«Das Bundesgericht war nicht sehr korrekt»

Aussenwerbung Patrik Ducrey, stellvertretender Direktor Weko, zum ungelösten Problem mit Plakatkonzessionen.

Aussenwerbung Patrik Ducrey, stellvertretender Direktor Weko, zum ungelösten Problem mit Plakatkonzessionen.
WW: Vor drei Jahren empfahl die Wettbewerbskommission (Weko) den Gemeinden, Plakatkonzessionen öffentlich auszuschreiben. Hat dieser Aufruf etwas bewegt?Patrik Ducrey: Wir haben dies in der Folge nicht näher überprüft. Aber wir gehen davon aus, dass eine Empfehlung auch die Plakatfirmen dazu veranlasst, sich bei uns zu beschweren, falls ein solcher Auftrag nicht öffentlich ausgeschrieben wird. Genau das ist in Luzern geschehen.
In Basel hat aber das Verwaltungsgericht soeben festgestellt, dass eine Ausschreibung nur dann zwingend sei, wenn mit der Konzessionsvergabe als Gegenleistung Stadtmöblierung beschafft werde. Werde aber – wie in Basel und Luzern – bloss eine finanzielle Abgeltung für die Konzession verlangt, sei keine Ausschreibung nötig. Das Gericht stützt sich dabei
auf einen Bundesgerichtsentscheid von 1999 bezüglich der Stadt Genf.
Da scheint mir aber das Basler Gericht einen Schritt weiter gegangen zu sein als seinerzeit das Bundesgericht. Dieses hatte lediglich bestätigt, dass für die Gemeinden keine Pflicht bestehe, solche Konzessionen auszuschreiben. Es begründete dies damit, dass es bei der Vergabe der öffentlichen Plakatstellen im Wesentlichen um Konzessionseinnahmen und nicht um eigentliche Beschaffungen gehe. Und selbst wenn die Konzessionseinnahmen in Form von Stadtmöblierung geleistet würden, sei dies dennoch nicht gleichzusetzen mit einem direkten Einkauf dieser Möblierung gegen Bezahlung. Unserer Meinung nach war das Bundesgericht dort allerdings nicht sehr korrekt. Wir können diese Unterscheidung jedenfalls nicht nachvollziehen. Und aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sind Ausschreibungen natürlich nach wie vor sinnvoll. Das ist auch der Grund für unsere damalige Empfehlung, die wir eben nicht auf das öffentliche Beschaffungsrecht, sondern auf das Kartellrecht abstützten.
Vor eineinhalb Jahren hat die Weko die Stadt Luzern unter Androhung
einer Untersuchung zu einer Ausschreibung gedrängt. Auf welcher rechtlichen Grundlage geschah dies?
Wir stützten uns auf das Kartellgesetz, das besagt, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung unzulässig sei. Wir gingen davon aus, dass die Stadt Luzern als Vergabestelle dieser Plakatkonzession auf öffentlichem Grund zum Zeitpunkt der Vergabe in einer marktbeherrschenden Stellung ist. Führt sie in dieser Situation keine öffentliche Ausschreibung durch, beschränkt sie unseres Erachtens den Wettbewerb oder verhindert ihn gar.
Hätten Sie für eine Untersuchung eine gesetzliche Grundlage gehabt, wo doch gemäss Bundesgericht Ausschreibungen für Plakatkonzessionen
freiwillig sind?
Das hätte man darauf ankommen lassen müssen. Wir sind der Meinung, dass wir, gestützt auf das Kartellgesetz, eine solche Ausschreibung hätten erzwingen können. Letztlich hätte das Bundesgericht sagen müssen, wie das Kartellgesetz und das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen zueinander stehen.
Angenommen, die Weko hätte die Untersuchung in die Wege geleitet:
Hätte sich Luzern dann beim Bundesgericht dagegen wehren können?
Gegen die Untersuchung an sich nicht. Aber falls wir zum Schluss gekommen wären, dass die Stadt gegen das Kartellrecht verstösst, hätte sie zuerst die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen und danach noch das Bundesgericht anrufen können.
Wäre eine bundesgerichtliche Klärung nicht für alle Seiten wünschenswert?
Grundsätzlich ja. Nur muss man auch den Faktor Zeit berücksichtigen. Ein Durchfechten bis vor Bundesgericht würde etwa drei bis fünf Jahre dauern – wohl eine zu lange Zeitspanne für die Gemeinden.
Böte der Gerichtsentscheid in Basel dafür eine Chance?
Vielleicht. Das kommt auch darauf an, ob das betreffende Unternehmen den Entscheid weiterzieht.
Worin besteht denn der Vorteil von Submissionen gegenüber der bisherigen Praxis der Gemeinden, auf Ausschreibungen zu verzichten oder mit mehreren Anbietern so genannte Konsortialverträge abzuschliessen?
Eine Submission hat den Vorteil, dass andere Interessenten ihre Angebote, ihre Konzepte und Offerten unterbreiten können. Das ist für alle Seiten transparenter. Und es kann für die Gemeinden auch zu Mehreinnahmen führen.
Die Beispiele Basel und Luzern zeigen nun aber, dass Ausschreibungen
von Plakatkonzessionen den Gemeinden eher Nachteile bringen: Sie sind beschwerdeanfällig, verursachen grosse zeitliche Verzögerungen, hohe Anwaltskosten und haben Mindereinnahmen zur Folge, weil die neuen Konzessionsverträge nicht abgeschlossen werden können.
Klar, denn für diese Art Ausschreibungen besteht in den grossen Städten ja noch keine Kultur. Wenn diese aber zur Gewohnheit werden, wenn sie korrekt ablaufen und wenn die Kriterien sauber ausformuliert und bei den Entscheiden auch sauber angewendet werden, verkleinert sich das Risiko für eine Beschwerde.
Ewiger Streit um die KonzessionenGemeinden, in denen die Vergabe einer Plakatkonzession ansteht,
müssen mit langwierigen Rechtshändeln rechnen. In Luzern gehen
die Streitereien ins dritte, in Basel ins siebte Jahr. Jährlich entgehen der Stadt Basel so gegen drei Millionen Franken Konzessionseinnahmen.
Am Rheinknie sind die Verzögerungen teilweise selbstverschuldet. Ein Alt-Regierungsrat schleuste eine Konzession an die APG für 250 neue Leuchtplakate am Kantonsparlament vorbei, was zu Baueinsprachen, einer langen politischen Debatte und zu jahrelanger Ungewissheit über die Ausgestaltung der Restkonzession führte, um die jetzt gestritten wird (siehe S. 1). Anders in Luzern. Dort wollte die Baudirektion den Vertrag mit der APG ohne Submission erneuern, worauf CCP bei der Weko klagte.
Auf Druck der Weko machte die Stadt dann im Oktober 2003 jene Ausschreibung, die nun sistiert ist. In Luzern wird nur eine Preisofferte verlangt. Dass es auch ohne Probleme geht, zeigte Bern: Nach einer problemlosen Submission blieb auch der Zuschlag an die APG unangefochten. (mk)
«Gemeinden sollen Plakatkonzessionen öffentlich ausschreiben»: Patrik Ducrey, stellvertretender Direktor der Wettbewerbskommission.
Markus Knöpfli

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