Tagi: Rüge wegen unterlassener Anhörung

Die Onlineausgabe des Tages-Anzeigers hat in einem Bericht über die Kranken- und Unfallversicherung Concordia gegen die Anhörungspflicht verstossen. Der Presserat hat den Tages-Anzeiger deshalb gerügt.

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Beim kritisierten Bericht geht es um einen Online-Nachzug vom 17. Februar 2015 zu einem Print-Beitrag über eine Patientin, die im Streit mit der Krankenkasse Concordia liegt. Der Online-Artikel trug den Titel «Das Vorgehen der Concordia hat System» und hatte heftige Vorwürfe der Patientenschützerin und GLP-Nationalrätin Margrit Kessler an die Concordia zum Inhalt. Kesslers Behauptungen wurden der Concordia vor Publikation nicht zur Gegenstellungnahme vorgelegt.

Die Stellungnahme der Kranken- und Unfallversicherung wurde erst einen Tag nach der Veröffentlichung kommentarlos in den Online-Beitrag eingefügt. Deshalb gelangte die Concordia an den Presserat. Dieser hat die Beschwerde nun teilweise gutgeheissen und den Tages-Anzeiger gerügt, wie er am Mittwoch mitteilte. Die Redaktion wäre verpflichtet gewesen, den Versicherer vor der Publikation mit dem Vorwurf der Patientenschützerin zu konfrontieren, schreibt der Presserat. Die Ergänzung am nächsten Tag genüge nicht, um einer Rüge wegen unterlassener Anhörung bei schweren Vorwürfen zu entgehen.

Streit um Rollstuhl

Ausserdem wehrte sich die Concordia gegen den Hauptbericht: einen Artikel über eine Frau, die wegen der seltenen Krankheit Morbus Pompe auf eines der teuersten Medikamente der Schweiz angewiesen ist. Da die Frau stark übergewichtig ist und das Mittel nach Körpergewicht dosiert wird, hatte ihre Krankenkasse sie aufgefordert, nach einer bereits absolvierten Schlankheitskur erneut sechs Kilo abzuspecken.

Dieser Text erschien im Tages-Anzeiger und Der Bund. Streitpunkt war, ob die übergewichtige Patientin auf den Rollstuhl angewiesen ist oder nicht. Gemäss Presserat steht bei der Frage des Rollstuhls Aussage gegen Aussage, und es lässt sich nicht klären, ob die Patientin wirklich auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Zu diesem Aspekt gab der Presserat jedoch der Redaktion Recht. Sie habe die Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalisten und Journalistinnen nicht verletzt.

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