101 Fragen an Frank Bodin

Seit Ende Mai ist er nicht nur CEO von Havas Worldwide Switzerland, sondern auch der «höchste Kreative» im Land. Die Werbewoche hat mit dem neuen ADC-Präsidenten über Autos, Musik und Geld – und über Werbung gesprochen.

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Foto: Isabel Imper

1. Frank Bodin, Sie werden in Medien häufig als «Starwerber» betitelt. Zu wie viel Prozent stört Sie die Bezeichnung, zu wie viel Prozent schmeichelt sie Ihnen?
Genau 40:60. Auf die vier Buchstaben «Star», die durch die Yellow-Presse geprägt wurden, kann ich verzichten. Die sechs Buchstaben von «Werber» reichen.
 
2. Wie stellen Sie sich selbst Leuten vor, die Sie nicht kennen?
Ich sage: «Frank Bodin. Ich arbeite in der Werbe- und Kommunikationsagentur Havas Worldwide.»
 
3. Können Sie dies auf Türkisch? Schliesslich hat Ihre Partnerin türkische Wurzeln.
Hayır, was auf Türkisch nein heisst. Meine Türkischkenntnisse beschränken sich auf ein «Kindertürkisch ». Da unsere Tochter zweisprachig aufwächst, weiss ich so unnötige Wörter wie Storch (leylek) oder Biene (arı).
 
4. Sie waren vor ein paar Monaten auf Hawaii: Was haben Sie dort gesucht?
Vor allem Zeit für Emel, unsere Tochter Ayleen und mich selbst. Und die grösst mögliche Distanz an Weihnachten zur Schweiz. Wir haben einen Monat Ferien gemacht und L.A., Maui und Oahu bereist.
 
5. Können Sie jetzt surfen?
Nein, das habe ich mir von Beginn weg nicht angetan. Ich wollte nichts lernen, nichts Aussergewöhnliches tun, sondern einfach eine gute Auszeit mit meiner Familie verbringen und die Natur geniessen.
 
6. Welche Eigenschaften machen Sie zu einem guten Werber?
Neugierde, Interesse an Menschen und an unterschiedlichen Branchen, Vielseitigkeit, analytisches Denken. Und ich habe ein Grundbedürfnis, Dinge zu bewegen und – mit Mitteln der Kreativität – zum Guten zu verändern.
 
7. Welches Klischee über Werber können Sie nicht ausstehen?
Das des partyfeiernden, grossverdienenden und drogenkonsumierenden Werbers.
 
8. Was bringt Sie auf die Palme?  
Respektlosigkeit und Stillosigkeit. Und ich kann es nicht ausstehen, wenn Mitarbeitende von uns unfair behandelt werden.
 
9. Was holt Sie von dort wieder herunter?
Dass ich den Missstand direkt anspreche.
 
10. Wann herrscht in Ihrer Agentur schlechte Stimmung?
Wenn wir einen Kunden verlieren oder bei einem Neugeschäft nicht erfolgreich sind.
 
11. Was unternehmen Sie als Agenturchef dagegen?
In solchen Momenten ist es meine Aufgabe, wieder zu motivieren und Orientierung zu geben. Bei allen kurzfristigen Ups und Downs ist es wichtig, die längerfristigen Ziele im Auge zu behalten.
 
12. Was gefällt Ihnen an der Schweizer Werbeszene?
Einige aussergewöhnliche Persönlichkeiten. Ich kam als Quereinsteiger in diese Branche, weil es in der Werbung eine ganze Reihe von spannenden Persönlichkeiten gab: Jean-Etienne Aeby, Reinhold Weber, Martin Denecke und andere.
 
13. Was nervt Sie an der hiesigen Werbebranche?
Wenn Kommunikation nur als Kostenfaktor verstanden wird und nicht als Investition. Und wenn Kreativität dadurch zur Commodity verkommt und die Menschen, die sich dafür mit Hirn und Herzblut einsetzen, unfair und respektlos behandelt werden.
 
 14. Was bringt Sie zum Lachen?
Ein guter Witz.
 
15. Haben Sie gerade einen auf Lager?
Bringen Sie mich doch zum Lachen mit einem neuen Witz.
 
16. Ein neuer Witz? Da kann ich leider nicht dienen. Kehren wir es um: Was bringt Sie zum Weinen?
Wenn meine Kinder ein gravierendes Problem haben.
 
