Kritische Stimmen einschüchtern und zum Verstummen bringen

54 hauptberufliche Medienschaffende – darunter eine Frau – werden aktuell als Geiseln festgehalten, 35 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Das zeigen die Zahlen, die Reporter ohne Grenzen im ersten Teil der Jahresbilanz veröffentlicht hat.

Die meisten Entführungen geschahen in Syrien (26), Jemen (13), Irak (10) und Libyen (5), in Gebieten also, in denen bewaffnete nichtstaatliche Gruppen auf diese Weise kritische Stimmen einschüchtern und zum Verstummen bringen wollen. 95 Prozent der momentan entführten Medienschaffenden stammen aus den jeweiligen Ländern, nur fünf Prozent sind ausländische Reporter. 18 der aktuellen Entführungen gehen auf das Konto des IS, 9 Journalisten wurden von den Huthi-Rebellen im Jemen und 4 von der Al-Nusra-Front in Syrien entführt.

Erstmals dokumentiert die ROG-Jahresbilanz auch die Zahl verschwundener Medienschaffender, über deren aktuelle Situation keine verlässlichen Informationen vorliegen. Dieses „Verschwinden“ geschieht in Konfliktregionen, wo Recherchen über ihr Schicksal schwierig sind. Die meisten solchen Fälle – fünf von acht weltweit – gab es im Laufe des Jahres 2015 in Libyen, wo vier libysche Journalisten und ein ägyptischer Kameramann des Privat-TVs Barqa TV verschwunden sind.

Die meisten inhaftierten Medienschaffenden: China, Ägypten, Iran, Eritrea, Türkei

Ihrer Arbeit wegen inhaftiert sind aktuell 153 hauptberufliche Medienschaffende, 23 davon in China, 22 in Ägypten, 18 im Iran, 15 in Eritrea und 9 in der Türkei. Betrachtet man die Gesamtzahl der Verhaftungen im Jahresverlauf, sticht die Türkei als das Land mit den meisten Fällen – elf Prozent aller Verhaftungen von Medienschaffenden weltweit – heraus, ein deutlicher Beleg für die Zunahme der staatlichen Repressionen dort. Neben hauptberuflichen Medienschaffenden werden weltweit auch andere Informationsvermittler verfolgt; so sind aktuell 161 Bürgerjournalisten und 14 Medienmit­arbeitende im Gefängnis.

«Safety Guide» für Medienschaffende

Mit der Jahresbilanz legt ROG auch eine neue Auflage des «Safety Guid for Journalists» vor. Dieses Handbuch, gemeinsam mit der Unesco herausgegeben, enthält praktische Hinweise für Medienschaf­fende in Krisen- und Konfliktregionen sowie Empfehlungen zum Schutz digitaler Daten und Kommun­ika­tionswege bei Recherchen in heiklen Umgebungen; es ist auf Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch herunterladbar.

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