«Wir wären an der Basler Zeitung interessiert»

Der neue VSM-Präsident Pietro Supino spricht mit der Schweiz am Sonntag über die SRG, den Presserat und die Basler Zeitung. Mit gemischten Gefühlen blickt er zudem in die Zukunft der Medienbranche und der Schweiz generell.

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Der Vertrieb der gedruckten Zeitung durch die Post läge ihm besonders am Herzen, verrät der neugewählte Präsident des Verbandes Schweizer Medien (VSM) im Interview. Das Medium sei – trotz aller Diskussionen über die Zukunft – die mit Abstand wichtigste Mediengattung für die demokratische Meinungsbildung in der Schweiz.

«Roger de Weck hat das Problem nicht verstanden»

Als weiteres Anliegen ist Supino – wenig überraschend – die «Wettbewerbsverzerrung durch staatliche Anbieter» ein Dorn im Auge. Die Aussicht auf öffentlich finanzierte Konkurrenz würde langfristig Private davon abhalten, in die Medienvielfalt zu investieren. Die erneute, «gut gemeinte» Ankündigung von Roger de Weck, dem Verband beitreten zu wollen, mache «ratlos» und zeige, dass der SRG-Generaldirektor das Problem nicht verstehe. Die SRG sei nämlich kein privates Unternehmen und habe die privaten Medienhäuser weder zu konkurrenzieren, noch mit einzelnen davon Kooperationen einzugehen. Supino sieht die Rolle der SRG klar definiert: Das komplementäre Angebot habe sich auf das zu beschränken, was es sonst nicht gäbe. Kooperationen mit der SRG sollten zudem für alle Interessenten offen sein – exklusive Verträge wie mit Ringier würden die Marktverzerrung zusätzlich potenzieren.

«Eigentlich selbst ein Fall für den Presserat»

Der neue VSM-Präsident spricht sich deutlich für «die wichtige Institution» Presserat aus. Die von der NZZ verbreitete Nachricht, Supino habe im Verbandspräsidium zu der Minderheit gehört, die gegen die weitere Zahlung der Beiträge gestimmt habe, sei «eine Zeitungsente» und «eigentlich selbst ein Fall für den Presserat». Die Unterstützung des Presserates sei nie zur Debatte gestanden, lediglich die Art und Weise: Über den finanziell geschwächten Verband oder direkt durch die Verlagshäuser. Supinos Präferenz wäre die zweite Variante gewesen, weil diese einerseits den Verband entlastet und andererseits eine grössere Nähe zwischen Presserat und den Verlegern geschaffen hätte.

Der Verband hatte im August angekündigt, aus Spargründen aus allen Verbänden und Institutionen auzutreten (Werbewoche.ch berichtete). Die Aufkündigung der jährlich geleisteten 36’000 Franken an den Presserat sorgte in der Folge für schärfste Kritik am VSM. An der Mitgliederversammlung in Luzern wurde beschlossen, dass die Zahlung weiterhin erfolgen soll (Werbewoche.ch berichtete).

Tages-Anzeiger und BaZ rücken weiter zusammen

Weiter zusammenrücken sollen der Tages-Anzeiger und die Basler Zeitung. Aktuell läuft versuchsweise eine Kooperation in den Wirtschaftsressorts, die im Bereich der Pharma- und Bankenindustrie Artikel austauschen. Hier sieht Supino die Möglichkeit, von den unterschiedlich gelagerten Kompetenzen der beiden Wirtschaftsregionen zu profitieren und gleichzeitig die Kosten zu optimieren. Weitere Kooperationsfelder – zum Beispiel im Bereich Kultur – seien denkbar, «solange es keinen Bereich betrifft, in dem Politik gemacht wird», so Supino in Anspielung auf BaZ-Besitzer Christoph Blocher und dessen Chefredaktor Markus Somm.

Tamedia sei grundsätzlich daran interessiert, Blocher die Basler Zeitung abzukaufen, wenn diese zum Verkauf stünde, so Supino. Hingegen seien die von der NZZ am Sonntag verbreiteten Gerüchte, der Medienkonzern wolle selbst Zeitungen abstossen, falsch – das Sonntagsblatt habe sich inzwischen korrigiert und sich bei Tamedia entschuldigt.

«Das Schlimmste ist nicht hinter uns»

In die Zukunft blickt Supino tendenziell positiv – momentan stünden die meisten Schweizer Medienunternehmen publizistisch und wirtschaftlich gut da und hätten sich in den letzten zehn anspruchsvollen Jahren gut entwickelt. Im Gegensatz zum allgemeinen Tenor empfindet der Tamedia-Verleger die aktuelle Ungewissheit, wie die Medienbranche in zehn Jahren dastehen wird, nicht als negativ, sondern als neutral: «Wir werden weiterhin unseren Weg finden können». Nötig sei jedoch, dass die Strukturen permanent überarbeitet würden, da die technologische Entwicklung zu einem «unglaublichen Kostendruck» führe. «Das Schlimmste liegt nicht hinter uns. Die Geschwindigkeit der Veränderungen wird noch zunehmen», warnt Supino. Er sorge sich darüber, wie viele Arbeitsplätze es in zehn Jahren überhaupt noch geben werde – nicht nur in der Medienbranche, sondern auch generell. Die Gesellschaft werde deshalb – trotz der zu früh lancierten Abstimmung – wieder über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken müssen. (hae/SaS)

Bild Pietro Supino: Tamedia

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