17. Eine Werbeidee, auf die Sie gerne selbst gekommen wären?
Da gibt es viele. Doch nur so viel: Ich habe grossen Respekt vor guter Konkurrenz, sie hebt das Gesamtniveau.
 
18. Eine Kampagne, die Ihnen in letzter Zeit negativ aufgefallen ist?
Auch da gibt es einige. Aber ich rede lieber über gute als über schlechte Werbung.
 
19. Worin liegt denn der Unterschied zwischen guter und schlechter Werbung?
Gute Werbung macht mehr Menschen Freude als schlechte. Und ist darum effektiver.
 
20. Wofür würden Sie niemals werben?
Havas Worldwide Schweiz wirbt nicht für Dinge, die Menschen herabwürdigen oder verletzen oder für dumm verkaufen. Ansonsten sind wir für die meisten Dienstleistungen und Produkte offen. Ich bin gegen Werbeverbote. Alles, was legal erhältlich ist, muss auch legal beworben werden können. Obwohl Havas keine Tabakwerbung macht: Solange der Verkauf von Zigaretten nicht gesetzeswidrig ist, muss auch Werbung dafür erlaubt sein. Ein Verbot führte zu Wettbewerbsverzerrungen.
 
21. Was interessiert Sie an Werbung?
Die Chance, mit Ideen ein Unternehmen vorwärts bringen zu können, ist absolut faszinierend. Zudem ist es ein unglaubliches Privileg, über unterschiedliche Bühnen zu verfügen und Menschen zu erreichen. Darum gehe ich an jede Aufgabe mit Ehrfurcht heran.
 
22. Welchen Berufskollegen würden Sie mit auf die einsame Insel nehmen?
Gar keinen, da nähme ich zuerst meine Partnerin und meine Kinder mit. Das hat neben dem Romantischen und Emotionalen übrigens auch einen praktischen Grund: Auf der einsamen Insel wird es wohl keine Werbung geben. Und das Bisschen Direktwerbung in Form einer Flaschenpost bringe ich alleine fertig.
 
23. Ihre Lieblingsagentur – nebst der eigenen?
BBH. Weil sie über einen langen Zeitraum immer wieder intelligente Kampagnen auf höchstem Niveau hervorbringt.
 
24. Mit welchem Wort liesse sich Ihr Leben am treffendsten beschreiben?
Mit keinem Wort, aber vielleicht mit einer musikalischen Tonfolge.
 
25. Dur oder Moll?
Seriell.
 
26. Ihre erste Begegnung mit dem Internet?
An meinen ersten Computer erinnere ich mich noch genau: Das war ein IBM PC 2 mit einem 9-Nadel- Drucker. Mit diesem druckte ich jeweils über Nacht meine juristischen Seminararbeiten aus – und konnte bei dem Lärm natürlich nicht schlafen. Aber meine ersten Surf-Erfahrungen im Internet? Das weiss ich beim besten Willen nicht mehr.
 
27. Was können Sie am besten kochen?
 
Spaghetti Bodin, gibt's übrigens im Restaurant Napoli.
 
28. Was empfinden Sie beim Schreiten über einen roten Teppich?
Auch wenn man mir es vielleicht nicht gibt: Ich fühle mich unsicher auf dem roten Teppich. Auf dem Industrieparkett bei uns in der Agentur bewege ich mich sicherer.
 
29. Welches Fach würden Sie am liebsten unterrichten?
Ich habe viele Anfragen für Referate, auch von Hochschulen und Universitäten, vor allem zu Werbung, Kreativität, Social Media. Im Moment hinterfrage ich jedoch des Öfteren die Inhalte, die gelehrt werden. Es wird viel nachgeplappert, und einiges im Marketing könnte sich als Irrtum herausstellen.
 
30. Was würden Sie studieren, wären Sie noch einmal 19?
Genau das Gleiche: Musik und Jura. Das stimmte zu dieser Zeit.
 
31. Was wäre aus dem Jus-Studenten Bodin geworden: Verteidiger, Staatsanwalt oder Richter?
Ein Verteidiger. Statt «Star»-Werber, um auf Ihre erste Frage zurück zu kommen, ein richtiger «Star»- Anwalt, wie man ihn aus US-amerikanischen Filmen kennt.
 
32. Ein guter Ratschlag, den Sie Ihren Kindern nie geben werden?
Wenn ich schon mal einen guten Ratschlag habe – und davon gibt es nicht viele –, gebe ich ihn weiter.
 
33. Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?
Mein Vater hat mir das Interesse an der Welt und anderen Kulturen auf den Weg gegeben. Er war vor den Nazis auf der Flucht, landete auf Kuba und musste, als Castro an die Macht kam, auch dieses Land wieder verlassen. Via USA hat er in die Schweiz gefunden. Seine Geschichte hat mich sicherlich geprägt.
 
34. Was lesen Sie am Morgen als Erstes?
Von den iPad-Versionen habe ich wieder auf Tageszeitungen umgestellt und lese die entsprechenden Blätter, meistens die NZZ und den Tages-Anzeiger.
 
35. Weshalb der Wechsel zurück zu Print?
Ich konsumiere die meisten Inhalte digital als iPad- Version – Zeitschriften und Fachmedien zum Beispiel. Tages-News passen für mich dennoch besser in die Printversion. Eine Panoramaseite gefüllt mit Nachrichten hat im Print eine andere Wertigkeit als im Online-Bereich. Als ich nur noch online las, habe ich irgendwann festgestellt, dass ich nicht mehr gleich häufig und nicht mehr gleich tief gelesen habe.
 
36. Ein Buch, das Sie gerne geschrieben hätten?
Viele. «Elefanten im Weltall» von Ben Moore zum Beispiel, ein Buch, in dem ein Astrophysiker Laien das Universum erklärt. Ich lese es gerade ein zweites Mal.
 
37. Welches noch ungeschriebene Buch möchten Sie mal lesen?
Wenn ich das wüsste, schriebe ich es!
 
38. Was singen Sie, wenn Sie alleine im Auto sind?
Ich singe weder im Auto noch unter der Dusche. Allerdings habe ich den Tick, dass ich beim Klavierspielen manchmal leise mitsumme.
 
39. Wie viele Tasten hat ein Steinway-Konzertflügel? 88.
 
40. Ein Lied, bei dem Sie umschalten, wenn es im Radio ertönt?
Weiss ich nicht, weil ich umschalte. Zum Beispiel, wenn Xavier Naidoo gespielt wird.
 
41. Sind Sie manchmal traurig darüber, dass Sie heute Werber und nicht Pianist sind?
Überhaupt nicht. Vom Musikerdasein haben viele eine romantisierte Vorstellung. Es ist ein knallharter Beruf wie jeder andere auch.
 
42. Welches Lied soll bei Ihrer Beerdigung spielen?
Ein schwieriger Entscheid. Nessun dorma aus Mozarts Requiem könnte es sein. Oder von John Cage «3'14''», ein Stück für Piano Solo, das nur aus Pausen besteht. Absolute Stille also. Oder ein Stück, das ich noch selber schreiben werde.
 
43. Welches Lied hätte gespielt werden müssen, als Sie zur Welt kamen?
Die Schöpfung von Joseph Haydn?
 
44. Worauf können Sie nicht verzichten?
Auf Liebe.
 
45. Wofür können Sie ohne ein schlechtes Gewissen unvernünftig viel Geld ausgeben?
Für meine Kinder, beispielsweise ihre Ausbildung.
 
46. Wie viele Paar Schuhe darf eine Frau besitzen?
Unbegrenzt. Ich habe glücklicherweise eine Partnerin, der dies keine Rolle spielt. Ganz im Gegenteil. Eher muss ich sie dazu ermuntern, ein zusätzliches Paar zu kaufen.
 
47. Wieso fahren Sie Porsche?
Vor allem wegen des Designs. Bereits Kinder sprechen auf die Form eines Porsche an. Vielleicht ist es etwas Kindliches in mir? Ich fahre aber auch genauso gerne mit meinem Peugeot 4007 oder mit der Bahn.
 
48. Haben Sie kurz überlegt, sich einen Bart wachsen zu lassen? Das ist jetzt in Mode.
Nein, kurzfristige Moden interessierten mich nie. Ich bleibe mir treu und habe deshalb einen konstanten Stil. Dazu gehört, dass ich mich nicht jeden Tag rasiere und gerne 3,4,5-Tagebärte trage.
 
49. Was würden Sie niemals anziehen?
Etwas, in dem ich mich nicht wohl fühle. Was genau, kann ich gerade nicht sagen…
 
50. Wovor haben Sie sich als Kind gefürchtet? Vor Hunden.
 
51. Heute nicht mehr?
Nein.
 
52. Wovor fürchten Sie sich als Werber?
Von den grosse Werbepersönlichkeiten aus der Vergangenheit haben es nur wenige geschafft, über ei nen grossen Zeitraum konstant zu den Besten zu gehören. Als Werber in Würde zu altern, ist schwierig. Davor habe ich Angst.
 
