Data Rich, Intelligence Poor? Gesucht: Marketing Intelligence

MARKETING INTELLIGENCE Viele Unternehmen sitzen auf riesigen Datenbeständen, gehen mit diesen Daten aber nur begrenzt intelligent um. Aus den vorhandenen Daten lassen sich aber wertvolle Informationen generieren, die eine bessere Bearbeitung der bestehenden und potenziellen Kunden ermöglichen. Bei immer grösseren Datenmengen besteht die Herausforderung darin, diese zielführend einzusetzen.VON MICHAEL GRUND*Keine Frage: Die marktorientierte Führung von […]

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Bei immer grösseren Datenmengen besteht die Herausforderung darin, diese zielführend einzusetzen.VON MICHAEL GRUND*Keine Frage: Die marktorientierte Führung von Unternehmen benötigt Informationen: über den Markt, die Kunden, die Wettbewerber. Lag der Fokus der Informationsbeschaffung lange bei der Marktforschung, ist heute das Zauberwort «Big Data» im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dies hat viele Ursachen, wovon zwei besonders wichtig sind: Zum einen hinterlassen Menschen aufgrund ihres Informations- und Kaufverhaltens heute breite Datenspuren, zum anderen machen die technologischen Entwicklungen die Sammlung und Auswertung dieser Daten immer einfacher und billiger. Und dies hat Konsequenzen: Die blosse Existenz grosser Datenmengen verleitet Unternehmen zu dem Eindruck, dass sie immer mehr über ihre Kunden wissen und damit beispielsweise auch weniger klassische Marktforschung benötigen. Aber führen grosse Datenmengen automatisch zu einem besseren Kundenverständnis? Natürlich nicht.Ein Beispiel aus der PraxisDer neueste Newsletter unseres Telekommunikationsanbieters, unserer Haupt-Versicherung oder unseres Lieblings-Autoherstellers erscheint im Posteingang. Wir öffnen ihn und stellen und nach wenigen Augenblicken fest, dass der Inhalt uns nicht interessiert, weil er für unsere Bedürfnisse schlicht nicht relevant ist. Ein besonders gelungenes Beispiel verschickte vor einigen Monaten ein Mobilfunkanbieter. Ein Vertrags-Kunde erhielt einen Newsletter mit verschiedenen Angeboten.Das Problem dabei: Angebot eins war an der Wohnadresse des Kunden aus technischen Gründen nicht verfügbar. Angebot zwei hatte der Kunde bereits (Abo). Angebot drei (Vertragsverlängerung) war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da der Kunde gerade vor sechs Monaten bereits verlängert hatte. Und Angebot vier kam aus Altersgründen (bis 26 Jahre) nicht in Frage.Das geschilderte Problem dokumentiert, dass Unternehmen, die auf riesigen Datenbeständen sitzen, die sie aus Vertragsangaben beziehungsweise dem Nutzungsverhalten beziehen, diese Datenflut nicht wertsteigernd nutzen. Weder für das Unternehmen noch für die Kunden wird ein sichtbarer Mehrwert generiert. Unternehmen sollten ihre Kunden eigentlich kennen, bearbeiten sie aber dennoch mit solchen Schrotflinten-Aktivitäten. Dies in der Hoffnung, dass der eine oder die andere die Angebote interessant finden könnte. Ist das realistisch? Wohl kaum. Denn wenn das Unternehmen sich nicht die Mühe macht, die Daten, die aufgrund des Abonnements alle vorliegen, sorgfältig für den Newsletter zu nutzen, werden abertausende Newsletter verschickt, die für die Empfänger keine oder kaum Relevanz haben.Die Konsequenz davon ist eine sinkende Öffnungsrate des Newsletters und eine Steigerung der Newsletter-Abbestellungen. Das alles hätte jedoch verhindert werden können, wenn das Unternehmen die verfügbaren Daten mit etwas Intelligenz angereichert hätte und jene Kunden ausgeschlossen hätte, die bestimmte Services an ihrer registrierten Adresse technisch gar nicht nutzen können oder bestimmte Leistungen bereits in Anspruch nehmen. All das weiss das Unternehmen eigentlich. Und wenn es smart wäre, würde es dieses Wissen auch nutzen. Dabei geht es nicht um hochkomplexe Analysen des Kundenverhaltens oder Data Mining-Modelle. Nein, es geht um einfache Adressselektionen oder die dynamische Gestaltung eines Newsletters in Abhängigkeit vom genutzten Produkteportfolio und der Adresse der Kunden.Intelligente Datennutzung ist gefragtMarketing Intelligence beschreibt ein umfassendes Konzept: Es geht um die systematische und zielorientierte Verknüpfung von klassischer Marktforschung, der Analyse von Märkten und von Wettbewerbern (sehr oft unterschätzt) sowie die intelligente Nutzung intern vorhandener Daten. Fundierte Marketingentscheide brauchen verlässliche Informationen und die intelligente Nutzung verschiedener (!) Informationsquellen. Hierbei muss im Einzelfall untersucht werden, welche Quellen die besten, zuverlässigsten und relevantesten Informationen liefern können.Die Verfügbarkeit von «big data» allein ist keine Lösung, wenn die Daten nicht zielorientiert erhoben und mit einer Mischung aus Markt-/Kundenwissen, Kreativität und analytischer Kompetenz ausgewertet sowie interpretiert werden. Neben einer zuverlässigen und aktuellen Datenbasis braucht es hierfür zum einen Systeme/Tools zur Datenanalyse, zum anderen aber auch entsprechend qualifizierte Mitarbeitende, die den Markt verstehen und diese Tools zielorientiert einsetzen können.Im Kontext von Marketing 3.0 wird sehr viel über die Schaffung von Werten (value) gesprochen. Gerade wenn ein Unternehmen individualisiert Kunden ansprechen möchte, muss für die Adressaten auch ein Mehrwert erkennbar sein. Uninteressanter bzw. nicht relevanter Inhalt ist nicht nur wertlos, sondern zerstört sogar das Interesse an Produkten oder Unternehmen.

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