Brand Safety: Warum Keywords nicht voreilig geblockt werden sollen

Gerade in Zeiten von Corona ist Brand Safety für Advertisers ein wichtiges Thema. Alex Savic von Teads Schweiz erklärt, wie Keyword-Blocking Reichweite sowie Nutzer verschenkt und ein freies Media-Ökosystem gefährdet.

Brand Safety

Auch wenn dieser Tage viel Ungewissheit im Werbemarkt herrscht, sollte eines gewiss sein: das Vertrauen in den Qualitätsjournalismus und in seine seriöse Berichterstattung. Es ist wichtiger denn je, die Menschen mit relevanten Informationen zu versorgen und Fake News im Keim zu ersticken. Werbung ist hierbei einer der zentralen Wege, um dieses System mit zu unterstützen.

Allerdings verzichten viele Werbungtreibende aktuell komplett auf das Schalten von Ads oder schliessen bestimmte Keywords ausnahmslos aus. Hauptgrund für ein solches Verhalten ist die Sorge um mögliche Schäden, den die Marke bei einer Platzierung in einem Marken-unsicheren Umfeld nehmen kann. Diese Bedenken sind allerdings eher abstrakter Natur. Ganz praktisch ist die Sorge unberechtigt, wenn man eine passende Brand-Safety-Strategie aufsetzt sowie mit kompetenten Partnern arbeitet.

Dabei stellen sich nun zwei interessante Fragen: Wer definiert überhaupt, welche Inhalte negativ auf Marken abstrahlen? Und was gilt als ‹negativ›? Losgelöst von allgemein unangemessenen Themen wie Drogen oder Waffen legen Werbungtreibende und Marken in der Regel ihr ganz eigenes Toleranzniveau fest, was beispielsweise religiöse oder politische Inhalte betrifft. Dabei spielen erst einmal die von den Brands besetzten Werte eine Rolle, ebenso wie die Erwartungen der anvisierten Zielgruppen.

Diese Definition scheint mittlerweile nicht mehr zu gelten. Denn derzeit wird einfach alles geblockt, was mit Keywords rund um Corona oder Covid-19 zu tun hat. Dabei gilt, eine unausgereifte Brand-Safety-Strategie, die in erster Linie auf hartes Blocken von Keywords setzt, ist nie ratsam – und jetzt erst recht nicht.

Denn beim Blick auf die aktuelle Situation sehen wir – eigentlich – mehr Chancen als Risiken. Derzeit nutzen mehr Menschen das Internet und konsumieren digitale Inhalte. Laut einer Analyse von Teads verzeichnen qualitativ hochwertige Nachrichten-Websites einen enormen Anstieg der Leserschaft, wobei die Gesamtzahl der Besuche in verschiedenen Kategorien stark gestiegen ist. Den stärksten Anstieg von durchschnittlich 64% sieht man bei Themen, welche die Grundbedürfnisse abdecken, wie der Media-Barometer von Teads zeigt. Betreiben Advertiser allerdings ein Blacklisting nach dem Giesskannenprinzip, verschenken sie ein riesiges Potenzial, Reichweite und schliessen eine Vielzahl hochinteressanter Zielgruppen aus.

 

Die passende Brand-Safety-Strategie

Studien zeigen, dass Anzeigen in «harten» redaktionellen Umfeldern (professionell, recherchierte Inhalte zu aktuellen Themen) besser performen als in «weichen» (Unterhaltungsthemen). Die Erklärung dazu lautet, dass das Gehirn beim Leser harter News aktiver beteiligt ist und deswegen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Schlüsselbotschaften im Gedächtnis bleiben. Noch ein Grund mehr aktuell relevante Themen(-umfelder) nicht komplett zu meiden.

Mit den richtigen Partnern können Werbungtreibende eine passende Brand-Safety-Strategie entwickeln, die im Rahmen eines mehrstufigen Prozesses Markensicherheit gewährt und gleichzeitig keinen Verlust für die Reichweite bedeutet. Das passende Umfeld lässt sich durch die Zusammenarbeit mit Premium Publishern schon relativ gut bestimmen. Im Premium-Umfeld ist beispielsweise auch sichergestellt, dass die eigene Anzeige nicht im Kontext von User-Generated-Content und damit womöglich von Fake News, erscheint. Für die bestmögliche Strategie sollten alle Beteiligten jedoch immer auch mit weiteren Massnahmen und Standards zur Qualitätssicherung arbeiten. Bestimmte Themen wie Kriminalität, Gewalt, Drogen, Terrorismus, Hassrede und anderen Obszönitäten gilt es standardmässig zu filtern.

Zusätzlich ist eine individuelle Keyword Liste ratsam, die ganz auf die Marke ausgerichtet ist. Das alleinige Blockieren von Schlüsselwörtern ist allerdings ein eher stumpfes Werkzeug, das den Zusammenhang nicht berücksichtigt und konsequent Content ausschliesst. Deswegen ist der Einsatz von Algorithmen, die den Kontext nicht nur auslesen, sondern zusätzlich bewerten, wichtig. Regelmässiges Monitoring der Kampagnen unterstützt die erarbeitete Strategie zusätzlich.

 

Vorsicht beim Ausschliessen von Keywords

In einer Analyse der Traffic-Ströme fand Teads heraus, dass der Konsum von Gesundheitsthemen im März um 22 Prozent stieg. Wie eingangs erklärt ist Qualitätsjournalismus und seriöse Berichterstattung wichtiger denn je, deswegen sollte «Corona» als Keyword nicht gänzlich blockiert werden, sondern nur Artikel, die in diesem Zusammenhang negativ bewertet werden.

Ein solches Vorgehen gilt natürlich auch für Themen abseits der aktuellen Covid-19-Thematik. Mit dem grundsätzlichen Ausschliessen von Keywords werden Nutzer nämlich nicht nur ausgeschlossen, sondern sogar diskriminiert. Ein Beispiel: Blocken Advertiser das Wort «lesbisch», so schliessen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit grosse Teile ihrer Zielgruppen aus dem Targeting aus, wie Menschen der LGBTQ-Community. Das ist zum einen Diskriminierung, zum anderen verschenktes (Umsatz-)Potenzial. Ein anderes Beispiel ist das Wort «Sex». Nur weil jener Begriff in einem Artikel fällt, heisst das noch lange nicht, dass Text oder Umfeld unangemessenen sind. Die Bewertung des Kontextes ist entscheidend.

 

Brand Safety als laufender Prozess

Neben den beschriebenen Massnahmen ist ausserdem wichtig, Brand Safety und die Erarbeitung einer passenden Strategie nicht als Prozess zu sehen, der einmal aufgesetzt wird und dann so fortbesteht, sondern es diesen laufend zu bewerten und optimieren gilt. Wenn Brands zu viele Inhalte auf Grund von zu allgemeinen Keywords oder zu weit gefassten Phrasen blockieren, geht das zu auch zu Lasten der Publisher, deren Monetarisierungsbasis dann schrumpft. Dies schlägt sich wiederum auf das gesamte Media-Ökosystem nieder. Grosse Verlagshäuser mögen das kompensieren können, für kleinere Publisher aber bedeutet das, dass sie weniger Inhalte produzieren und kleinere Reichweiten erzielen. Die Konsequenz: Das Media-Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht.

* Alex Savic ist Managing Director bei Teads Schweiz.

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