53. Ein Werbeversprechen, das Sie nicht mehr hören können?
«Wir sind anders.»
 
54. Gibt es einen guten Anmachspruch?
Sagen Sie ihn mir! Ich habe weder eine Briefmarkensammlung noch Standardsprüche auf Lager. Sowohl privat als auch beruflich möchte ich der Situation entsprechend neu und authentisch sein.
 
55. Ihre Lieblingsadjektive?
Ich versuche möglichst sparsam Adjektive einzusetzen. Das macht einen guten Text aus.
 
56. Ein Modewort, das Ihnen auf den Nerv geht?
Zum Beispiel das Wort «Integration», das bei jeder Gelegenheit gebraucht und missbraucht wird.
 
57. Ihr liebstes Schimpfwort?
Scheisse.
 
58. Ihr Lieblingsgefühl?
«Glück» wäre zu einfach, weil zu generell. Ich sage mal: innige Vertrautheit.
 
59. Wie viele Stunden schlafen Sie durchschnittlich?
Ich brauche sechs Stunden und schaue, dass ich diese habe.
 
60. Wie viele Kaffees trinken Sie am Tag?
Einen, maximal.
 
61. Würden Sie Ihre Kinder für Werbung fotografieren lassen?
Nein. Es sei denn, der Wunsch käme von ihnen.
 
62. Vermissen Sie den Euro-Stern im Logo von Havas?
Ja, der Stern war ein gutes Symbol und ist nicht nur uns, sondern auch unseren Kunden ans Herz gewachsen. Ich hätte den Stern in Kombination mit dem neuen Namen Havas weitergeführt, um etwas Kontinuität im Branding zu haben.
 
63. Als Sie das operative Geschäft von Havas Worldwide Wien übernahmen, entliessen Sie zahlreiche Leute. Was ging dabei in Ihnen vor?
Etwas vom Schönsten als Agenturverantwortlicher ist es, gute Arbeitsplätze zu schaffen. Darauf bin ich besonders stolz. Stellen kürzen zu müssen, ist dagegen das Schlimmste. Das belastet mich sehr, und ich habe schlaflose Nächte.
 
64. Wienerschnitzel oder Züri-Gschnetzeltes?
Lieber 6 Austern, Fines de Claire No. 3.
 
65. Was sagen Ihre Kinder dazu, dass ihr Vater für die Love-Life-Kampagne auf Geschlechtskrankheiten aufmerksam macht?
Soweit ich das mitbekomme, sind meine Kinder stolz darauf, was ich mache und finden dies eine besonders sinnvolle Kampagne.
 
66. Der Claim der neuen Kampagne lautet: «Sag es, wie du willst, aber sag es…» Worüber fällt es Ihnen schwer zu sprechen?
In gewissen Situationen fällt es mir schwer, über Gefühle zu reden.
 
67. Ihre Lebenspartnerin sagt, Sie seien ein «Alphatierli ». Wann können Sie das Zepter aus der Hand geben?
Ich habe gerne etwas in der Hand, noch lieber als das Zepter einen Dirigentenstab. Ich will und kann mich nicht verbiegen. Ich bin nun mal ich, ein Alpha und kein Beta.
 
68. Sie sagen, Sie hätten zwei Seelen in Ihrer Brust: eine kreative und eine rationale resp. unternehmerische. Wie muss man sich das Zusammenleben vorstellen: ein friedliches Nebeneinander oder ein Kampf?
Das ist wie mit Essig und Öl. Richtig vermengt, ergeben sie eine gute Salatsauce. Schwierig wird es, wenn man besonders rationale, unternehmerische Entscheide fällen muss wie in Wien.
 
69. 2009 wurden Sie Werber des Jahres. Kommt Ihnen das vor, als sei es eben gestern gewesen oder eine Ewigkeit seither?
Das kommt mir so vor, als wäre das vor ziemlich genau vier Jahre gewesen.
 
70. Sie suchen jeden Morgen nach einem kreativen Leitmotiv (Creative Imperatives). Was, wenn Ihnen nichts einfällt?
Für diesen Fall habe ich vorgearbeitet. An kreativen Tagen fällt mir eine ganze Serie ein, an anderen kommt mir beim besten Willen nichts in den Sinn. Wichtig ist das disziplinierte, kontinuierliche Dranbleiben. Das habe ich beim täglichen Klavierüben gelernt.
 
