Presserat rügt Tages-Anzeiger und Weltwoche

Der Presserat rügt den Tages-Anzeiger und die Weltwoche. In zwei anderen Fällen wurden sowohl Weltwoche wie auch Blick vom Vorwurf, gegen den Journalistenkodex verstossen zu haben, freigesprochen.

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Der Presserat heisst eine Beschwerde gegen den Tages-Anzeiger teilweise gut. Der TA hatte eine Frau und Mutter nicht konkret mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Journalisten sind jedoch verpflichtet, Betroffene zu schweren Vorwürfen anzuhören.

Der Tages-Anzeiger hatte eine Recherche mit dem Titel «Mehr braun als grün» über den Sorgerechtsstreit eines unverheirateten Paars publiziert. Der betroffenen Frau und Mutter wurde vorgeworfen, ihrem Sohn kurzzeitig medizinische Versorgung verweigert zu haben. Daneben zählte der Autor Indizien auf, die darauf hinwiesen, dass die Frau Mitglied der «Anastasia-Sekte» sei. Die Anastasia-Bewegung ist eine in der Schweiz noch wenig bekannte Organisation. Laut Tages-Anzeiger kennzeichnen sie rassistisches Gedankengut und antisemitische Ideen; Hakenkreuze gehören zu ihren Symbolen.

Der Autor schrieb der Frau erst einen Tag vor der Drucklegung des lange recherchierten Artikels ein sehr vage formuliertes Mail. Die Frau antwortete nicht. Der Presserat befand, die Zeitung hätte nachhaken müssen. Denn schwere Vorwürfe sind Betroffenen konkret und zeitig zu unterbreiten, damit sie ihren Standpunkt darlegen können.

Beschwerde gegen Weltwoche in einem Fall gutgeheissen

Nationalrat Hans-Peter Portmann ist mit gleich drei Beschwerden gegen Weltwoche und Blick an den Schweizer Presserat gelangt. Bei zwei Beschwerden ging es um die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats. Die Abstimmung zu einem Vorstoss von FDP-Nationalrat Portmann bezüglich des Uno-Migrationspaktes war in der Weltwoche von Autor und Alt-Nationalrat Christoph Mörgeli dahingehend kommentiert worden, dass Portmann nicht einmal seine eigenen Fraktionsmitglieder überzeugen konnte.

Aus der Reaktion Portmanns auf diese Kolumne – er hatte per Mail eine Richtigstellung verlangt – konnte jedoch auf das Abstimmungsverhalten der Parteien geschlossen werden. Dies wurde wiederum vom Blick aufgegriffen, der berichtete, dass Portmann mit dem Mail das Kommissionsgeheimnis verraten habe und dass Kommissionspräsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter dem nachgehen würde.

Aus diesem Fall ergaben sich zwei Beschwerden, die jedoch beide abgelehnt werden. Aus Sicht des Presserates hat weder der Blick die Wahrheitspflicht verletzt, noch wäre die Weltwoche zu einer Richtigstellung verpflichtet gewesen oder hatte eine solche verweigert.

Gutgeheissen hat der Presserat hingegen Portmanns dritte Beschwerde. Sie hatte ein Editorial von Nationalrat und Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel zum Gegenstand. Unter dem Titel «Volksverächter» kommentierte Köppel in sehr markigen, aber zulässigen Worten Portmanns Auftritt in einer Fernsehsendung zur sogenannten Selbstbestimmungsinitiative.

An einer Stelle suggeriert Köppel durch den Einschub «so Portmann», dieser habe in der Talkshow von der «reissenden Bestie Volk» gesprochen. Die Formulierung wird den Leserinnen und Lesern als indirektes Zitat präsentiert, obwohl sie Portmann in der Sendung weder so noch ähnlich benutzt hat. Durch diese unsachgemässe Quellenbearbeitung entstellt die Weltwoche die Meinung von Portmann und verletzt den Journalistenkodex.

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