«True Fruits»: Shitstorm ernten? Kunden beleidigen!

Der deutsche Smoothie-Hersteller True Fruits, dessen Produkte auch in der Schweiz verkauft werden, erntet einen veritablen Shitstorm: Ein Instagram-Post für ein neues Flaschendesign sei sexistisch, kritisieren zahllose User. Das Unternehmen antwortet mit Beleidigungen.

Das könnte man dann wohl eine Social Media-Kernschmelze nennen: Der deutsche Smoothie-Hersteller True Fruits, dessen Produkte in der Schweiz unter anderem bei Globus und Spar verkauft werden, provoziert mit einem sexistischen Posting. Kritik kontert die scheinbar überforderte Marketingabteilung mit offenen Beleidigungen. 

Neues Design: Gute Idee, aber…

Ihren Ursprung nimmt die Fruchtsaft-Kontroverse in einer harmlosen, ja: an sich guten Idee. True Fruits hat dem Smoothie der Geschmacksrichtung Pfirsich-Maracuja ein sommerliches Design verpasst, das an die Gestaltung einer Flasche Sonnencreme erinnert. Der «Sun Creamie» wird als limitierte Edition vertrieben.

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Am 12. August allerdings lud die Firma auf ihrem Instagram-Account ein Posting hoch, das den Smoothie in einen, wie viele User kritisieren, sexistischen Kontext setzt. Das Posting zeigt eine Frau, auf deren Rücken mit Sonnenmilch ein ejakulierender Penis gezeichnet ist – garniert mit der Frage: «Sommer, wann feierst Du endlich Dein Cumback?» Hinter dem Wortspiel steckt die Kombination aus dem Englischen «cum» (für Sperma) und «back» (für Rücken), die an die Stelle des eigentlich richtigen «Comeback» gesetzt werden. 

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Entsprechend rasch brach eine Diskussion in der Kommentarspalte zum Posting aus: Die grosse Mehrheit der User empfindet das Bild als «fade sexistische Werbung von Männern für Männer» (der Kommentar hat 1449 Likes); sagt «Es reicht!!! Unfollow ist die einzige Antwort. Goodbye» (geliked von 540 Personen) oder meint «Peinlich. Einfach nur peinlich» (diesen Kommentar unterstützen 806 User). 

Marketing-Abteilung schlägt um sich

Anstatt auf die Kritik einzugehen oder ihre Sichtweise der Dinge zu erklären, wählt die Marketing-Abteilung von True Fruits das Prinzip «double down», erhöht also den anfänglichen Einsatz. Das tut sie mal in Form von wenig raffiniertem Sarkasmus, öfters aber mit völlig ohne Empathie geäusserten Sticheleien und Beleidigungen. Exemplarisch dafür: Den Kommentar einer Userin, die das Posting in Relation zu einem persönlichen Trauma setzt, beantwortet True Fruits wie folgt.

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Von einer Firma, die mit ihrem Instagram-Account ein öffentliches Forum bespielt (und immerhin 136’000 Abonnenten hat), muss man mehr Respekt vor solchen Kommentaren der User verlangen dürfen. Eine Entschuldigung oder mindestens die Erklärung, dass man die Nutzerin nicht persönlich angreifen wollte – das sollte drin sein. Stattdessen zieht man die Aussage ins Lächerliche. 

Von Einsicht keine Spur

Nun steht es jedem selbst frei, sich über Sexismus in der Werbung Gedanken zu machen. Wo selbiger beginnt und wo die Grenzen des guten Geschmacks enden, darüber lässt sich trefflich streiten. Und es sei auch gesagt, dass hunderte User True Fruits in Schutz nehmen und die Kritiker als «zu sensibel» betiteln. Aber: Selbst wenn man kein moralisches Problem mit dem pubertären Humor der Smoothie-Marketeers hätte, müsste man die Kampagne doch als kreative Bankrotterklärung bezeichnen. 

Denn die Zeiten, in denen Provokation noch mit Innovation gleich gesetzt werden konnte, sind lange vorbei. Heute muss man schon ein bisschen mehr tun, um die Menschen mit Werbung zu überraschen. Die Grenzen des Sag- und Zeigbaren haben andere schon Jahre vor True Fruits ausgelotet – aber oft mit deutlich mehr Esprit, Witz oder einer politischen Message dahinter. Was der deutsche Safthersteller hier macht, ist plump und durchsichtig. Dass das Unternehmen sich selbst oft scherzend als «Saftladen» bezeichnet, bekommt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung. 

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