71. Ich werde Ihnen fünf Imperative vorlesen und je eine Frage stellen: «In order to overcome your limits, you have to know them first.» Welches sind Ihre Grenzen, und wie haben Sie diese überwunden?
Meine Grenzen werde ich hier bestimmt nicht ausbreiten. Hierzu aber eine Anekdote: Als ich noch Berufspianist war, hat mir ein Freund ebendiese Frage gestellt. Sie war mitunter ein Grund, weshalb ich meine musikalische Karriere hinterfragte. Ich spielte sicherlich überdurchschnittlich gut Klavier. Doch habe ich in dieser Disziplin meine Grenzen erkannt und entschieden: Als Solist kann ich nicht glücklich werden.
 
72. «No chaos, no creation.» Wie viel Chaos herrscht bei Ihnen zu Hause?
Ziemlich viel. Dafür bin ich jedoch nicht alleine verantwortlich.
 
73. «Make rules. Then break them.» Welche Regeln haben Sie gebrochen?
Sobald Sie gegangen sind, werden mir gute Ideen dazu einfallen.
 
74. «Surprise yourself.» Wann ist Ihnen dies zum letzten Mal gelungen?
Als ich das Mandat in Wien annahm. Die Entscheidung war wider die Vernunft. Es ging mir um die Herausforderung, obwohl ich sonst schon mehr als genug davon hatte.
 
75. «If you really want to succeed: Have no plan B.» Wie halten Sie es selbst mit dieser Regel?
Ich habe diese Regel gerade eben wieder so kommuniziert: Für die Budgetplanung wollte unser Netzwerk einen Alternativplan. Ich sagte: «I don’t do a plan B, I believe in our plan A.»
 
76. Nur geschäftlich oder privat?
Da mache ich keinen Unterschied – und bin damit nie schlecht gefahren.
 
77. Zweifeln Sie manchmal an der Sinnhaftigkeit Ihres Berufes?
Allenfalls an der Sinnhaftigkeit von Prozessen. Am Beruf selber und an der Tätigkeit, gute Kommunikation herzustellen, zweifle ich keinen Moment.
 
78. Was haben Werbung und Kunst gemeinsam?
Dass sie sich manchmal der gleichen Mittel bedienen. Ansonsten gibt es einen grossen Unterschied: Bei der Kunst schreibt der Künstler das Briefing selbst. Er ist sein eigener Auftraggeber.
 
79. Was sagen Sie Leuten, die Werbung doof finden?
Dass dies ihr gutes Recht ist. Nur möchte ich alles daran setzen, dass Leute Werbung nicht doof finden.
 
80. Was darf Werbung niemals?
Langweilen, belästigen, täuschen, Gefühle verletzen, Menschen für dumm verkaufen.
 
81. Muss Werbung mehrheitsfähig sein?
Nicht generell. Nur bei den Menschen, die sie erreichen möchte.
 
82. Wo hat Werbung nichts verloren?
Wenn es um Dinge geht, die schädlich sind für den Menschen und die Gesellschaft.
 
83. Stapelt sich in Ihrem Briefkasten die Werbung oder haben Sie auch einen Bitte-keine-Werbung- Kleber dran?
Ich habe keinen Kleber drauf. Ich hatte eine Zeit lang einen Kleber «Bitte nur gute Werbung».
 
84. Waren Sie schon mal froh darüber, einen Pitch nicht gewonnen zu haben?
Wenn Sie mich nicht fragen, welcher, dann ja. Es gab auch schon Pitches, bei denen sich später herausstellte, dass die Rahmenbedingungen nicht stimmten. Doch generell gilt: Wenn wir mit-pitchen, wollen wir gewinnen. Im Nachhinein zu sagen, «Zum Glück haben wir nicht gewonnen», zählt nicht.
 
85. Den doofsten Job, dem Sie jemals nachgegangen sind?
Strassenmarkierer als Student. Zum Beispiel den Mittelstreifen auf die Autobahn aufmalen. Das war nicht sonderlich anspruchsvoll. Ich wurde dann fristlos entlassen, weil ich einem Arbeitskollegen einen Kübel Farbe angeworfen habe.
 
