

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Massiver Verlust von Werbevolumen

Die Schweizer Verleger hätten im Zeitraum 2012 bis 2018 pro Jahr ein Werbe- und Verkaufsvolumen von einer Milliarde Franken verloren. Im Gegenzug hätten die digitalen Angebote lediglich Einnahmen von 85 Millionen Franken pro Jahr hinzugewonnen. Das zeige klar und deutlich, dass das bisherige Geschäftsmodell der Verlage nicht mehr funktioniere. Das laufende Jahr werde für die digitale Allianz von entscheidender Bedeutung sein.

Nach den ersten positiven Erfahrungen mit dem Login zeigte sich Walder optimistisch. Während das Login bei grossen Playern wie Facebook oder Netflix selbstverständlich sei, betrage der Anteil jener Personen, die sich auf Schweizer Nachrichtenportalen einloggten, bisher nur 0 bis 10 Prozent. Das Potenzial sei gross. Das Ziel müsse ein Single Sign On sei. Wer Medienprodukte konsumieren wolle, müsse sich nur einmal einloggen. Der Kunde wolle sich einfach, schnell und sicher auf den Portalen bewegen. Das Vertrauen sei dabei die wichtigste Währung, wie das Beispiel von Facebook bei Cambridge Analytica gezeigt habe. Die Verleger seien in sehr engem Kontakt mit dem Eidgenössischen Datenschützer Adrian Lobsiger.

 

Freude beim VSM

Dass Ringier nach viereinhalb Jahren wieder an Bord ist, sorgt beim Verband Schweizer Medien für Freude. VSM-Präsident Pietro Supino stimmt die Rückkehr positiv: «Ich bin überzeugt, dass wir mit der Digital-Allianz eine vielversprechende und zukunftsweisende Initiative lanciert haben», wird er in einer Mitteilung zitiert.

Die Rückkehr von Ringier in den VSM ermögliche auch einen geeinten Auftritt der Verlagsbranche, ist man seitens VSM überzeugt. Der vom VSM geforderte Ausbau der indirekten Presseförderung unter Einschluss der Frühzustellung sei dringend notwendig – als Kompensation für die Preisgestaltung der Post und als Service Public zur Erhaltung der gedruckten Zeitungen. Diese bilden laut Verlegerverband nichts geringeres als das «Rückgrat der demokratischen Meinungsbildung». Das Präsidium des VSM geht davon aus, dass ohne den geforderten Ausbau der indirekten Presseförderung in den nächsten drei Jahren ein Drittel der heutigen Zeitungstitel in der Schweiz nicht überleben würden. (hae/pd/SDA)

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