Jahrbuch 2011 «Qualität der Medien – Schweiz Suisse Svizzera»

Das vom FÖG - Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich - zum zweiten Mal herausgegebene Jahrbuch «Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera» zeigt eine abnehmende Nutzung von Informationsmedien in den Mediengattungen Presse, Radio und Fernsehen. Selbst die Nutzung der wichtigen Informationsvermittler im Internet - der Newssites der Abonnementszeitungen - hat nur noch schwach zugenommen.

Die Informationsmedien erreichen die Schweizer Bevölkerung aber nicht nur weniger, sie sind auch durch einen Schwund an Hardnews zugunsten von Softnews (Human Interest und Sport) gekennzeichnet. Die Unterhaltungsfunktion der untersuchten Medien gewinnt, die Informationsfunktion verliert an Bedeutung, so die FÖG-Studie weiter.

Der einordnende Journalismus hat gegenüber der episodischen Berichterstattung an Bedeutung verloren. Das heisst, der Lauf der Dinge wird auf Kosten des einordnenden Journalismus noch stärker als im Vorjahr als Abfolge von Einzelereignissen dargestellt. Inwieweit ein episodischer Journalismus ursächlich für die voranschreitende Abwendung des Publikums vom Informationsjournalismus ist, bleibt zu erforschen.

Besonders schlecht hinsichtlich journalistischer Qualität schneiden auch dieses Jahr die Gratismedien on- und offline ab. Mit Blick auf die Newssites zeigt sich, dass die beschleunigte News-Produktion im Internet zu Lasten der publizistischen Qualität geht. In der Gattung Online-Newssites werden Ereignisse am wenigsten eingeordnet, der Softnews-Gehalt ist überdurchschnittlich hoch und die Abhängigkeit von fremdproduzierten Inhalten gross.

Weiter zeigen die Forschungen, dass der Mitteleinsatz bei politischen Werbekampagnen («Paid media») asymmetrisch ist und dass der Einfluss von politischen Kampagnen auf die redaktionellen Inhalte von ihrer provokativen Ladung abhängt.

Intransparenz und »Copy-Paste» – Übernahmepraxis von Agenturmeldungen

Die Vertiefungsanalysen zeigen zudem, dass ein Teil der SDA-Agenturmeldungen nicht transparent gekennzeichnet sind. der quantitative und qualitative PR-Einfluss auf die Unternehmensberichterstattung gross und die Transparenz niedrig ist. Dadurch werden Partikularinteressen verschleiert, so eine FÖG-Mitteilung auf Presseportal.ch. Die Forscher kommen zum Schluss, dass 40 Prozent der Übernahmen zu wenig transparent gekennzeichnet waren. Diese Übernahmen waren zum Teil nicht als Agenturmeldungen gekennzeichnet, obwohl sie integral übernommen wurde. Zum Teil wurden die Texte wurden gar als redaktionelle Eigenleistung dargestellt, wie es in der Studie heisst. Die Forscher halten dieses Vorgehen der Redaktionen für «problematisch».

Seit dem Frühjahr 2010 besitzt die Schweizerische Depeschenagentur SDA eine faktische Monopolstellung bei der Agenturberichterstattung für Inlandmeldungen. Damit wird nicht nur die publizistische Vielfalt reduziert, sondern es steigen auch die Anforderungen an die einzelnen Medien, den SDA-Ursprung als solchen transparent zu machen, so die FÖG weiter.

Auch bei der Kennzeichnung jener Texpassagen, die auf Public-Relations von Unternehmen beruhen, herrsche wenig Transparenz. Gerade mal 25 Prozent der Beiträge machen die Verwertung von PR-Informationen an prominenter Stelle transparent. Vor allem bei Sonntags-, Boulevard- und Gratiszeitungen ist dieses Qualitätsmerkmal kaum oder gar nicht anzutreffen. Gleichzeitig ist sowohl der quantitative wie qualitative PR-Einfluss hoch: Zum einen wird nicht weniger als 40 Prozent der untersuchten Unternehmensberichterstattung durch PR-Aktivitäten ausgelöst, zum anderen in 56 Prozent die Deutungsperspektive der Unternehmen einfach übernommen.

Pressemarkt

Die Konzentration im Pressemarkt ist 2010 durch einen Quantensprung gekennzeichnet. Hier hat die Tamedia mittlerweile einen Marktanteil von 43 Prozent erreicht und liegt damit weit vor ihren nächsten Konkurrenten Ringier und NZZ- Gruppe. In der französischen Schweiz kontrolliert die Tamedia durch die Übernahme der Edipresse gar 74 Prozent des Pressemarktes. Mit der Lancierung von 20 minuti im Tessin gestaltet die Tamedia nun auch den Tessiner Pressemarkt um und erhält mit 20 Minuten und 20 minutes in der Schweiz eine nationale Werbeplattform.

 

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