86. Weshalb?
Er hatte Nazi-Äusserungen von sich gegeben. Dasind mir die Nerven durchgebrannt. Etwas, worauf ich noch heute stolz bin.
 
87. Ihre surrealste Erfahrung in der Werbewelt?
Da gibt es leider einige. Vielleicht werde ich die surrealen – gleich wie die ganz realen und wunderschönen – Geschichten mal aufschreiben.
 
88. Ein Buch?
Vielleicht. Oder ein Blog.
 
89. Können Männer genauso gut Werbung für Frauen machen wie für Männer?
Ich denke, ein guter Werber sollte dies. Sich in andere hineinzudenken, ist Teil unserer Arbeit.
 
90. Haben Sie genügend Preise bekommen?
Nie.
 
91. Wie wissen Sie bei einer Idee, dass sie gut ist?
Eine gute Strategie ist ein gutes Sprungbrett für Kreation. Auf der anderen Seite habe ich über die Jahre hinweg schon das eine oder andere gesehen und Erfahrung gesammelt. Und dann gibt es noch das Bauchgefühl. Dieses hat mir doch mehr Recht gegeben, als ich rational annehmen möchte.
 
92. Was können Sie mit über 50 besser als mit 25?
Leute motivieren und mit Menschen umgehen.
 
93. Was denken Sie, wenn Sie alte Arbeiten von sich sehen?
Arbeiten, die ich damals gut fand, finde ich auch heute noch gut. Die, die ich schlecht fand, gefallen mir noch immer nicht.
 
94. Wann kamen Sie sich das letzte Mal wie ein Idiot vor?
In solche Situationen zu kommen, versuche ich zu vermeiden. Trotzdem kommt es natürlich hie und da vor. Zum Beispiel heute Morgen bei der Vorbereitung einer Präsentation. Da lief alles schief. Die Powerpoint-Daten waren zu schwer, der Spezialist, den ich zu erreichen versucht habe, war in den Ferien, der zweite, den ich anrufen wollte, ebenfalls. Da kam ich mir schon etwas doof vor.
 
95. Was wäre Ihnen unglaublich peinlich?
Oje, das auszusprechen, wäre mir jetzt zu peinlich.
 
96. Was halten Sie von Branded Entertainment?
Wenn es gutes Entertainment ist, habe ich nichts dagegen.
 
97. Worüber wüssten Sie gerne tiefgründig Bescheid?
Über Naturwissenschaften. Der Gap zwischen dem heutigen Stand der Wissenschaft und dem, was man in der Schule lehrt, ist in den letzten Jahren stetig grösser geworden. Ich befasse mich gerne mit Mathematik und Astronomie. Das sind faszinierende Wissenschaften.
 
98. Was wissen Sie, was andere noch nicht wissen?
Das weiss i c h doch nicht.
 
99. Haben Sie ein sinnloses Talent?
Ui, die Sinnfragen. Glaube nicht.
 
100. Worin sind Sie richtig schlecht?
Ich kann ziemlich schlecht schwimmen.
 
101. Drei Dinge, die wichtiger sind als Sex?
Liebe, Vertrauen, Respekt. 
 
Interview: Isabel Imper

in Kürze
Frank Bodin, Chairman und CEO von Havas Worldwide Switzerland mit Agenturen in Zürich und Genf. Präsident des Art Director Clubs ADC. Werber des Jahres 2009. Jury-Mitglied Cannes Festival, Clio Awards u.v.m., Jury-Präsident Golden Drum 2004 und AdPrint Festival 2007. Studien am Konservatorium Zürich und an der Juristischen Fakultät der Universität Zürich. Pianist und Komponist. 1992 Einstieg in die Werbung als Texter. Jury Chairman ADC Schweiz, Vorstand SW (Schweizer Werbung) und BSW Leading Swiss Agencies. Beirat an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). Mitglied des Swiss Chapter des Club of Rome. Von Frank Bodin sind die Bücher «Bilder fürs Ohr – Besser im Radio werben» (2003) und «Katz und aus – Essenzialismen» (2004) erschienen.

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Foto: Iris Stutz

101 Fragen an Frank Bodin

Seit Ende Mai ist er nicht nur CEO von Havas Worldwide Switzerland, sondern auch der «höchste Kreative» im Land. Die Werbewoche hat mit dem neuen ADC-Präsidenten über Autos, Musik und Geld – und über Werbung gesprochen.

