Multisensorische Markenerlebnisse: Schmecken, Riechen und Tasten im Internet

DIGITAL BRANDING Im Internet sehen und hören: Na klar! Aber auch riechen, schmecken und tasten? Ja, auch das geht, wenn wir die Erkenntnisse der Forschung nutzen, wie unser menschliches Gehirn funktioniert, wie es Informationen verarbeitet, speichert und abruft. digitale Storytelling genauer unter die Lupe genommen. Nun geht es um multisensorische Markenerlebnisse. Im digitalen Zeitalter geht […]

digitale Storytelling genauer unter die Lupe genommen. Nun geht es um multisensorische Markenerlebnisse.

Im digitalen Zeitalter geht es um Zuhören und Lernen, Verbinden und Erleben sowie um Austausch und Mitgestalten. Marken müssen die Emotionen der Konsumenten wecken und langfristige sowie tiefgehende Beziehungen zu ihnen aufbauen. Denn in einer Wohlstandsgesellschaft, in der die körperlichen Grundbedürfnisse, sozialen Verbindungen und die Sicherheitsbedürfnisse erfüllt sind, richten die Konsumenten ihre Aufmerksamkeit auf das Finden von Erlebnissen durch emotionale Stimulierung. Die Konsumenten verlangen nach Inspiration, Berührung all ihrer Sinne und den daraus resultierenden Markenerlebnissen.

Somit gewinnen die multisensorische Ansprache und emotionale Stimulanz an Bedeutung: Durch den Einsatz multisensorischer Marketingelemente kann die Markenkommunikation vielfältiger stattfinden, mit der Aktivierung der Sinne die Markenwahrnehmung gesteigert und letztendlich eine emotionale Beziehung aufgebaut werden.

Doch stehen die Markenverantwortlichen vor einer großen Herausforderung: In der realen Welt sind die Marken und Produkte physisch verfügbar, doch die digitalen Medien sind prinzipiell auf die visuelle und auditive Wahrnehmung des Konsumenten begrenzt. Es sind neue Ideen und innovative Marketingstrategien notwendig, um den Konsumenten über alle fünf Sinne anzusprechen. Dies kann durch die Ergebnisse der neurowissenschaftlichen Forschung gelingen.

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Digitales Bier – ein multisensorisches Markenerlebnis (Foto: Musiolik)

Marken als neuronale NetzwerkeWir speichern Erlebnisse als neuronale Netzwerke ab („cell assemblies“). Ein solches Netzwerk besteht aus vielen Nervenzellen (Neuronen), die miteinander verbunden sind. Solche neuronalen Netzwerke kennen wir auch unter dem Begriff Muster oder Schema, als komplexes, gebündeltes Wissen: Das Alpenschema/Bergwelt besteht aus frischer Höhenluft, den Klängen von Kuhglocken, dem Geruch des Waldes, dem Tastgefühl, wenn wir eine Blume pflücken. Das Tropenschema ist verbunden mit heißer Luft, Palmen, weißem Sand, Wellengeräuschen, Kokosgeschmack.

Sehen: Bilder, Inszenierungen etc.- Hören: Marken-Akustik-Logo, Musik, Geräusche wie das der zuklappenden BMW-Tür, Sprache- Geruch: Leder, Blumen, Essen- Tasten: Oberflächen, Böden, Wind- Schmecken: Heiß, Kalt, Scharf, Mild, Pikant

Optisch 83,0 Prozent Augen
Akustisch 11,0 Prozent Ohren
Olfaktorisch 3,5 Prozent Nase
Haptisch 1,5 Prozent Haut/Bewegung
Gustatorisch 1,0 Prozent Zunge

Tabelle: Wie viele Informationen wir über unsere Sinne aufnehmen

Marken sollten starke Gefühle bei Usern auslösen, um langfristige, tiefgehende Beziehungen entstehen zu lassen. Konsumenten beachten jene Marke, die Erlebnisse bieten und emotional stimulieren. User können die digitale Marke sehen, hören, schmecken, riechen und tasten. Schon die Farbe einer Website löst unterschiedliche Gefühle aus: Rot regt an, blau beruhig.

Wir wissen heute, dass sich der Einsatz von Bildern, Videos und Geräuschen im Rahmen des multisensorischen Marketing bewährt hat, zum Beispiel im digitalen Storytelling, weil diese Reize einen bleibenden Eindruck beim Konsumenten hinterlassen und hierdurch für Markenbindung sorgen. Unsere Wahrnehmung findet zu 83 Prozent visuell statt und prägt unseren Ersteindruck einer Marke am stärksten. Dies erklärt den verstärkten Einsatz von Bildern in den digitalen Medien. Bilder fallen schnell auf und aktivieren, sie lösen schon nach kürzester Zeit Assoziationen beim Konsumenten aus.

Das Prinzip der HolistikEin Sinn kann andere Sinneseindrücke aktivieren. Begründen lässt sich das mit dem Prinzip der Holistik: Sinneseindrücke speichern wir ganzheitlich im sensorischem Netzwerk. Die Aktivierung eines Sinnenreizes reicht, um das gesamte Netzwerk zu stimulieren und die kompletten multisensorischen Erinnerungen abzurufen. Beispiel: Beim Anblick eines Apfels wissen wir, wie dieser schmeckt, wie er riecht, wie er sich anfühlt, und kennen das Geräusch beim Hineinbeißen.

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Wir können uns aus der Erinnerung heraus vorstellen, wie es sich anfühlt, in einen Apfel zu beissen (Quelle: Herbst/Musiolik)

Wenn jemand fällt, fühlen wir für Sekunden auch Schmerz, da unser Gehirn das Schmerzzentrum aktiviert, so als ob wir es selbst erleben würden. Wenn jemand lacht, amüsieren wir uns bereits, bevor er überhaupt angefangen hat, den Witz zu erzählen. Dabei nutzt das Gehirn die visuellen Signale und verarbeitet sie, sodass ein Bild von unserer Wirklichkeit entsteht. Durch die Spiegelneuronen empfinden wir also nach, was wir beobachten. Somit sind die neuronalen Netzwerke im Hirn auch dann aktiv, wenn wir eine Aktivität nicht selbst ausführen, sondern lediglich jemanden dabei beobachten, wie er diese Handlung ausübt. Die Spiegelneuronen simulieren dem Körper, dass er das Beobachtete selbst tut. Wir empfinden und erfahren, was ein anderer erfährt.

Hatnut bieten auf ihrer Website eine Häkelkurs an. Hier lässt sich sehr gut erkennen, wie mehrere Sinne angesprochen werden, vor allem auch der Tastsinn

FazitMultisensorische Markenführung in digitalen Medien ist keine Zukunftsmusik – sie findet bereits statt. Der User kann über mentale Modelle beziehungsweise Schemata Erinnerungen abrufen, indem er andere Menschen oder Objekte sieht. Sehen ist auch riechen, schmecken, tasten, hören. Dieser Blick eröffnet eine neue Dimension.

Größte Bedeutung hierbei hat die Stimmigkeit der sinnlichen Gestaltung. Leiten wir Reize aus dem Belohnungsversprechen der Marke ab, kann multisensorische Markenführung nachhaltige Wirkung beim User ausüben. Unabhängig von Endgerät, Plattform und Dienst: Die Marke sollte stimmige, widerspruchsfreie Signale senden. Sollten die Sinnesreize nicht aufeinander abgestimmt sein, sich sogar negativ beeinflussen, kann dies die Marke schädigen.

www.startbahnwest.ch

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