Soziale Netzwerke: Verzicht kann Entzugserscheinungen hervorrufen

Soziale Netzwerke sind für ihre Nutzer bereits so wichtig, dass ein Verzicht suchtartige Entzugserscheinungen hervorrufen kann. Das behaupten US-Forscher von der University of Maryland.

Für die Aktion «24 Hours:Unplugged» verzichteten 200 Studenten einen Tag lang völlig auf jede Art digitaler Medien und bloggten anschließend über ihre Erfahrungen.
«Wir waren überrascht, wie viele zugaben dass sie unglaublich abhängig von Medien sind. Bei vielen ist der Verzicht darauf nicht eine Frage des Wollens, sondern des Könnens», wird Studienleiterin Susan D. Moeller gemäss Pressetext in der Medienmitteilung zitiert. Häufig war das verzweifelte Verlangen danach, doch wieder online zu kommen, viele berichteten von Unruhe, extremer Nervosität, Spannung und Verrücktheit, was ähnliche Zeichen wie bei Entzug von Alkohol- und Drogensüchtigen sind. Besonders bei Social Networks und SMS fiel der Verzicht schwer, zeigten die sehr ausführlichen Rückmeldungen. 18- bis 21-jährige Studenten nutzen heute laut Studie ständig Facebook, Anrufe und E-Mail sind mit großem Abstand zweitrangige Wege, um in Kontakt mit Freunden und informiert zu bleiben. Moeller geht soweit, das Leben ohne Social Media in der heutigen Welt mit dem «Leben ohne Freunde und Familie» gleichzusetzen.
Ähnliche Schweizer Studie
In einer ähnlichen Schweizer Studie verzichteten «Facebook-Junkies» kürzlich ein ganzes Monat lang auf ihre Gewohnheit – für eine Belohnung von 300 Franken. Studienleiter Dominik Orth sperrte dazu vor den Augen den Probanden deren Facebook-Passwörter. «Besonders der Anfang des Verzichts ist sehr emotionsgeladen. Manche sagten, sie fühlten sich als sei die Mutter gestorben, als würde der Wohnungsschlüssel abgenommen oder als würde am Flughafen persönliches Gepäck inspiziert», berichtet der Psychologe bei der Agentur Rod im Pressetext-Interview.
Auch wenn im Schweizer Versuch andere Medien erlaubt waren, fühlten sich die Probanden von der Welt abgeschnitten und sozial ausgegrenzt, besonders gegenüber den noch Eingeloggten. «Die meisten berichteten aber auch von Vorteilen im Verlauf der Studie. Das Selbstbild wurde wichtiger als das Fremdbild, sie fühlten sich im Alltag ruhiger und nutzten die gewonnene Zeit», so Orth. Die meisten gaben nach dem Monat an, sie würden Facebook nun effizienter nutzen und sich «in weniger dekadent häufiger Form» einloggen. Künftig ganz auf Facebook verzichten wollte allerdings keiner.

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