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Foto: Isabel Imper

1. Frank Bodin, Sie werden in Medien häufig als «Starwerber» betitelt. Zu wie viel Prozent stört Sie die Bezeichnung, zu wie viel Prozent schmeichelt sie Ihnen?
Genau 40:60. Auf die vier Buchstaben «Star», die durch die Yellow-Presse geprägt wurden, kann ich verzichten. Die sechs Buchstaben von «Werber» reichen.
 
2. Wie stellen Sie sich selbst Leuten vor, die Sie nicht kennen?
Ich sage: «Frank Bodin. Ich arbeite in der Werbe- und Kommunikationsagentur Havas Worldwide.»
 
3. Können Sie dies auf Türkisch? Schliesslich hat Ihre Partnerin türkische Wurzeln.
Hayır, was auf Türkisch nein heisst. Meine Türkischkenntnisse beschränken sich auf ein «Kindertürkisch ». Da unsere Tochter zweisprachig aufwächst, weiss ich so unnötige Wörter wie Storch (leylek) oder Biene (arı).
 
4. Sie waren vor ein paar Monaten auf Hawaii: Was haben Sie dort gesucht?
Vor allem Zeit für Emel, unsere Tochter Ayleen und mich selbst. Und die grösst mögliche Distanz an Weihnachten zur Schweiz. Wir haben einen Monat Ferien gemacht und L.A., Maui und Oahu bereist.
 
5. Können Sie jetzt surfen?
Nein, das habe ich mir von Beginn weg nicht angetan. Ich wollte nichts lernen, nichts Aussergewöhnliches tun, sondern einfach eine gute Auszeit mit meiner Familie verbringen und die Natur geniessen.
 
6. Welche Eigenschaften machen Sie zu einem guten Werber?
Neugierde, Interesse an Menschen und an unterschiedlichen Branchen, Vielseitigkeit, analytisches Denken. Und ich habe ein Grundbedürfnis, Dinge zu bewegen und – mit Mitteln der Kreativität – zum Guten zu verändern.
 
7. Welches Klischee über Werber können Sie nicht ausstehen?
Das des partyfeiernden, grossverdienenden und drogenkonsumierenden Werbers.
 
8. Was bringt Sie auf die Palme?  
Respektlosigkeit und Stillosigkeit. Und ich kann es nicht ausstehen, wenn Mitarbeitende von uns unfair behandelt werden.
 
9. Was holt Sie von dort wieder herunter?
Dass ich den Missstand direkt anspreche.
 
10. Wann herrscht in Ihrer Agentur schlechte Stimmung?
Wenn wir einen Kunden verlieren oder bei einem Neugeschäft nicht erfolgreich sind.
 
11. Was unternehmen Sie als Agenturchef dagegen?
In solchen Momenten ist es meine Aufgabe, wieder zu motivieren und Orientierung zu geben. Bei allen kurzfristigen Ups und Downs ist es wichtig, die längerfristigen Ziele im Auge zu behalten.
 
12. Was gefällt Ihnen an der Schweizer Werbeszene?
Einige aussergewöhnliche Persönlichkeiten. Ich kam als Quereinsteiger in diese Branche, weil es in der Werbung eine ganze Reihe von spannenden Persönlichkeiten gab: Jean-Etienne Aeby, Reinhold Weber, Martin Denecke und andere.
 
13. Was nervt Sie an der hiesigen Werbebranche?

Diese und 88 weitere Fragen beantwortet Frank Bodin in der aktuellen Printausgabe 10/2013 vom 7. Juni. Abonnenten lesen das ganze Interview auch online.
 
Interview: Isabel Imper

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in Kürze

Frank Bodin, Chairman und CEO von Havas Worldwide Switzerland mit Agenturen in Zürich und Genf. Präsident des Art Director Clubs ADC. Werber des Jahres 2009. Jury-Mitglied Cannes Festival, Clio Awards u.v.m., Jury-Präsident Golden Drum 2004 und AdPrint Festival 2007. Studien am Konservatorium Zürich und an der Juristischen Fakultät der Universität Zürich. Pianist und Komponist. 1992 Einstieg in die Werbung als Texter. Jury Chairman ADC Schweiz, Vorstand SW (Schweizer Werbung) und BSW Leading Swiss Agencies. Beirat an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). Mitglied des Swiss Chapter des Club of Rome. Von Frank Bodin sind die Bücher «Bilder fürs Ohr – Besser im Radio werben» (2003) und «Katz und aus – Essenzialismen» (2004) erschienen.

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