Ringier sieht keinen Grund zur Entschuldigung bei Spiess-Hegglin

Das Zuger Kantonsgericht muss entscheiden, ob der Blick 2014 die Persönlichkeit der Ex-Politikerin Jolanda Spiess-Hegglin verletzt hat und sich deswegen entschuldigen muss. Ringier weist die Vorwürfe zurück: Der Blick habe korrekt berichtet.

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Bei dem Verfahren vom Mittwoch geht es um einen Artikel, den der Blick am 24. Dezember 2014 publiziert hatte. Darin zeigte das Boulevardblatt mit Namen und Bild die damaligen Zuger Kantonsratsmitglieder Spiess-Hegglin (Grüne) und Markus Hürlimann (SVP) und titelte: «Sex-Skandal um SVP-Politiker: Hat er sie geschändet?»

Auf diesen Artikel folgten im Blick und weiteren Medien Dutzende Artikel zu dem, was an der Zuger Landammannfeier zwischen Spiess-Hegglin und Hürlimann vorgefallen sein könnte. Was genau passiert war, wurde juristisch nie aufgeklärt. Zahlreiche Blick-Artikel sind inzwischen aus der Schweizer Mediendatenbank SMD gelöscht worden.

Aus dem Nichts getroffen

Spiess-Hegglin will, dass das Kantonsgericht feststellt, dass der Blick mit diesem Artikel ihre Persönlichkeit verletzt habe. Das Leben der damals 34-jährigen Frau und Mutter sei an Heiligabend 2014 von Ringier unvorbereitet auf schamlose Weise erschüttert worden, sagte ihre Anwältin.

Für die Anwältin ist klar, dass der Blick damals über etwas berichtet habe, das für die Öffentlichkeit nicht relevant sei. Das Blatt habe mit einem juristisch ungeklärten Sachverhalt eine Story gemacht, ihre Mandantin blossgestellt und den Opferschutz verletzt.

Die Anwältin beschrieb Spiess-Hegglin, die sich heute gegen Hass im Netz einsetzt, auch als starke Frau. Sie habe sich selbst am Schopf aus dem Sumpf gezogen, sagte sie. Dieses neue Leben der ehemaligen Politikerin sei aber nicht selbstgewählt, sondern ihr von Ringier und seiner sexistischen Berichterstattung aufgezwungen worden.

Reputationsschaden beseitigen

Spiess-Hegglin verlangt vom Medienhaus eine Entschuldigung. Diese solle in grossen Lettern auf der Frontseite des Blick und auch online publiziert werden. Diese Art Genugtuung könnte helfen, den Reputationsschaden ihrer Mandantin zu beseitigen, sagte die Anwältin.

Als finanzielle Genugtuung fordert Spiess-Hegglin zudem 25’000 Franken. Weiter soll der Blick nicht mehr über die Vorkommnisse von 2014 berichten dürfen. Damit solle die Frau vor neuen Polemiken geschützt werden, hiess es vor Gericht. Weiter behält sie sich vor, auf Herausgabe des Gewinns zu klagen, den Ringier durch seine Berichterstattung über sie erzielt habe.

Der Anwalt von Ringier beantragte dem Gericht, die Klage abzuweisen. Der Blick habe damals korrekt berichtet und keine Persönlichkeitsverletzung begangen. Die Privatsphäre sei nicht absolut geschützt, es gebe auch die Meinungs- und Medienfreiheit.

Teil der Politprominenz

Für den Ringier-Anwalt hatte Blick zu Recht über die Vorkommnisse berichtet. Spiess-Hegglin und Hürlimann seien Präsidenten ihrer jeweiligen Partei gewesen und hätten zur Zuger Politprominenz gehört. Sie habe ihn wegen eines mutmasslichen Sexualdelikts angezeigt, und er sei in Untersuchungshaft gesetzt worden. Eine Kantonsrätin habe einen Kantonsrat ins Gefängnis gebracht, fasste er die den Sachverhalt aus der Sicht des Blick zusammen.

Die Zuger Strafverfolgungsbehörden haben das Verfahren gegen Hürlimann eingestellt. Der Anwalt folgerte, dass es das Sexualdelikt somit nicht gegeben habe. Blick habe das Verbrechen nicht erfunden, sagte er. Die Frage nach der Schändung in dem Artikel sei keine Persönlichkeitsverletzung gewesen.

Für Ringier ist Spiess-Hegglin weniger Opfer als Täterin. Der Anwalt warf ihr vor, Selbstmitleid zu zelebrieren und begehrlich zu sein. Es sei sie selbst, die durch ihre Präsenz in den sozialen Medien die Erinnerungen an den Skandal von 2014 wachhalte. Das Urteil des Kantonsgericht dürfte in rund zwei Monaten vorliegen. (SDA)

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