«Man spricht zu wenig positiv über Radio»

SPARTENRADIO Hans-Ueli Zürcher von «The Cover Media» spricht im Interview über negative Botschaften für die Gattung, über Spartensender, erfolgreiche und weniger erfolgreiche Radios – und schwärmt vom Medium «grossartigen Werbeträger». Hans-Ueli Zürcher, Inhaber von The Cover MediaMK Das letzte, was die breite Öffentlichkeit zum Thema Privatradio wahrgenommen hat, war der Streit um Radio 105 zwischen […]

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Hans-Ueli Zürcher, Inhaber von The Cover MediaMK Das letzte, was die breite Öffentlichkeit zum Thema Privatradio wahrgenommen hat, war der Streit um Radio 105 zwischen Roger Schawinski (Radio 1) und Dani Büchi (Radio Energy). Was bedeutete dieser Fall für die Gattung Radio?HANS-UELI ZÜRCHER Solche Botschaften sind für die Gesamtgattung negativ. Meiner Meinung nach spricht man grundsätzlich zu wenig positiv über Radio, denn als Werbeträger ist Radio absolut grossartig.Was in Zürich geschehen ist, könnte andernorts ebenfalls geschehen. Viele Radiobetreiber benehmen sich zum Teil an ihrem Standort wie königliche Fürsten. Schawinski und Büchi haben je eigene Interessen verfolgt, aber nicht im Sinn und Geist der Gattung Radio.MK 105 war als Radio für eine jüngere Zielgruppe eine Art Spartenradio – haben es Spartenradios im Markt schwieriger?ZÜRCHER In der Schweiz ist es grundsätzlich ein Problem, ein Spartenradio zu betreiben, denn das Land ist zu klein. Für Radio 105 war die Situation in Zürich, wo mit Radio Energy ein zweites Radio eigentlich dieselbe Zielgruppe anspricht, sehr problematisch.Ich weiss nicht, wo die Probleme von Radio 105 im Verkauf und Marketing lagen, aber die Hörerzahlen, die der Sender am Schluss erreichte, waren nicht so schlecht. Zusammen mit Radio 1 kommt Schawinski nun den beiden dominanten Radios in Zürich, Radio 24 und Radio Energy, punkto Hörerzahlen schon sehr nahe. Da stellt sich die Frage, ob die Ansprache von zwei absolut unterschiedlichen Zielgruppen Erfolg haben kann. Schlussendlich ist es wieder eine Frage des Tausend-Kontakt-Preis, und da kann Radio 1 und 105 eine Alternative sein.MK Welche Art von Radios ist in der Schweiz erfolgreich?ZÜRCHER Radios mit einer Hörerschaft von rund und über 100‘000 Personen, einer gewissen Monopolsituation und einem Marktanteil von mehr als ein Prozent sind nicht schlecht aufgestellt. Ein Radio wie BeO hingegen hat zwar eine grosse Hörernutzung und deckt ein grosses Gebiet ab – doch es ist ein wirtschaftlich weniger interessantes Gebiet. Trotz Gebührenunterstützung haben solche Sender leider einen schweren Stand.MK Laut einer Publicom-Studie hat sich seit Inkrafttreten des RTVG die wirtschaftliche Situation der Privatradios verbessert, die Werbeumsätze sind gestiegen. Aber gut die Hälfte der Veranstalter erreicht keine genügende Rentabilität.ZÜRCHER Das sind dann eben die schwächeren Radios, und bei manchen von ihnen schlägt sich die wirtschaftliche Situation leider in der Qualität des Programms nieder. Qualitätsradio ist teuer: Hier in Basel wollte ja Christian Heeb mit Radio Basel ein redaktionell hochprofessionelles Radio machen und kam auf ein Budget von vier Millionen Franken. Doch so ein Sender nimmt in der Anfangsphase etwa 2 – 2,5 Millionen Franken ein – es hat also einfach nicht gereicht.Dann kommt eben das heraus, was Radio Energy praktiziert: Man produziert Radio so billig wie möglich, hängt vielleicht noch zwei andere Sender an, wie es Energy in Basel und Bern tut. Mir persönlich wäre es lieber, wir hätten qualitativ höherstehende Sender, die nicht nur Mainstream-Titel spielen. Doch die Betreiber der Radiostationen sagen: Das lässt sich nicht finanzieren.MK Die Werbeumsätze der Privatradios sind laut Publicom-Studie gestiegen.ZÜRCHER Es gibt einen leichten Aufwärtstrend im Werbemarkt. Ich wundere mich darüber, dass der Trend nicht stärker ist, denn Radio ist als Werbeträger höchst erfolgreich: Diejenigen Werbeauftraggeber, die mittels Radio werben, tun das immer wieder. Es kommen unbegreiflicherweise bloss nicht sehr viele neue Werbeauftraggeber hinzu.MK Woran liegt das?ZÜRCHER Zum einen liegt es an der Grösse der Sendegebiete und der Vielzahl der Radios: Wer in der Schweiz eine nationale Radio-Kampagne durchführen will, hat es mit rund 40 Sendern zu tun. Dann spielt auch die Tarifstruktur eine Rolle. Die Schweizer Sender sind zum Teil zu teuer, manche aber auch wieder sehr günstig – jeder Radiobetreiber macht seinen individuellen Tarif. Wir bräuchten ein einheitliches, nachvollziehbares Tarifsystem.MK Was kann Radio im Werbemarkt, was andere nicht können?ZÜRCHER Erstens erzeugt Radio Kino im Kopf, kann Emotionen vermitteln. Zweitens ist es immer noch das meistgenutzte Medium. Und drittens kann Radio passiv genutzt werden. Studien zeigen, dass Radiowerbung im Unterbewusstsein wahrgenommen wird, auch wenn ich nur nebenbei Radio höre. Wenn Sie Autofahrer ansprechen wollen, gibt es nichts Besseres als Radio. Zudem ist es als flankierendes Medium zu Plakat- und TV-Werbung optimal, im Vergleich zu anderen Werbeträgern auch günstiger.MK Was können Radios, Vermarkter und die Branche besser machen, um mehr Kunden zu erreichen?ZÜRCHER Besser zusammenarbeiten. Es gab früher zum Beispiel einen Schweiz-Pool mit allen Radiostationen und verschiedenen Modulen. Heute gibt es so etwas nicht mehr. Die Problematik liegt nach unserer Meinung darin, dass das Radio als Medium in der Schweiz keine Einheit darstellt, die einheitlich gegen aussen auftritt.

Zur Person

Hans-Ueli Zürcher ist, gemeinsam mit Nicole Willinger, Inhaber von The Cover Media (TCM) in Basel. Das Unternehmen startete 1996 als Vermarkter und Produzent von Radiowerbung. Diese ist auch heute noch das Kerngeschäft. Weitere Angebote kamen dazu. Heute besteht TCM aus der Dachorganisation The Cover Media AG, zuständig für Planung und Buchung von Radiowerbung, dazu kommen TCM Productions (Produktion von Spots und audiovisuellen Produkten), The POS Media (Dienstleistungszentrum für elektronische Werbung am Point-of-Sale) und TCM Service (Vertretung von Radiostationen aus Deutschland und Frankreich).INTERVIEW: BETTINA BÜSSER

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